Rechtsgeprägte Stimmungsbilder

Von Anette Welp.

Flüchtlinge sind in Deutschland nicht überall willkommen. Das zeigt die Stimmung, die sich seit Beginn der Flüchtlingswelle in Deutschland verändert hat. Das, was jedoch zurzeit passiert, empfinde ich als sehr gefährlich. In den sozialen Netzwerken werden Texte und Videos veröffentlicht, deren Herkunft nicht eindeutig, aber deren Zielsetzungen ganz unmissverständlich sind. Diese rechtsgeprägten Stimmungsbilder erreichen genau diejenigen, die es sich einfach machen möchten.

Haben Sie sich einmal Gedanken gemacht, wie sich ein Flüchtling hier in Deutschland fühlt, der spürt, dass er nicht willkommen ist? Entwicklung, Selbstreflexion und Bildung sind in Deutschland möglich. In Ländern, in denen es täglich um das nackte Überleben geht, nicht. Natürlich sind diese Menschen lieber in Deutschland. Wenn Sie täglich um Ihr Leben bangen müssten, würden Sie auch dorthin fliehen, wo Sie Hilfe bekommen. Vielleicht würden Sie sich anpassen, vielleicht wären Sie auch dankbar. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht würden Sie Hilfe derjenigen voraussetzen, die im Frieden und Wohlstand leben.

Ich habe ein großes Problem mit rechtsgerichteten Plattformen, die nichts anderes machen als Stimmungen hochzupeitschen. Ich habe Probleme mit nicht transparenten Informationen, Videos, deren Herkunft nicht bekannt ist, die aber die Horrorfantasien zum Blühen bringen. Ich habe Probleme mit einseitigen Informationen, in denen finanzielle Zuwendungen vorgerechnet werden, zum Beispiel wie viel Geld eine syrische Mutter mit ihren fünf Kindern bekommt. Wissen Sie, wie viele Deutsche in der zweiten oder sogar dritten Generation Sozialhilfe bekommen?

Mit der Flüchtlingswelle hat sich das Gesicht Deutschlands verändert. Aufgrund dieser Situation wieder in rechtem Gedankengut sein „Heil“ zu suchen, ist ein katastrophaler Weg. Jede Art von Stagnation, das Festhalten an alten Strukturen wird uns nicht helfen, sondern blockieren. Die meisten Menschen haben vor dem Unbekannten und vor Veränderungen Angst. Veränderungen können auch positive Auswirkungen haben. Die subjektive Wahrnehmung bzw. Wahrheit ist bei jedem Menschen anders. Meinungen sind Vielfalt und gut, so lange sie nebeneinander ohne Beschneidung bestehen können. Kulturen in ihrer Vielfalt haben ihre Berechtigung und dürfen nebeneinanderstehen und -leben. Jeder Mensch hat die Freiheit, seine Kultur zu leben, solange er sich nicht an der Freiheit der anderen vergreift. Wir müssen nicht die Kultur anderer zerstören, um unsere Kultur leben zu können. Jede dominant- und machtgeführte Religion gefährdet unsere Werte, unsere Freiheit und unser Leben. Hier muss politisch angesetzt werden. Jetzt sind Lösungen notwendig, die diese neue Situation positiv bewerten und bewegen.

 

Anette Welp
ist Autorin, Verlegerin und Frauenbeauftragte in der Treburer Gemeindeverwaltung;
augenauf.welp@t-online.de

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