Hofkonzerte geben kulturell den Ton an

Von Rainer Beutel.

Der Verein „Königstädter Hofkonzerte“ prägt das kulturelle Leben im Rüsselsheimer Stadtteil mit vielen Veranstaltungen und bemerkenswertem ehrenamtlichen Engagement. Andreas Beckhaus (55 Jahre), seit 2011 Vorsitzender, und Gründungsmitglied Wolfgang Einsiedel (75), gehen im WIR-Interview auf Geschichte und Ambitionen des Kulturvereins ein, der zurzeit 72 Mitglieder in seinen Reihen weiß.

Herr Einsiedel, Herr Beckhaus, den Verein „Königstädter Hofkonzerte“ gibt es seit 20 Jahren. Was gab einst den Anlass, diesen Kulturverein zu gründen?

Wolfgang Einsiedel: Die damals gerade gegründete UKL (Unabhängige Königstädter Liste) wurde stärkste Fraktion im Ortsbeirat. Deren Vertreter wollten nicht nur eine bessere, auf Königstädten bezogene Politik, sondern auch mehr kulturelle Veranstaltungen im Stadtteil. Das städtische Kulturamt hatte das bisher verweigert. Auch dem Ortsbeirat wurde verwehrt, solche Veranstaltungen durchzuführen. Da blieb nur noch die Gründung eines kulturtragenden Vereins.

Machen Sie doch mal unsere Leser in der Kreisstadt neugierig: Welche zwei, drei Höhepunkte haben in all den Jahren jene verpasst, die von den „Königstädter Hofkonzerten“ noch nie gehört oder gelesen haben?

Andreas Beckhaus: Eine der spektakulärsten Veranstaltungen war sicher das Stationentheater zum 70. Jahrestag der Königstädter Bombennacht im August 2014. Aber auch die anderen Theaterstücke, die wir jährlich aufführen, bilden durch den direkten Bezug zu Königstädten Höhepunkte unserer kulturellen Arbeit. Zudem ist der Kirchgarten als Aufführungsort hervorzuheben, den wir seit Jahren verstärkt nutzen. Ein sehr schöner, traditionsreicher Ort für Veranstaltungen und zum Verweilen.

Wolfgang Einsiedel: Das Besondere an diesen Theaterstücken ist, dass diese von den Akteuren von Grund auf selbst entwickelt werden. Dabei haben wir immer Episoden aus Königstädtens Vergangenheit im Blick.
Andreas Beckhaus: Neben den eigenen Theaterstücken sind die Musikveranstaltungen zu nennen. Hier achten wir besonders darauf, dass wir Künstler aus dem Umkreis engagieren, wie zum Beispiel Capellini, Erich Göbel oder den überregional bekannten Comedian Frank Fischer, der in Königstädten aufgewachsen ist.

Wollen die „Königstädter Hofkonzerte“ auch politische Akzente setzen? Immerhin gab es ja enge Verbindungen zur UKL.

Wolfgang Einsiedel: Je nachdem wie man die Frage versteht. Meint man Parteipolitik, lautet die Antwort eindeutig: Nein! Meint man aber das Engagement und die Möglichkeit der Identifikation mit der dörflichen Gemeinschaft – das hat ja auch eine politische Dimension – kann man mit Ja antworten.

Andreas Beckhaus: In unseren Veranstaltungen setzen wir nicht direkt politische Akzente. Politische Themen kommen in unseren Theaterstücken trotzdem vor. Durch die Art der Inszenierung sollen die Zuschauer zum Nachdenken angeregt werden.

Sind Veranstaltungen für die nähere Zukunft gesichert? Haben Sie Nachwuchsprobleme wie andere Vereine?

Andreas Beckhaus: Ja, die Veranstaltungen für die nähere Zukunft sind gesichert. Die Mitgliederzahlen sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Wie in allen Vereinen wird ein großer Teil der Planungsarbeit vom Vorstand gemacht. Bei den Veranstaltungen gibt es aber immer genügend Vereinsmitglieder und andere Mitwirkende, die eifrig mithelfen.

Wolfgang Einsiedel: Besonders bei den Theaterstücken ergreifen die Schauspieler die Initiative und entwickeln ihre Szenen selbst. Dieses Engagement wird von uns nach Kräften gefördert. Dadurch entsteht ein großes Zugehörigkeitsgefühl zu und mit den Hofkonzerten, und die Schauspieler sind mit viel Spaß und Herzblut dabei

Wie finanzieren sich Ihre Veranstaltungen?

Andreas Beckhaus: Wir haben moderate Mitgliedsbeiträge sowie die Einnahmen bei den Theaterstücken und Musikaufführungen. Diese reichen aus, um auch andere kostenlose Veranstaltungen der Hofkonzerte mitzufinanzieren. Beispielsweise das Kindertheater beim Weihnachtsmarkt, den Kunstkilometer oder den Neujahrsspruch am Wiegehäuschen. Außerdem können wir dadurch die Infrastruktur für die Weinabende am Wiegehäuschen bereitstellen, die wir initiiert haben und die mittlerweile von örtlichen Vereinen durchgeführt werden.

Nicht gerade alltäglich ist Ihr Vereinsname? Wie kam es dazu?

Wolfgang Einsiedel: Wir fanden die Doppeldeutigkeit des Wortes „Hofkonzerte“ reizvoll. Unsere Veranstaltungen finden eben nicht in Adelshöfen, sondern in bäuerlichen Höfen, Hofreiten oder anderen reizvollen Plätzen unseres Ortes statt.
Verraten Sie uns bitte noch, auf was sich Ihre Fans 2018 freuen dürfen?

Andreas Beckhaus: Im März haben wir Marko Cinquanta – auch ein Königstädter – mit einem Udo-Jürgens-Abend im Kaisersaal. Im April gibt es wieder einen Hofflohmarkt, und Ende Juni werden wir ein Theaterstück zur Königstädter Ortsgeschichte aufführen. Es wird auch wieder vier Weinabende im Sommer geben.

Veranstaltungstermine der Königstädter Hofkonzerte:
www.hofkonzerte.de

 


Seit 2015 verwaltet der Verein ­Königstädter Hofkonzerte das denkmalgeschützte Wiegehäuschen (Foto) sowie seit Anfang 2017 das alte Königstädter Rathaus. Unterstützt werden verschiedene Freizeit-, Selbsthilfe- und ­Kreativgruppen. „Wir versuchen mit unseren Veranstaltungen auch die Orte, die eine lange Tradition im Stadtteil haben, wieder mehr ins Bewusstsein zu rücken“, erklärt Wolfgang Einsiedel.

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