In der Politik gibt es keine Besitzstände

Von W. Christian Schmitt.

Mit der neuen Rubrik „Kreisstadt-Politik“ gibt das WIR-Magazin ­Kommunal-Politikern Gelegenheit, ihre Ansichten, Gedanken und Vorhaben Bürgern in mehr als 27.000 Haushalten im Gerauer Land nahezubringen. Nach dem Interview mit der neuen SPD-Vorsitzenden Ute Wiegand-Fleischhacker (WIR Nr. 277) nutzt heute der ebenfalls neue CDU-Vorsitzende Johannes von Richthofen (r.) unser publizistisches Forum.

Herr von Richthofen, was alles hat sich seit Ihrem Antritt als Vorsitzender in, bei und mit der Groß-Gerauer CDU ge-/verändert? Wo setzen Sie und Ihre Partei künftighin die Akzente?

Johannes von Richthofen: In den letzten Jahren hat Erhard Walther die Partei erfolgreich geführt – von daher gilt es, für mich hier anzusetzen. Mit den Neuwahlen im Vorstand haben wir uns gut austariert und nun eine gute Balance über alle Alters- und Bevölkerungsgruppen hinweg gefunden. Aus Sicht der CDU gilt es, zunächst die bestehenden Projekte erfolgreich abzuarbeiten. Hier ist bspw. das Haus Raiss oder der neue Bau- und Betriebshof zu nennen, welche nun zügig in die Umsetzung sollten. Wichtig ist für uns aber auch, dass das Miteinander in unserer Stadt auch weiterhin gefördert wird – bei so viel Verwerfung in der Welt, sollten wir auf kommunaler Ebene schauen, dass wir vernünftig und ehrlich miteinander umgehen. Letztlich ist Leitbild und Anspruch der Kreisstadt-CDU, dass wir auch in Zukunft Groß-Gerau erfolgreich weiterentwickeln und gestalten wollen.

Es ist bekannt, dass im Kreisstadt-Haushalt seit geraumer Zeit beachtliche Überschüsse ausgewiesen werden. Wäre es nicht an der Zeit, den Bürgern davon etwas zurückzugeben, indem man Gebühren senkt und sich z.B. gegenüber dem Thema Straßenbeiträge öffnet?

Johannes von Richthofen: Ich würde nicht von beachtlichen Überschüssen sprechen – die großen Überschüsse waren von Einmaleffekten (z.B. Gewerbesteuernachzahlung) getrieben; strukturell sind unsere Finanzen solide austariert. Diese Finanzlage basiert aber darauf, dass wir mit unseren Kooperationspartnern Bündnis90/Die Grünen und der Kombi in den letzten Jahren harte Entscheidungen getroffen haben und dabei stets die städtischen Finanzen, anders als die politischen Mitbewerber, im Blick hatten. Die Überschüsse bringen das zum Ausdruck – sie sind Ergebnis und Auftrag zugleich. Wir werden daher für die Zukunft schauen, dass wir die Belastungen unserer Bürgerinnen und Bürger konstant belassen und wenn möglich wieder senken. Das Thema Straßenbeiträge werden wir als CDU in diesem Jahr ergebnisoffen diskutieren; hier gibt es für beide Modelle (einmalig oder wiederkehrend) gute Argumente.

Im Kreisgebiet verändern sich in jüngster Zeit in den Rathäusern die Besitzstände der CDU. Angefangen hat es in Rüsselsheim mit dem Verlust des OB-Amtes, weitergegangen ist es in Büttelborn, wo Bürgermeister Rotzinger den Amtssessel für den SPD-Kandidaten räumen muss, in Trebur hat Bürgermeister Sittmann kampflos resigniert – wie beurteilen Sie den Trend, der sich derzeit gegen die CDU wendet?

Johannes von Richthofen: Zuallererst gibt es in der Politik grundsätzlich keine Besitzstände – jedes politische Amt ist ein Amt auf Zeit und eine Verpflichtung im besten Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu wirken und zu arbeiten. Die angesprochenen Wahlen waren für uns als CDU nicht einfach – richtig ist aber auch, dass die Bürgermeisterwahl eine Personenwahl wie keine andere ist und sehr stark von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abhängt. Ich würde deshalb nicht von einem Trend sprechen – zuvor haben wir beispielsweise sehr erfolgreich in Riedstadt agiert; hier in der Kreisstadt ebenfalls.

In der Kreisstadt, wo Bürgermeister Erhard Walther bei einem WIR-Tischgespräch geäußert hat, dass er „ein kämpferischer Bürgermeister“ sei, ist zu hören, dass das Stadtoberhaupt nicht unbedingt ein Meister des Kompromisses sei. Wobei die Konfliktbereitschaft mit dem Gewerbeverein nur ein Thema ist. In welcher Weise könnten der CDU-Vorstand, der Magistrat wie auch die CDU-Fraktion im Stadtparlament auf das Wirken des Bürgermeisters Einfluss nehmen?

Johannes von Richthofen: Aus meiner Sicht sollte jeder Bürgermeister seine Themen energisch vorantreiben und hinter diesen stehen, andernfalls wäre er fehl am Platz. Von daher sehe ich hier keine größere Thematik. Insgesamt ist es mit Sicherheit förderlich, wenn sich der Bürgermeister auf eine parlamentarische Mehrheit stützen kann. Zusammen mit unseren Partnern in der Stadtverordnetenversammlung und dem Bürgermeister haben wir eine sehr gute Arbeitsbasis gefunden, in der wir uns eng abstimmen und regelmäßig politisch austarieren.

Kreisstadt-Bürgermeister Erhard Walther hat schon frühzeitig angekündigt, dass er an eine Wiederwahl denke. Sollten nicht (auch) Jüngere aus der CDU eine Chance bekommen? Wer wird letztlich darüber entscheiden?

Johannes von Richthofen: Für uns als CDU war es wichtig, den besten Kandidaten für die Nachfolge von Stefan Sauer ins Rennen zu schicken – Erhard Walther war und ist dieser Kandidat und hat früh signalisiert, dass er bereit für zwei Amtszeiten ist, und das unterstützen wir ausdrücklich; daher stellt sich diese Frage aktuell nicht.

Noch ein Blick nach Berlin, wo Stefan Sauer im Bundestag die Interessen unseres Kreises vertritt. Wie ist denn Ihre Einschätzung im Blick auf die Union 2019, die diverse Wahlen auf Landes- und kommunaler Ebene zu überstehen hat?

Johannes von Richthofen: Das vergangene Jahr war für uns als CDU und CSU insgesamt recht schwierig. Ich glaube, dass wir nun mit der Wahl der neuen Vorsitzenden die nötige Stabilität gewonnen haben, um dieses Jahr erfolgreich zu gestalten. Dies gilt es nun in einen erfolgreichen Wahlkampf zu übersetzen.

 

Zur Person: Johannes von Richthofen (28) ist in der Kreisstadt Stadtverordneter seit 2011; Vorsitzender des PLUS-Ausschusses seit 2018. Er führt den CDU-Stadtverband Groß-Gerau seit 2018 und arbeitet für das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PwC in Frankfurt a.M.

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