Partnerschaft mit Masatepe

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Bereits 1989 wurde in Groß-Gerau der Partnerschaftsverein Kreis Groß-Gerau – Masatepe/Nicaragua gegründet, drei Jahre vor Zustandekommen der offiziellen Kreispartnerschaft. Im Gespräch mit Heiner Friedrich, dem Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins, wird rasch klar: hinter der Kreispartnerschaft und dem Engagement für die Partnergemeinde steht ein tiefes Interesse an Land und Leuten.

„Dieses Interesse ist schon vorher dagewesen“, berichtet der frühere Schulleiter der Martin-Buber-Schule. „Die Revolution gegen die Diktatur Anastasio Somoza Debayles durch die Sandinisten hat damals viele begeistert!“
1979 an die Macht gekommen hatten die Sandinisten durch breit angelegte Bildungskampagnen, den Schutz indigener Traditionen, die Stärkung des Gesundheitswesen und die Entwicklung der Frauenrechte weit über die Landesgrenzen hinaus Sympathien gewonnen. Weltweite Bekanntheit erlangte das Land jedoch durch den US-amerikanischen Versuch, die Contras, Anhänger des Diktators Somoza, zu unterstützen, um die als Kommunisten gebrandmarkten Sandinisten zu stürzen.
Mit der offiziellen Städtepartnerschaft habe der Kreis 1992 ein Zeichen für die 3. Welt setzen wollen – für Anteilnahme, Hilfe und kulturellen Austausch. Dass solche Hilfe dauerhaft nötig ist, zeigte sich spätestens seit der überraschenden Abwahl der Sandinisten Anfang der 90er Jahre, als die konservative Oligarchie die Macht übernahm. Und auch unter dem aktuellen Präsidenten Daniel Ortega, der wieder der Sandinistischen Partei FSLN angehört, habe sich wenig an der seither eingeführten, neoliberalen Wirtschaftspolitik geändert, die für die Bedürftigen nur „Trostpflaster“ bereithalte. So ist es an Nichtregierungs-Organisationen und engagierten Menschen wie Heiner Friedrich und den Mitgliedern des Partnerschaftsvereins, mit Spenden-finanzierten Projekten die Not der Einheimischen zu lindern. „Viele solche Projekte haben wir seit Gründung des Vereins durchgeführt, und etwa eine Million Dollar sind seit damals nach Nicaragua geflossen, oft mitfinanziert durch das Bundesministerium für Entwicklung sowie das Hessische Finanzministerium.“
Dabei liegen Heiner Friedrich und den Mitgliedern des Partnerschaftsvereins vor allem die Elektrifizierung und die Wasserversorgung in Masatepe am Herzen – basale Grundvoraussetzungen für weitere gesellschaftliche Entwicklungen. So konnten in der Vergangenheit bereits Wassertanks für Schulen in Betrieb genommen werden, finanziert aus Spenden aus dem Kreis. Aber auch die Verbesserung der Gesundheitsversorgung, die Sanierung von Schulen oder die Einrichtung eines Förderzentrums für Menschen mit Behinderungen, ein Kindergarten und die Realisierung der „Biblioteca Anne Frank“, unterstützt von den Schülern der Anne-Frank-Schule in Raunheim, konnten umgesetzt werden.
Im vergangenen Jahr ermöglichte ein Crowdfunding-Projekt gemeinsam mit der Volksbank Groß-Gerau die Finanzierung von Lehrerstellen für die Dauer eines Jahres. Darüber hinaus läuft derzeit ein Photovol­taik-Projekt, und ein Wasserwerk zur Verbesserung des Wassermanagements wird ebenfalls realisiert.
Die seit 2008 laufende Kooperation mit „weltwärts“, dem entwicklungspolitischen Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ermöglicht Interessierten außerdem, ein Jahr einen Hilfseinsatz in Masatepe zu absolvieren. In diesem Rahmen konnten bereits 15 Freiwillige vermittelt werden, die vor Ort in Projekten arbeiten. „Die Freiwilligen bekommen dabei nicht nur einen Eindruck vom Leben in Nicaragua, sondern sie gewinnen auch an Selbständigkeit und machen Erfahrungen, die sie den Rest ihres Lebens begleiten“, beschreibt Heiner Friedrich den Austausch. Selbstverständlich sei dies kein Volontariats-Tourismus, wie er in jüngerer Vergangenheit immer wieder in der öffentlichen Diskussion auftaucht. „Wir befinden uns gerade wieder in einer Phase der Qualitätssicherung, und auch `weltwärts´ überprüft die Umsetzung des Austauschs und vergibt erst nach einem positiven Resultat eine Lizenz“, unterstreicht Heiner Friedrich die Bedeutung eines seriösen, sozial verträglichen Engagements.
Wie viel Herzblut und Ernsthaftigkeit in der Arbeit des Vereins steckt, ist im Gespräch mit dem Vorsitzenden in jedem Augenblick zu spüren. Die Leidenschaft für Menschen, Kultur und das Land Nicaragua im allgemeinen treibt Heiner Friedrich an, regelmäßig besucht er das Land auf eigene Kosten, um sich vom Stand der Projekte selbst ein Bild zu machen. Und Probleme scheinen sein Engagement nur noch zielstrebiger zu machen. Denn aus der Partnerschaft ist längst Freundschaft geworden – zwischen Groß-Gerau und Masatepe in Nicaragua.

Aufgezeichnet von Ulf Krone

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