Jan Fischer will Nauheims Bürgermeister bleiben
Von Rainer Beutel
Am 19. März steht in Nauheim die Direktwahl des Bürgermeisters an. Der 38 Jahre alte Amtsinhaber Jan Fischer (CDU) ist einziger Kandidat und Gemeindeoberhaupt seit 2011. Zuvor war er im Bauamt der Stadt Mainz beschäftigt. In einem Gespräch mit WIR-Redakteur Rainer Beutel geht er auf seine Motivation, Erfolge und weitere Ziele ein.
Herr Fischer, Sie wollen weitere sechs Jahre Bürgermeister in Nauheim sein. Das ist – ihre Wahl vorausgesetzt – eine große Verpflichtung, und es gibt sicherlich einfachere Jobs. Wie viel Freude bereitet Ihnen dieser Beruf eigentlich?
Jan Fischer: Da hat sich auch nach sechs Jahren nichts geändert. Der Beruf bereitet mir immer noch viel Freude! Neben den vielen Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen gehört die Vielfalt der Aufgaben zu den besonderen Herausforderungen in diesem Beruf. Permanent „gefordert“ zu sein, macht es zwar manchmal anstrengend, aber die Rückmeldungen durch erfolgreiche Entwicklungen in unserer Gemeinde und aus vielen Gesprächen motivieren auch dauerhaft.
Wie gehen Sie damit um, dass einige Zeitgenossen Sie und Ihre Arbeit nicht nur konstruktiv kritisieren?
Jan Fischer: Ich sehe das für Nauheim ziemlich unkritisch, wenn ich mir betrachte, wie sachlich und konstruktiv wir auf den verschiedenen Ebenen inzwischen miteinander arbeiten. Wir werden vielerorts für diese Art des Umgangs beneidet, weil wir dadurch effektiv unsere Gemeinde nach vorne gebracht haben. Persönlich muss man akzeptieren, dass man es nicht jedem Recht machen kann und dass es somit immer von irgendeiner Seite Kritik geben wird. Allerdings habe ich mir meine Offenheit bewahrt, auch bei einer nicht konstruktiv geäußerten Kritik zuzuhören, ob es eine Chance zur Verbesserung beinhaltet.
In den vergangenen Jahren und gerade auch wieder bei der US-Präsidentenwahl wurde der Wahlkampf auch über die angeblich sozialen Medien geführt. Sie haben sich damit bislang zurückgehalten. Ist zum Beispiel Facebook ein notwendiges Übel oder auch eine brauchbare Informationsquelle?
Jan Fischer: Natürlich kann Facebook auch eine nützliche Informationsquelle sein, allerdings wird mir bei der Verwendung und Bedeutung von „fake news“ und „alternativen Fakten“ ziemlich mulmig, denn damit entstehen gefährliche Möglichkeiten der Meinungsmache. Persönlich fehlt mir einfach oft die Zeit, um Facebook tatsächlich ordentlich zu pflegen und wenn, dann sollte auch eine dauerhafte Information professionell erarbeitet werden.
Wenn Sie auf die ersten sechs Jahre im Amt zurück blicken: Welche Entscheidung war unbedingt notwendig, warum war sie wichtig und was hat es ihrer Kommune gebracht?
Jan Fischer: Da gibt es eine ganze Menge. Beispielsweise die Schaffung von Kindergartenplätzen durch die Kooperation mit freien Trägern. Ohne diese Beschlüsse hätte die Gemeinde nicht in der kurzen Zeit von 2011/2012 über 40 Kindergartenplätze schaffen können. Bei der Frage kann ich um das Thema Finanzen nicht umhin, denn da drohte Nauheim der Kollaps! In diesem Zusammenhang war die Entscheidung wichtig, dass wir die Entschuldungshilfe des Landes, den sogenannten Schutzschirm, angenommen haben, denn damit konnten wir bereits knapp sechs Millionen Euro Schulden und Kassenkredite ablösen.
Und was ist mit der Grundsteuer B mit dem bundesweit höchsten Wert?
Jan Fischer: Zu den notwendigen Entscheidungen gehörte leider auch der harte Beschluss der Gemeindevertretung, die Grundsteuer so anzuheben, dass wir unsere Standards weitestgehend beibehalten und dennoch unsere Selbstständigkeit zurück gewonnen haben. Schutzschirmbeitritt und Grundsteuererhöhung sparen uns Zinsen und Tilgungen pro Jahr von etwa 200.000 Euro. Und viel wichtiger noch: Nauheim gehört inzwischen beim Stand der Kassenkredite zu den drei Kommunen im Kreis, die das kleinste Zinsrisiko haben, da wir unseren Stand der Kassenkredite in den letzten drei Jahren um 80 Prozent senken konnten.
Was wollen Sie bis 2023 besser machen als seit 2011?
Jan Fischer: Ein persönliches Anliegen ist mir immer noch die stärkere Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern bei der Entscheidungsfindung für die Zukunft unserer Gemeinde im Sinne einer Bürgerkommune. Ich habe das nach wie vor unter dem Stichwort eines integrierten „Stadtentwicklungsplan Nauheim 2025“ vor Augen. Leider stehen bislang weder die finanziellen noch die personellen Ressourcen für die Umsetzung zur Verfügung, aber von einer gemeinschaftlichen Idee und abgestimmten Maßnahmen verspreche ich mir sehr viel.
Und was ist das ganz große politische Ziel in den nächsten sechs Jahren?
