Karl Dall wäre gefundenes Fressen

Von Rainer Beutel.

Ein Bild, von Marcel Bender gezeichnet, verleitet zum Schmunzeln. Ob Dieter Bohlen, Kaya Yanar, Peter Maffay oder der Büroangestellte bei einem Firmen-Event – der Wallerstädter karikiert Prominente und „normale“ Menschen. Längst wird der 38 Jahre alte Bender bundesweit gebucht. Im Interview erklärt er, wie er zu seinem ungewöhnlichen Beruf kam, mit welcher Technik er arbeitet und warum er im Kreis Groß-Gerauer so gut wie nicht auftritt.

Herr Bender, Sie sind Schnellzeichner, Karikaturist, nennen sich aber auch „digitaler“ Schnellzeichner – was trifft denn genau zu und warum diese verschiedenen Bezeichnungen?

Marcel Bender: Kunden aus allen Branchen buchen mich für ihre Veranstaltungen wie Messen oder Firmenfeste als Schnellzeichner, um vor Ort die Gäste karikaturesk zu porträtieren. Dies geschieht entweder klassisch mit Tuschepinsel auf Papier oder digital auf dem iPad.

Mit einem Tablet? Wie geht das?

Marcel Bender: Generell ist die digitale Technik heute sehr ausgereift. Mittlerweile hat man zum Beispiel die Möglichkeit, mit einem speziellen, druckempfindlichen Stift auf dem Tablet-Computer zu zeichnen, wobei es so aussieht, als würde man nasse Farben oder einen Bleistift verwenden – dabei entsteht das Werk komplett virtuell. Das ist auf den Veranstaltungen natürlich immer ein besonderer Blickfang. Ob ich klassisch oder digital zeichnen soll, entscheiden natürlich meine Auftraggeber, wobei sich der überwiegende Teil mittlerweile für die digitale Variante entscheidet.

Wie sind Sie zu diesem nicht alltäglichen Beruf gekommen?

Marcel Bender: Vom Zeichnen war ich schon seit frühester Kindheit fasziniert. Deshalb stand für mich immer fest, dass ich einen künstlerischen Beruf ergreifen werde. Nach meinem Design-Studium in Wiesbaden habe ich mir dann Schritt für Schritt meine Selbständigkeit aufgebaut und werde seit vielen Jahren als Event-Künstler in ganz Europa engagiert.

Wenn ich Sie richtig verstanden haben, gab es für Sie keine Alternative?

Marcel Bender: Richtig! Zeichnen war immer das, was mich am meisten erfüllt und glücklich gemacht hat. Das hat sich bis heute nicht geändert. Jeden Tag bin ich froh über die große Freiheit, die mir meine selbständige Tätigkeit bietet. Es gibt quasi keinen Alltags- oder Berufstrott, das gefällt mir sehr.

Früher gab es in Tageszeitungen häufiger Karikaturen, heutzutage ziemlich selten. Üben Sie also einen aussterbenden Beruf aus oder ist das Karikieren eher im Kommen, vielleicht auch durch die neuen digitalen Möglichkeiten?

Marcel Bender: Karikaturen spielen heute eine ebenso große Rolle wie früher. Man findet sie jedoch seltener in Tageszeitungen, wobei dies hauptsächlich mit Einsparungen seitens der Verleger zu tun hat. Vor allem politische Karikaturzeichnungen sind nach wie vor hochaktuell und gehören deshalb keineswegs zu einer aussterbenden Gattung. Karikaturen spiegeln die Zeitgeschichte wider und sind immer häufiger in Online-Medien zu finden – so zum Beispiel auch mein eigenes, karikatureskes Web-Format „BenderZerrung“, das regelmäßig auf Facebook erscheint und politische Ereignisse durch satirische Zeichnungen kritisch beleuchtet.

Wer sind eigentliche Ihre Auftraggeber?

Marcel Bender: Ich arbeite für nationale und internationale Unternehmen aller Branchen. Hauptsächlich werde ich gebucht, um auf mehrtägigen Messeveranstaltungen Promotion für meine Auftraggeber zu machen. Die Zeichnungen, die ich von den Besuchern anfertige, nehmen diese als persönliche Werbegeschenke mit nach Hause. Auch für Firmenveranstaltungen wie Jubiläen, Sommerfeste oder Weihnachtsfeiern werde ich gebucht. Ab und an bin ich auch für Privatfeiern engagiert. Aus Zeitgründen nehme ich Aufträge für Karikaturzeichnungen nach Fotovorlage generell nicht mehr an.

Wie läuft so ein Event mit Ihnen ab?

Marcel Bender: Am Veranstaltungsort wird mir ein Bereich mit zwei Stühlen und einem Tisch zur Verfügung gestellt. Die Gäste können sich dann der Reihe nach zu mir setzen und sich zeichnen lassen. Dies geschieht innerhalb weniger Minuten. Wenn ich digital zeichne, wird der Zeichenprozess meistens noch auf einen großen Bildschirm übertragen. Die fertige digitale Zeichnung wird dann vor Ort ausgedruckt und dem jeweiligen Gast ausgehändigt.

Wie sieht das im Kreis Groß-Gerau aus: Haben Sie hier schon den einen oder anderen Prominenten mit spitzer Feder zu Papier gebracht?

Marcel Bender: Die meisten meiner Events finden in Metropolen wie Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Paris, Wien oder Zürich statt. Dort arbeite ich teils auch für verschiedene Fernsehsender. Im Kreis Groß-Gerau trete ich sehr selten auf, weshalb ich auch noch keine Lokalprominenz gezeichnet habe.

Sie haben Ihre karikaturistische Web-Show „BenderZerrung“ bei YouTube und Facebook erwähnt. Was hat es damit auf sich?

Marcel Bender: Mir ist es wichtig, als Karikaturist satirisch auf Missstände hinzuweisen. So entstand die Idee zur „BenderZerrung“. Es ist ein Format, das digitale Karikaturen mit unterhaltsamen Szenen verknüpft und die Zuschauer zum Denken anregen soll.

Sie haben sich gerade mit Erdogan als Thema bei einem Wettbewerb durchgesetzt.

Marcel Bender: Richtig, „Erdogans BenderZerrung“ hat vor wenigen Tagen den „ZDI Talents Award“ gewonnen, der vom ZDF ausgeschrieben worden ist. Es wurde nach einer innovativen, satirischen Formatidee für den YouTube-Channel der „Heute Show“ gesucht, wobei sich unser Beitrag durchgesetzt hat. Das zeigt, dass wir einen Nerv getroffen haben – etwas Besseres kann einem Karikaturisten nicht passieren!

Gesprächspartner: Rainer Beutel

Zur Person: Marcel Bender. Abschluss des Design-Studiums 2004, danach als Produkt- und Kommunikationsdesigner bei verschiedenen Firmen tätig. Zunächst nebenbei Auftritte als Schnellzeichner, seit 2009 hauptberuflich. Marcel Bender produziert seine eigene karikaturistische Web-Show „BenderZerrung“. Auf Kleinkunstbühnen ist der Künstler mit seiner Comedy-Show „Kunstrasen“ aufgetreten. Weitere Infos zu Marcel Benders Arbeit:

www.marcelbender.de
www.facebook.com/schnellzeichner.marcelbender/
www.facebook.com/benderzerrung/

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