15 Jahre WIR-Magazin im Gerauer Land – Lyrik-Matinee
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Von Jürgen Volkmann
Zum Reigen der Jubiläums-Veranstaltungen anlässlich von 15 Jahre WIR-Magazin im Gerauer Land und 250 Ausgaben gehörte auch eine Lyrik-Matinee mit Autoren, deren Gedichte in der Lyrik-Ecke im WIR-Magazin ein Zuhause gefunden haben. Jürgen Vokmann, Leiter des Groß-Gerauer Stadtmuseums und seit langem dem WIR-Magazin verbunden, sprach dabei die Grußworte, die wir unseren Lesern an dieser Stelle im Wortlaut präsentieren.
Wer vom WIR-Magazin spricht, sollte auch gleich von der Kultur sprechen, und wer über die Kultur in unserer Stadt und der Region räsoniert, der sollte auch den Blick auf den Groß-Gerauer Kulturstammtisch richten. Beide, das WIR-Magazin und der Kulturstammtisch gehen seit ihrer Gründung eine fruchtbare Symbiose ein.
Am 11. Juni 2004 fanden sich auf Initiative von W. Christian Schmitt und Dittmar Werner ein Dutzend Groß-Gerauer Kulturschaffende im Hotel Adler zusammen, um etwas für ihr Anliegen und gleichermaßen etwas für die Weiterentwicklung der Groß-Gerauer Kulturszene zu tun, und inzwischen sind daraus zahlreiche beachtenswerte Projekte entstanden: zunächst die Herausgabe eines Kulturatlasses; geradezu legendär dann eine Sitzung im Jahre 2007 mit dem gerade neu gewählten Bürgermeister Stefan Sauer. Während die Runde schon seit geraumer Zeit darüber nachdachte, durch Ausstellungen in der Groß-Gerauer Gastronomie einen besonderen kulturellen Akzent zu setzen, stellte der Bürgermeister sein Anliegen vor, der Innenstadt mit ihrem Gewerbe durch eine große Veranstaltung mehr Aufmerksamkeit und Attraktivität zu verleihen. Das Stadtoberhaupt hatte auch gleich den richtigen Slogan parat – die „Nacht der Sinne“ war geboren. Von hoher Qualität waren auch die „Dichterlesungen in der Kreisstadt“ mit herausragenden Autoren des deutschsprachigen Raumes. Etwas bescheidener angelegt, aber von großem Charme und mit interessanten Begegnungen präsentierte sich das „Kulturkabinett“ im Stadtmuseum mit Musikern, Schriftstellern, Regisseuren und bildenden Künstlern. Mit der Veranstaltung „Das Beste aus dem Gerauer Land“ wurde sogar ein Kulturbotschafter für die Region gekürt.
Dies sind nur die großen Projekte, neben denen die Teilnahme bei der „Nacht der Sinne“ oder Ausstellungen im Stadtmuseum noch zu berücksichtigen sind. Immer wurde dabei erreicht, dass nicht nur die eingefahrenen Genres und Künstler auf die Bühne traten, sondern die oftmals verborgene Vielfalt der kulturellen Aktivitäten erstmals ans Licht gebracht wurde, so – um nur eines von vielen Beispielen zu nennen, gehört mit Siggi Liersch ein Liedermacher zur Runde, der neben der Musik inzwischen die Kunst der Mail-Art pflegt, bei der rund um den Globus kursierende kleine Kunstminiaturen im Rahmen eines Künstler-Netzwerkes entstehen. Und so könnten wir noch viel mehr Künstler vorstellen, die mit ihren kreativen Ansätzen durch den Kulturstammtisch erst einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden und werden.
Heute haben wir es nun geradezu mit einem klassischen Genre zu tun, mit der Lyrik nämlich. Um den Bogen zur uns hier umgebenden ungegenständlichen Malerei zu spannen, zu der es in der Kunsttheorie heißt: „Ein Bild ist zunächst nichts anderes, als eine mit Farbe bedeckte Leinwand“. Erst im Prozess des Betrachtens entstehen über die sinnliche Wirkung der Farben und Formen hinaus Assoziationen und Bezüge zu Dingen, die darüber hinaus führen. Nun wird man sagen, in Bezug auf die Wirkung von Farben und Formen ist das klar, sie lassen der Phantasie des Betrachters einen großen Spielraum. Anders verhalte es sich mit der Sprache, die mit festen Begriffen agiert, deren Bedeutung ein festgefügtes, kodifiziertes System darstellen. An Worten ist also gewissermaßen nicht zu rütteln. Halt, gerade der deutschen Sprache wird attestiert, dass sie unendlich viele Nuancen des Ausdrucks und der Bedeutsamkeit ermöglicht und vielfältigen Klängen und Schattierungen zum Ausdruck verhilft. Diese Klänge und Schattierungen zu empfinden und zu erfahren, ist nun wieder vom Zuhörer abhängig. Um nochmal den Bogen zur Malerei zu spannen: in jedem Betrachter entsteht ein Bild neu. Und dies gilt natürlich auch für das, was uns heute bei dieser Lyrik-Veranstaltung des WIR-Magazins erwartet. Ich denke, die Lyrik mit den WIR-Autoren ist ein treffendes Genre zu unserm heutigen Anlass „15 Jahre WIR-Magazin“. Sie animiert uns zum Nachdenken, zur Nachdenklichkeit und schafft eine ästhetische angereicherte Stimmung, die Raum macht für neue Ideen und Projekte.