Jan Fischer: Die Steuern- und Gebührenlast wieder zu senken. Wir haben in den vergangenen sechs Jahren extreme Herausforderungen gestemmt. Neben der Konsolidierung der Haushaltslage haben wir zahlreiche Sanierungsstaus aufgelöst. Wir haben die Kläranlage energetisch erweitert und erneuert, die Abwasserkanäle gemäß den gesetzlichen Bestimmungen instandgesetzt, die Kindergärten und das historische Rathaus saniert und haben jetzt noch die Sanierung des Sportparks vor uns. Ich wünsche mir vor allem eine ehrliche und verlässliche Kontinuität für unser Nauheim.
Gab es in ihrer bisherigen Amtszeit auch Entscheidungen und Beschlüsse, die die Gemeinde eher nicht voran gebracht haben?
Jan Fischer: Mit Blick auf Nauheim fällt mir tatsächlich wenig in dieser Frage ein, da wir wie bereits erwähnt, sehr sachlich und zielorientiert arbeiten. Natürlich gibt es Projekte, die etwas zäher sind, wie beim Campingplatz oder der Sportparksanierung, aber da muss man natürlich auch die Komplexität der vielen Interessen berücksichtigen, die in der Demokratie nun mal gehört werden.
2013 gab es in Nauheim einen Bürgerhaushalt, für den sie sich besonders engagiert haben. Die Bevölkerung konnte sich vor den Parlamentsbeschlüssen mit eigenen Vorschlägen einbringen. Es gab den einen oder anderen guten Vorschlag, aber was ist davon tatsächlich nachhaltig umgesetzt worden?
Jan Fischer: Aus der Top 10, über die ja auch die Gemeindevertretung entschieden hat, ist die Einsparung der Lichtsignalanlagen wahrscheinlich die markanteste Umsetzung gewesen. Andere Prozesse sind noch am Laufen, wie zum Beispiel die Umstellung auf LED-Beleuchtung in den kommunalen Einrichtungen oder auch bei der Straßenbeleuchtung. Abgelehnt wurde damals unter anderem der Verzicht auf den freiwilligen Polizeidienst, was ich persönlich gut nachvollziehen konnte. Das gilt es dann als Beschluss der Gemeindevertretung zu akzeptieren. Die Beratung eines Bürgerhaushaltes werde ich auch zukünftig vorantreiben. Ich glaube, dass wir inzwischen auch soweit sind, dass die Aufbereitung der Daten durch die Verwaltung eine öffentliche Diskussion besser ermöglichen würde.
Der Vorschlag für Sie als Kandidaten stammt von ihrer Partei, der CDU. Was hätten Sie denn als Sozialdemokrat oder Grüner unternommen, um gegen Bürgermeister Fischer anzutreten?
Jan Fischer: Da fällt mir eine Einschätzung tatsächlich schwierig, weil ich hoffe, dass ich meinem Grundsatz treu geblieben bin, dass die Kommunalpolitik eines Bürgermeisters nichts mit parteilicher Ideologie zu tun hat. Wir – und da schließe ich alle politischen Entscheidungsträger mit ein – sind vor Ort für die Lösung von sozialen, ökologischen, infrastrukturellen und finanziellen Herausforderungen gleichermaßen verantwortlich. Was ich nicht hören kann ist der Satz: „Ich bin dagegen, weil das von den anderen kommt …“ Dieses Denken produziert zum einen Stillstand in der demokratischen Kompromissfindung und zum anderen schafft es politischen Verdruss, weil die Bürger doch zu recht erwarten, dass wir sie ernst nehmen und zusammenarbeiten.
Bei der Direktwahl am 19. März haben Sie keinen Gegenkandidaten. Sie brauchen für eine Wiederwahl 50 Prozent und mindestens eine Stimme. Ist die Wahl nun einfacher als 2011? Müssen Sie überhaupt einen Wahlkampf führen?
Jan Fischer: Die Vorbereitung aktuell ist natürlich ganz anders als vor sechs Jahren, als es darum ging auch erst einmal bekannt zu werden. Ohne Mitbewerber besteht daher ein anderer Anspruch an die Informationen, die von Interesse sind und dem werde ich versuchen auch wieder im „Wahlkampf“ gerecht zu werden. Wichtig dabei ist schon der Hinweis, dass auch bei nur einem Kandidaten trotzdem eine Wahl stattfindet.
Befürchtet wird eine geringe Wahlbeteiligung. Aber eine Wahl haben die Bürger trotzdem: Ja oder Nein. Wie viel Demokratie steckt nach ihrer Meinung noch in einer solchen Entscheidung?
Jan Fischer: Sie hatten die Wahl des US-Präsidenten angesprochen; das Ergebnis dieser Wahl und der Brexit waren für mich persönlich zwei einschneidende Überraschungsmomente im vergangenen Jahr. In beiden Fällen war ich in einem sicheren Vertrauen, dass sie aufgrund unserer demokratischen Strukturen so nicht eintreten würden. Durch die stille Akzeptanz, dass das „schon nicht passieren wird“, sind viele nicht wählen gegangen und waren danach geschockt, dass „man“ Europa verlässt und Donald Trump Präsident wurde. Unsere Demokratie lebt auch von Unterstützung und einem klaren Bekenntnis, wenn man etwas bewahren möchte. Von daher hoffe ich darauf, dass viele diesem positiven Verständnis einer demokratischen Entscheidung Ihre Stimme geben.
Haben Sie einen Wunsch an die Nauheimer Bürger für die nächsten sechs Jahre?
Jan Fischer: Ich wünsche uns allen, dass unser Gemeindegefühl so gut bleibt wie es ist, die Hilfsbereitschaft untereinander, die Einsatzfreude von Vereinen, Institutionen und Privatpersonen ist so groß, dass es uns gelingt alle Herausforderungen gemeinsam zu meistern.