Gemeinsam neue Wege gehen

Von W. Christian Schmitt.

Mit der Reihe „Tischgespräche“ gibt das WIR-Magazin seinen Lesern Gelegenheit, ganz nah am Geschehen mit dabei zu sein. Wir sind jeweils eingeladen von bekannten Personen aus dem Gerauer Land und erfahren, wie sie denken, entscheiden, privat sich darstellen. Diesmal hat uns Jan Deboy, der in Gernsheim wohnende SPD-Kandidat für die Bundestagswahl am 24. September eingeladen.

Räumen wir gleich zu Beginn mit dem Vorurteil auf, in der SPD könne nur Karriere machen, wer zumindest auf lokaler Ebene einmal Juso-Vorsitzender gewesen ist. Jan Deboy gehört nicht dazu. Dennoch zählt der gerademal 32jährige zu den Hoffnungsträgern der Sozialdemokraten im Kreis. In der einstigen SPD-Diaspora Gernsheim hat alles einst begonnen: zuerst SPD-Vorsitzender vor Ort, ein paar Jahre später schon Fraktionsvorsitzender der SPD im Kreistag, schließlich (daneben) wissenschaftlicher Mitarbeiter des SPD-Landtagsabgeordneten Gerald Kummer – und jetzt Kandidat für die Nachfolge des SPD-Bundestagsabgeordneten Gerold Reichenbach im einst roten Wahlkreis Groß-Gerau.

Die Chancen, auch diese Karriere-Stufe zu erklimmen, sind keineswegs schlecht, auch wenn z.B. die CDU mit dem Kreisstadt-Bürgermeister einen gewichtigen Mitbewerber ins Rennen schickt. Nehmen wir eine der letzten Fragen unseres Tischgesprächs vorweg: „Was passiert, wenn Sie nicht gewählt werden sollten?“ Jan Deboy überlegt nicht lange und zitiert den einstigen, legendären Frankfurter Fußball-Trainer Stepanovic: Lebbe geht weider.Doch der Reihe nach. Wir treffen uns – wie verabredet – im gerade erst bezogenen, neuen Einfamilien-Haus einer Gernsheimer Neubausiedlung und haben Probleme, die genannte Straße zu finden – weil mein Navi sich verweigert, diese überhaupt zu kennen. Umso herzlicher der Empfang. Jan Deboy mit Frau und Sohnemann („ich bin für das Nachtprogramm mit Fläschchen zuständig“) an der Tür. Drinnen scheint noch alles ganz frisch. Helle Räume, die Küche, die Garderobe, die Spiel- und Krabbel­ecke, dort der Fernseher, die Sitzecke, der Wichtelmann, das Spielauto. Dann der Blick durchs Fenster hinaus aufs weite Feld in Richtung Bergstraße. Hier lässt sich leben, denke ich. Und doch will Jan Deboy nach Berlin, direkt in den Bundestag, weil er seine „Vorstellungen von ‚Gesellschaft heute‘ aktiv umsetzen“ möchte? Mutig! Dabei wird man ihm, sollte er die Wahl gewinnen, im Berliner Plenarsaal zunächst wohl nur einen Sitz auf den hinteren Bänken reservieren. „Vielleicht doch nicht so weit hinten“, meint er spontan. Ganz gleich, für junge Leute, „die etwas verändern wollen, gibt es immer was zu tun“, sagt er. Und man denkt sofort an: „jung, dynamisch, optimistisch“. Und was wären seine Themen dort, fernab des Rieds? „Familienpolitik und mehr Kampf für mehr Geld“, seine Antwort. Er ist sich sicher, dass es „über Parteigrenzen hinweg etliche junge Parlamentarier“ gebe, „denen so manches gegen den Strich geht“. Aber, wende ich ein, „sollten nicht auch oder zunächst vor allem die Interessen des Wahlkreises Groß-Gerau in Berlin vertreten werden“? Natürlich auch, meint er. Schließlich sei sein Wahlkampf so angelegt, dass er mit einer Vielzahl von Hausbesuchen erfahren möchte, „was die Bürger im Kreis bewegt“. Hausbesuche, sage ich, „aber bei mir waren Sie noch nicht“. Deboy schlagfertig: „Zu Ihnen komme ich auch noch“.

