Bekenntnisse eines leidenschaftlichen Künstlers

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von W. Christian Schmitt

In unserer Serie „WIR unterwegs“ berichten wir von Treffen mit ehemaligen Bewohnern aus dem Gerauer Land, die heute anderswo in der Republik zuhause sind. Diesmal zu Besuch bei dem in der Kreisstadt geborenen Maler Gerd Winter, der mittlerweile Mitglied der Darmstädter Sezession ist und heute in Roßdorf bei Darmstadt wohnt. Vom 11. März bis 29. Mai ist er mit der Ausstellung „Malerei und Graphik“ im Groß-Gerauer Stadtmuseum zu sehen.

Herr Winter, schön, dass Sie uns in Ihrem Atelier ein wenig von Ihrer Arbeit erzählen wollen. Interviews mit Malern und bildenden Künstlern sind nicht gerade meine Stärke. Dennoch: ich erinnere mich an Begegnungen u.a. mit Barbara Bredow, Gotthelf Schlotter und Georg Baselitz, die mir zu ganz speziellen Einblicken in die Welt der Künstler verholfen haben. Wie sind Sie eigentlich zur Kunst, zur Tätigkeit als „freier Maler“ gekommen?

Gerd Winter:
Es war eine „organische“ Entwicklung, die aber erst spät begonnen hat. Es gab einen gut sortierten Bücherschrank bei meinem Vater, d.h. Dürer, Goya, Daumier u.a. waren mir relativ früh vertraut. Das wurde irgendwann verschüttet und kam durch einen Freundeskreis (im Wirtschaftsgymnasium, Abitur zweiter Bildungsweg) wieder zum Vorschein. Naturwissenschaften und Sprachen waren eher mühsam, mein Interesse galt der Musik und der Kunst. Dann kam ein Kunstpädagogikstudium, danach die Städelakademie, somit war der Weg vorgezeichnet.

Ist Ihre Tätigkeit Beruf oder gar „Berufung“?

Gerd Winter: Berufung ist natürlich ein großes Wort. Künstler aus Berufung arbeiten an einer Botschaft. Bewusst oder unbewusst. Andere entscheiden, ob die Botschaft ankommt.

Wie hat man sich als Laie oder gar Kunstfreund die Entstehung eines Bildes vorzustellen? Ähnlich kompliziert und über Monate oder mehr gestreckt, wie man dies gelegentlich von Romanautoren hört?

Gerd Winter: Es kommt bei mir alles aus der Arbeit. Man hat ein vages Konzept, dem wird die Malerei untergeordnet. Dann kann es auch mal Monate und Jahre dauern, bis eine Serie beendet ist.

Wenn ein Autor ein Buch fertiggestellt und beim Verlag abgeliefert hat, wartet er auf eine Veröffentlichung und nach Kenntnisnahme durch die Medien auf hohe Verkaufszahlen. Als Maler liefern Sie Unikate, die auf dem Weg zu einem Käufer bisweilen lange Wege zurücklegen müssen. Erzählen Sie doch ein wenig von diesen Momenten des Hoffens, des Bangens, aber auch des Glücks, wenn nach der Fertigstellung eines Bildes, eines Auftrags die Wartephase beginnt.

Gerd Winter: Wichtig für die Reputation und den Verkauf sind natürlich Galerien, Messen, Kunstvereine, Museen etc. Ich hatte relativ früh das Glück, Kontakt zu diesen Institutionen zu bekommen, d.h., dadurch war/ist meine Situation meistens entspannt.

Welche Rolle spielen Kunstkritiker in Ihrem Leben? Also jene, die versuchen, Sie mit ihren Urteilen zu unterstützen, beeinflussen oder gar zu „beschädigen“?

Gerd Winter: Künstlerfreunde sind sehr wichtig, die ich während einer neuen Phase um schonungslose Kritik bitte.

Rangiert für Sie Kunst vor oder hinter Kommerz?

Gerd Winter: Wenn man sich für den Kunstmarkt entschieden hat, gibt es nur ein Nebeneinander.

Betrachter von Bildern versuchen oft „die Botschaft“ in einem Bild zu entdecken und zu deuten. Macht so etwas Sinn? Oder ist das nicht Unsinn?

Gerd Winter: Für mich kommt immer erst die Form und dann der Inhalt. Für den ungeübten Betrachter ist dies umgekehrt. Manchmal gelingt durch ein Gespräch eine Annäherung an meine Auffassung.

Was alles „packen“ Sie in ein Bild von sich und Ihren Erfahrungen/Ihrer Weltsicht?

Gerd Winter: Keine Ahnung.

Mit Sprache gelangt ein Schriftsteller gelegentlich in Grenzbereiche, wo er für das, was er empfindet und mitzuteilen versucht, keine Worte mehr findet. Wie ist das bei Ihnen mit der Malerei?

Gerd Winter: Kann man dafür Formen und Farben finden? Ich weiß es nicht.

Für Arno Schmidt war „Zettels Traum“ möglicherweise so etwas wie „krönender Schaffensabschluss“ oder kreativer Höhepunkt, für James Joyce mag es „Ulysses“ gewesen sein. Was könnte zu Gerd Winters Lebenswerk werden?

Gerd Winter: Ich hoffe, dies kommt noch.

Zur Person: Gerd Winter, 1951 in Groß-Gerau geboren, studierte von 1979 bis 1984 Malerei an der Hochschule für bildende Künste (Städelschule) Frankfurt/Main. Seit 1984 ist er als freier Maler tätig und lebt in Roßdorf bei Darmstadt. 1993 war er Meisterschüler der Städelschule, 1994 erhielt er den Georg-

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