Ich könnte noch eine Weile schwärmen
Rainer Beutel im Gespräch mit Michael Buttler (Foto).
Krimi-Autor Michael Buttler ist glücklich über eine Hörspielfassung seines Romans „Sherlock Holmes und die indische Kette“, die unlängst unter dem Titel „Der verbrauchte Talisman“ erschienen ist. Von der aufwändigen Produktion ist der Nauheimer selbst begeistert, wie er im Interview mit WIR-Redakteur Rainer Beutel erkennen lässt.
Herr Buttler, wie kam es zu der Hörspielproduktion?
Michael Buttler: Das Studio WinterZeit AUDIOBOOKS veröffentlicht unter anderem eine Reihe von Hörspielserien. Die Serie „Sherlock Holmes Chronicles“ ist eine davon. Zunächst konzentrierte sich das Studio auf neue Abenteuer des Meisterdetektives, die unter anderem auch bei dem BLITZ-Verlag erschienen, der auch meine Bücher herausbringt. Diese Zusammenarbeit bestand bereits, als ich meinen Verlagsvertrag unterschrieb. Ich hoffte also bereits bei Veröffentlichung meines Buches, dass daraus einmal ein Hörspiel werden würde. Mittlerweile vertont das Studio auch Holmes-Originalgeschichten von Arthur Conan Doyle in dieser Serie.
Wer der Geschichte lauscht, merkt sofort: Es handelt sich um eine absolut professionelle Produktion.
Michael Buttler: Oh ja, das Studio leistet hervorragende Arbeit. Alles passt und ist in sich stimmig, die Geräuschunterlegungen sind überzeugend, und auch die Sprecher – nicht wenige davon sind Synchronstimmen von bekannten Serien- oder Hollywood-Produktionen – leisten ihren Beitrag. Wer sich die limitierte Jubiläumsbox des Hörspiels sichern kann, der erhält mit dem Booklet eine ausführliche Beschreibung, wie schwer es war, das „normale“ Stereo-Hörspiel in 5.1 Surround abzumischen. Die Zusatz-DVD enthält unter anderem ein Interview mit dem Tontechniker.
Vom Roman mal abgesehen: Auf welche Art waren Sie in die Hörspielproduktion integriert?
Michael Buttler: Der Aufwand war für mich gleich null. Es war einfach nur meine Romanvorlage, die vom Studio selbst in eine Hörspielfassung umgeschrieben und produziert wurde. Damit hatte ich nichts zu tun. Das ist wohl auch besser so, denn wenn das Studio jedes Mal mit dem jeweiligen Autor zusammenarbeitet, dann würde sicherlich eine gewisse Regelmäßigkeit in der Erscheinungsweise fehlen. Ob das ein Studio auf Dauer überleben würde, bezweifle ich. Allerdings, na ja, ich hätte mir schon gewünscht, wenn ich vielleicht eine winzige Rolle hätte sprechen dürfen. Vielleicht nur ein paar Worte. Wer meine Lesungen kennt, der weiß, dass ich gern mit meiner Stimme spiele. Ob das aber für ein Hörspiel dieser Qualität ausgereicht hätte, nun, das weiß ich nicht.
Wie gefällt Ihnen das Werk?
Michael Buttler: Als ich es zum ersten Mal hörte, saß ich mit offenem Mund da und staunte. Meine eigene Geschichte zu hören, meine selbst geschriebenen Sätze wiederzuerkennen, Passagen zu hören, die ich selbst bei meinen Lesungen zum Besten gebe – das war großartig. Die Stimmen sind hervorragend, die Geräusche passen. Ich könnte noch eine Weile schwärmen. Aber sicher habe ich eine andere Sicht auf dieses Hörspiel als ein Unbeteiligter. Eines ist aber auch klar: Es handelt sich um das 50. Hörspiel der „Sherlock Holmes Chronicles“. So ein Jubiläum erreicht ein Studio nicht, wenn es nicht gute Arbeit leistet.
Ihr Roman ist so umfangreich, dass nicht alle Inhalte berücksichtigt werden konnten. Ist das tragisch für Sie, und fehlt nun nicht der eine oder andere Handlungsstrang?
Michael Buttler: Die Laufzeit beträgt knapp drei Stunden. Das finde ich gewaltig. Und trotzdem mussten Kürzungen vorgenommen werden. Das Hörspiel erzählt den Fall, den Sherlock Holmes zu lösen hat, ziemlich stringent durch. In meiner Romanvorlage habe ich versucht, durch zusätzliche Szenen eine passende Stimmung aufkommen zu lassen, indem ich zum Beispiel eine Menschenschau beschrieb. Es gibt noch weitere Szenen, die mir für mein Buch wichtig waren, die aber nicht zwingend zur Lösung des Falls beigetragen haben. Dennoch kann ich sehr gut nachvollziehen, dass es Kürzungen geben musste. Während ich nur das geschriebene Wort habe, mit dem ich den Leser in eine andere Welt entführen kann, hat ein Hörspiel natürlich noch mehr Möglichkeiten über die Sprache und die Geräusche. WinterZeit hat diese Komponenten sehr geschickt eingesetzt, um die Stimmung trotz der fehlenden Szenen aufkommen zu lassen.
Der Titel wurde in „Der verbrauchte Talisman“ umbenannt, um Verwechslungen mit einem ähnlichen Titel in der Reihe von Sherlock-Holmes-Hörspielen zu vermeiden. Wie leben Sie mit einer solchen Entscheidung?
Michael Buttler: Das Studio ging davon aus, dass mein Roman einen anderen Titel hatte und das Wort „Prinzessin“ beinhaltete, ebenso wie ein Hörspiel, das nicht sehr lange davor produziert wurde. Man befürchtete eine Verwechslung. Der neue Titel entstammt einer Liste von Titelvorschlägen, die ich einst dem BLITZ-Verlag für meinen Roman unterbreitete. Somit fällt es mir leichter, mich an den neuen Titel zu gewöhnen, als wenn es ein völlig fremder wäre. Für eine Verknüpfung des Lesers oder des Hörers von einem zum anderen Medium ist der abweichende Titel sicher nicht von Vorteil. Doch beide ziert das gleiche Cover, und so fällt der Unterschied meines Erachtens nicht sehr ins Gewicht.
Das Hörspiel ist das Fünfzigste der Reihe „Sherlock Holmes Chronicles“, also ein Jubiläum. Empfinden Sie das als besondere Ehre, oder ist das Zufall?
Michael Buttler: Ich empfinde es natürlich als große Ehre, weil ein Jubiläumsband immer etwas Besonderes ist. Und offensichtlich gab es Gründe dafür, dass man ausgerechnet meine Vorlage wählte, vor allem auch, weil ich weiß, wie gut die Romane anderer Autoren sind. Es ist aber auch ein bisschen Zufall, weil es nicht sehr viele Sherlock Holmes-Romane gibt, die genau das zu bieten haben, was die Macher von WinterZeit gerade gesucht haben. Und das war die Möglichkeit, mit einer interessanten und abwechslungsreichen Geräuschkulisse arbeiten zu können, die über das „Normale“ bei einem vergleichbaren Abenteuer hinaus geht. Bei mir gibt es mehr Aktionen als bei anderen. So etwas eignet sich eben gut für die 5.1 Surround-Abmischung, die in der limitierten Jubiläumsbox enthalten ist.
Zur Person: Michael Buttler ist 50 Jahre alt. Bislang war an Anthologien beteiligt, hat historische Kriminalromane veröffentlicht und im BLITZ-Verlag Krimis für die Serie „Sherlock Holmes – Neue Fälle“ verfasst. Mehr über ihn im Internet unter