Ich versuche mir, diesen vor Tatendrang sprühenden jungen Kommunalpolitiker vorzustellen, wie er in der Berliner Bundestagsszene sich durchzusetzen versucht. Doch noch ist der Weg dorthin mit vielerlei Hindernissen versehen. Sprechen wir also nicht über Berlin, sondern über den Wahlkampf hier im Kreis. Doch bevor ich die nächste Frage stellen kann, serviert Frau Deboy ein leckeres Gericht – natürlich Spargel, zu dieser Zeit und in dieser Gegend. Wie sieht er seine Chancen, vor den übrigen Mitbewerbern ins Ziel zu gelangen? „Ich glaube“, eine Spargelstange auf der Gabel, „dass die Stimmung im Kreis noch immer so ist, dass die SPD den Wahlkreis direkt holen kann“. Das Argument, dass die Zahl der Bürgermeister im einst durchgängig roten Kreis doch mittlerweile auf nur noch vier geschrumpft sei, lässt bei ihm keine Zweifel aufkommen. Er setzt auf jugendlichen Elan, weniger auf Umfragen und Trends, „die sich rasch ändern können“. Und wie steht es um die allzuoft beschriebene „Politikverdrossenheit“? Schon aufgrund seiner Kandidatur und seiner Person scheint diese These widerlegt. Er brennt geradezu darauf, sich und anderen zu beweisen, dass er die Berliner Idealbesetzung sei. Nun gut. Er ist zwar „ein Rot-Grüner“, aber kein Entweder-Oder-, sondern ein Sowohl-als-auch-Typ. Er sagt von sich, dass er „auf andere zugehen“ könne und auch „gegenüber der SPD durchaus selbstkritisch“ sei.

Dann kommen wir auf seine Arbeit im Kreistag und sein Verhältnis zum Landrat und zur Realität zu sprechen. „Thomas Will und ich sind beste Freunde“, so sein Statement. „Beste Freunde oder nur beste Parteifreunde“, frage ich augenzwinkernd nach. „Politik ist dazu da“, sagt er, „wahrzunehmen, wo die Ängste der Bevölkerung sind“. Das klingt überzeugend, problembewußt und selbstsicher. Doch, fügt er an, „ich sehe bei einem Projekt zunächst eher die Vorteile und bin keiner, der – das Visier runter – mit dem Kopf durch die Wand will“.

Als das leckere Erdbeer-Tiramisu auf den Tisch kommt, nehmen wir das als krönenden Abschluss eines Abends beim SPD-Bundestagskandidaten Jan Deboy, dessen Slogan lautet: „Gemeinsam neue Wege gehen“.

Aufgezeichnet von W. Chr. Schmitt

Zur Person: Jan Deboy, Jahrgang 1985, Geburtsort Heppenheim, Wohnort Gernsheim, verh. ein Kind; SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag Groß-Gerau. Berufliche Stationen: zuletzt Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Landtagsabgeordneten Gerald Kummer; davor Geschäftsführer des SPD-Unterbezirks Groß-Gerau, Assistent der SPD-Fraktion im Kreistag Groß-Gerau, freier Mitarbeiter der „Main-Spitze“, Rüsselsheim. Deboy hat ein Studium zum Bachelor of Arts (B.A.) im Bereich Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie sowie Anglistik an Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a.M. abgeschlossen. Sprachen: Deutsch, Englisch, Schwedisch. Hobbies: Familie, Musik (Gitarre, Gesang), Sport, Reisen.

www.jan-deboy.de

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