Hier gibt‘s Bier und Eis

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Peter Erfurth
ist Datenbank-Spezialist des Groß-Gerauer Stadtmuseums;

pedepe@gmx.de

von Peter Erfurth

Bevor man Eis industriell herstellen konnte, war für die Kühlung der Lager- und Gärkeller bei der Bierherstellung Natureis nötig. Das Eis wurde im Winter „geerntet“ und in Eiskellern gelagert. Der Vorrat musste für ein ganzes Jahr reichen. In Groß-Gerau waren die „Schwenke“ und der Schwarzbach begehrte Eisquellen, wie die Auszüge aus den Kreisblättern von 1884 – 1893 zeigen:

1884: Der Schwarzbach zeigte am Sonntag an einzelnen Stellen eine, wenn auch nur leichte Eisdecke. Eis dürfte in diesem Jahr ein sehr gesuchter Artikel werden, denn die Keller unserer Bierbrauer sind leer. Wer im letzten Winter Eis haben wollte, der musste es theuer bezahlen. Das Eis kam in Schiffsladungen von Rotterdam nach Mainz, wurde auch aus Tyrol mittels Eisenbahn herangeführt.

Eis wurde gestern bezahlt in Frankfurt a. M. mit 50 Pfg., in Mainz mit 30-40 Pfg., in Darmstadt mit 35-40 Pfg. pro Centner. Hier wurden 30 Pfg. bezahlt. Die Eisernte der Bierbrauer hat vorgestern bei dem Frost, den wir zu verzeichnen hatten, ihren Anfang genommen, es wurden Eistafeln von 3-5 Centimeter Stärke gewonnen.

1885: Der diesjährige Winter scheint sich im Gegensatze zum vorletzten, sehr milden Winter zu einem strengen Winter gestalten zu wollen, frühzeitig genug tritt er seine Herrschaft an. In Frankfurt brachten Landsleute bereits Ladungen diesjährigen Eises ein. Das Eis wies eine Stärke von 4-5 cm auf.

1886: In dem vor einiger Zeit vollendeten, mit allen Mitteln der Brauereitechnik der Neuzeit, auch einer Eismaschine, zur Bereitung des für den Brauereibetrieb erforderlichen Eises ausgestattenen Etablissements der Herren S. Marxsohn Söhne an der Frankfurter-Straße wurde gestern das erste Bier gebraut. Seit etlichen Wochen schon war die Herstellung von Eis mittels Eismaschine im Gange und es wurden täglich ca. 100 Centner Eis, theils für den eigenen Bedarf, theils zur Versendung nach Auswärts, producirt.

1887: Unsere Bierbrauer machen vergnügte Gesichter, das neue Jahr hat ihnen die Bescherung gebracht, die Weihnachten nicht bringen wollte, nämlich Eis. Wenn auch grosse Brauereien sich durch die Anschaffung von Eismaschinen von den Zufällen unabhängig gemacht haben, so müssen doch die kleineren Bierbrauer darauf sehen, daß sie im Winter den Keller zweckentsprechend mit Eis füllen können, da sie sonst in eine nicht gerade beneidenswerthe Lage versetzt werden, soferne sie nicht vorziehen, Kunsteis zu kaufen, was nicht gerade eine billige Sache ist. Am Montag wurden 12 Pfg., gestern am Dienstag 10 Pfg. pro Centner Eis bezahlt.

1890: An der „Schwenke“ ist seit gestern die „Eisernte“ im Gang. Nach der neuesten Wetterprognose soll der Frost sich noch gleichstreng erhalten.

1892: Nachdem die jüngst erstmals vergebene Berechtigung zum „Eisen“ in der „Schwenke“ mit Samstag abgelaufen, erfolgte vorgestern die abermalige Versteigerung für die laufende Woche und es wurden 20 Mk. erzielt.

1893: Die Eiszufuhr hat nach Frankfurt und Mainz wieder begonnen, die Frankfurter Brauereien zahlten bisher 20 Pfg. pro Centner, das Eis war 3-5 cm dick.

Quelle: Kreisblätter aus dem Stadtarchiv Groß-Gerau

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