Ein Brunnen auf Wanderschaft
Von Peter Erfurth.
Aus den Unterlagen und Kreisblättern im Archiv des Stadtmuseums.
Kreisblatt von 1884: Das Sinken des Wasserspiegels macht sich auch an den Brunnen bemerkbar, es kommt vor, daß solche kein Wasser mehr geben. Daß der Wasserstand überall so zurückgegangen ist, hat seine Ursache wohl in erster Linie in dem Fehlen des Regens im Spätsommer und im Herbste. Wir haben in diesem Jahre eine Art „Altweibersommer“ gehabt, warme Tage und große Trockenheit.
Kreisblatt von 18.9.1893: Heute früh wurde mit der Bohrung des neuen Brunnens, der an Stelle des Rathausbrunnens, welcher demnächst beseitigt wird, nachdem er Generationen gedient, begonnen. Wenn auch der alte Brunnen verschwindet, so ist er doch mitsammt dem alterthümlichen Rathhause photographisch verewigt.
Kreisblatt von 1900: Bezüglich des auf dem Marktplatze befindlichen Brunnens wurde bestimmt, denselben in seinem seitherigen Zustande zu belassen.
Ausführungen zum Denkmalschutz von 1948: Der ursprünglich vor dem Rathaus befindliche und nicht mehr benutzte öffentliche Ziehbrunnen aus dem Jahre 1595 wurde von seinem Standort auf dem „Sandböhl“ seit 1900 vor einigen Jahren in die Mitte des Marktplatzes und da verkehrshindernd im Frühjahr 1948 an die Südecke des Marktplatzes, östlich der Gernsheimer-Straße, versetzt. Der Steinaufbau hat beim Bombenabwurf auf Groß-Gerau am 25./25. August 1944 Beschädigungen erlitten, die jedoch durch fachkundige Hand beseitigt werden können.
Heimatzeitung von 1981: Restauriert wird seit Donnerstag der historische Groß-Gerauer Marktbrunnen auf dem kleinen Marktplatz. Notwendig waren die Arbeiten geworden, nachdem der „Sturz“ über dem Brunnen bereits seit einiger Zeit durchgerissen war und die Gefahr bestand, daß der Brunnen in absehbarer Zeit in sich zusammengefallen wäre. Außerdem sollen von der mit der Restaurierung beauftragten Natursteinfirma aus Miltenberg durch Witterungseinflüsse entstandene Schäden ausgebessert und der Brunnen mit einem Dampfstrahlgebläse gereinigt werden. Der Marktbrunnen, der in seiner „Krönung“ das Stadtwappen zeigt, war 1595 vor dem historischen Rathaus errichtet worden und stand dort bis zur Jahrhundertwende. Dann wurde er auf den Sandböhl und 1937 auf den hinteren Teil des Marktplatzes versetzt. Seit 1948 steht er auf seinem jetzigen Platz. Die Renovierung wird Anfang nächster Woche abgeschlossen sein.
Beschreibung der Kulturdenkmäler von 1996: Runder Brunnensockel mit Aufbau. Bauschmuck befindet sich nur am Aufbau, stilisiertes vegetabiles Reliefmuster. Die Reliefs werden durch geometrische Formen eingerahmt (Raute, Dreieck, Kreis und Halbkreis). Die Unterseite des Querbalkens ist geschwungen und besitzt noch den Haken für die Wasserförderung. Mittig auf dem Querbalken befindet sich ein Rundgiebel, flankiert von zwei Kugeln. Eine dritte Kugel befindet sich auf dem Scheitelpunkt des Giebels. Das Bogenfeld ist mit einem Palmettenfächer und einer Kreuzkartusche ausgeschmückt.
Besonderheiten: kreuzförmiges Steinmetzzeichen auf der Innenseite eines der Stützbalken; Jahresangabe der Erbauung auf dem Querbalken; nicht der ursprüngliche Aufstellungsort