Hochleistung für Hund und Mensch

Von Rainer Beutel.

Jahrelange Ausbildung, fortwährendes Training: Ein Rettungshund muss ganz schön ran. Auch die Zweibeiner, die ihn führen und (nicht nur) im Ernstfall begleiten, kommen um eine profunde Schulung nicht rum. Bei der Nauheimer Feuerwehr hat sich über ein Jahr hinweg eine Rettungshundestaffel etabliert, die im gesamten Kreis und notfalls darüber hinaus eingesetzt wird, wenn Menschen vermisst und gesucht werden. WIR-Redakteur Rainer Beutel hat Nicole Richtberg, die Leiterin dieser Einheit, nach den Besonderheiten ihrer Aufgabe im Ehrenamt befragt.

Frau Richtberg, Erklären Sie unseren Lesern doch bitte kurz, für was eine Rettungshundestaffel gebraucht wird.

Nicole Richtberg: Rettungshundestaffeln sind ein unterstützendes Modul in der Rettung von vermissten Personen. Ausgebildete Rettungshunde können in vielen Bereichen mit ihrem Arbeitswillen und ihrem besonders gut ausgeprägten Geruchssinn dem Menschen gute Dienste leisten – sei es am Berg, in Krisengebieten, im Wald, Wasser oder in der Stadt. Für viele Situationen gibt es speziell ausgebildete Menschen-Hundeteams.

Auf was kommt es besonders an – für den oder die Hundeführer/in und für den Hund?

Nicole Richtberg: Auf Durchhaltevermögen, viel Zeit und Energie, eine Familie die hinter einem steht, gute Gesundheit von Mensch und Hund und ein ausgewogenes Maß an sportlichem Ehrgeiz. Rettungshundearbeit ist für Hunde Hochleistungssport und der Partner Mensch muss ebenfalls eine gute bis sehr gute Kondition haben.

Was heißt das konkret?

Nicole Richtberg: Nun, nicht selten gehen Einsätze mit den Hunden über mehrere Stunden, in unwegsamen Geländen, mehrere Kilometer weit, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Wenn es zu Ermüdungserscheinungen kommt, ist das Risiko zu stürzen und sich selbst zu verletzen stark erhöht, und die psychische Kondition braucht man, um den Hund in wichtigen Entscheidungen schnell und richtig deuten zu können.

Wie lang dauert die Ausbildung?

Nicole Richtberg: Die Ausbildung bei der Nauheimer Feuerwehr beginnt für die Menschen mit feuerwehrspezifischer Grundausbildung, Funklehrgang sowie Erster Hilfe am Mensch und Hund. Die spezielle Ausbildung der Hunde dauert je nach Hund mindestens 24 Monate, doch eigentlich hört die Ausbildung nie auf. Man steigert die Anforderungen an Mensch und Tier, lernt in jedem Training und den Einsätzen neue Erfahrungen und Situationen kennen. Hunde merken den Einsatzstress und brauchen nicht selten ebenfalls eine Aufarbeitung des Erlebten.

Wer kommt finanziell dafür auf?

Nicole Richtberg: Die Kosten der Ausbildung und der Unterhaltung des Hundes trägt grundsätzlich der Hundeführer aus eigener Tasche. Gerätschaften für die Einsätze im Bereich der Personensuche werden durch Spenden an den Förderverein finanziert. Spenden sind jederzeit willkommen. Die Gemeinde Nauheim unterstützt die Rettungshundearbeit ebenfalls.

Kann eigentlich jeder Hund zu einem Rettungshund ausgebildet werden? Und gibt es Rassen, die sich besonders eignen?

Nicole Richtberg: Ein Rettungshund sollte vor allem gesund, bewegungsfreudig, lernwillig, menschenfreundlich und nicht ängstlich sein. Als Einsatzhund eignen sich eher mittelgroße und nicht zu schwere Rassen. Je nach Einsatzart kann man aber auch hier nichts pauschalisieren. Die Anforderungen sind hoch, und nur wenn alles passt, reicht es am Ende zum fertigen zuverlässigen Rettungshund.

Wie häufig wird ihre Staffel im Kreis Groß-Gerau pro Jahr eingesetzt?

Nicole Richtberg: Die Flächenhunde der Freiwilligen Feuerwehr Nauheim sind seit 2018 einsatzfähig gemeldet. Die geprüften Personensuchhunde/Mantrailer sind seit Juni 2019 bei der FF Nauheim. Im Jahr 2019 kam es bis dato zu zwölf Einsätzen.

Wenn eine Staffel erfolgreich arbeitet und eine vermisste Person aufspürt, kann das unter schlechten Umständen auch ein sehr unangenehmes Erlebnis sein, beispielsweise bei einem Suizid. Wie gehen Sie damit um, wie können Mensch und Tier solche Erlebnisse verarbeiten?

Nicole Richtberg: Jedem aktiven Mitglied einer Freiwilligen Feuerwehr muss klar sein, in Einsätzen Situationen ausgesetzt zu sein, die einem seelisch und körperlich an Grenzen bringen. Hier hilft eine gute Kameradschaft, Nachbearbeitung und Gespräche im Anschluss an Erlebtes, wichtig sind gute Vorbereitung und Trainingseinheiten ebenso wie Ansprechpartner für alle offenen Fragen und Bedenken. Zusätzlich können aber auch bei Bedarf spezielle Einheiten wie z.B. die Notfallseelsorge hinzugezogen werden.

Wie bei den meisten Feuerwehren im Kreis arbeiten Sie ehrenamtlich. Wie können Bürger Sie unterstützen?

Nicole Richtberg: Zum Beispiel durch die Bereitstellung von geeignetem Gelände. Denn für eine Rettungshundestaffel ist es immer wichtig, einsatznah zu trainieren. Jede Trainingseinheit bedarf einer akribisch genauen Vorbereitung und Planung. Nicht selten werden am Vortag bereits Spuren gelegt, da auch in Einsätzen die Personen oft schon eine längere Zeit verschwunden sind. Das bedeutet, für die Ausbildung der Rettungshunde sind es wechselnde Suchgebiete in der Gemarkung, Firmengelände mit und ohne Bebauung, leerstehende Unternehmen, Abrissgelände oder ähnliches. Die Personensuchhunde/Trailer profitierten von Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit interessierten Seniorenwohnheimen oder Wohnbereichen für Menschen mit Handicap, wobei hier die Bewohner oft sehr erfreut sind, wenn die Hunde kommen und gerne mal kleine Sequenzen mittrainieren. Ganz besonders geeignet sind Gebäude welche die Hunde uneingeschränkt innen und außen nutzen können. Viele haben Bedenken über Verschmutzung durch die Hunde, aber ein Hund in der Arbeit verliert so wenig Dreck wie normale Straßenschuhe.

 

Nicole Richtberg hat drei Dalmatinerinnen, zwei sind bereits ausgebildete Mantrailer, wie Rettungshunde auch genannt werden: Kimi 11½ Jahre und Cookie sieben Jahre. Hinzu kommt, mit ihr auf dem Foto, die sechs Monate alte Amra.

info@feuerwehr-nauheim.de

www.feuerwehr-nauheim.de

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