Kaum Gespräche ohne Ortsumgehung
Von Oliver Görlich.
Die Großgemeinde Trebur wählt am 27. Januar 2019 einen neuen Bürgermeister als Nachfolger von Carsten Sittmann (CDU), der nicht mehr antritt. Das WIR-Magazin erkundigt sich bei den Kandidaten nach ihren Zielen und was sie bewegt, das Amt zu übernehmen. Den Anfang macht Oliver Görlich, der sich für die SPD um das Spitzenamt bewirbt.
Herr Görlich, welche Themen sind in Trebur gerade jetzt besonders wichtig?
Oliver Görlich: Ich habe seit meiner Nominierung zahlreiche Gespräche mit den Menschen in allen Ortsteilen geführt, bin persönlich durch alle Straßen gelaufen, habe meine Postkarte unter dem Motto „Meine beste Idee für Trebur“ verteilt und habe unzählige Veranstaltungen besucht. Mein wichtigster Eindruck dabei: Die Menschen in Trebur sind sehr wach und haben ein ausgeprägtes Gespür dafür, was in ihrer Heimat am drängendsten ist. Die Treburerinnen und Treburer sind sehr heimatverbunden und legen großen Wert darauf, dieses wertvolle Gut an Lebensqualität zu erhalten. Deshalb ist das Thema Verkehr und Umgehungsstraße so bedeutend. Kaum ein Gespräch – vor allem in Trebur – ohne dieses Thema. Tatsächlich ist die Situation unerträglich und wird mit dem Bau des Logistikzentrums auf dem ehemaligen Mitsubishi-Gelände in Geinsheim nicht besser – im Gegenteil. Trebur braucht schnellstmöglich die Umgehungsstraße. Das wird für mich allerhöchste Priorität haben!
Wie ist es zu verhindern, dass in Trebur durch den Bau einer Umgehungsstraße kein Geschäftesterben einsetzt wie in der Nachbarkommune Nauheim nach dem Bau der Ostumgehung (2002)?
Oliver Görlich: Nicht die Umgehungsstraße macht die Geschäfte innerorts kaputt, sondern eher die Konkurrenz durch die vielen Supermärkte auf der grünen Wiese. Dennoch glaube ich, dass der innerörtliche Einzelhandel in Trebur gut aufgestellt ist und eher von einer Umgehungsstraße profitieren wird, wenn es uns dank einer spürbaren Verkehrsentlastung möglich ist, Aufenthaltsmöglichkeiten in den Ortslagen zu schaffen und zu verbessern. Es wird sicher auch eine Frage der kommunalen Wirtschaftsförderung sein, hier kräftig für das örtliche Gewerbe die Werbetrommel zu rühren und die Alleinstellungsmerkmale herauszuarbeiten. Das Beispiel des Wochenmarktes in Trebur zeigt, dass hier durchaus Potenzial vorhanden ist.
Was sind aktuell weitere Schwerpunkte?
Oliver Görlich: Treffpunkte in allen Ortsteilen und vor allem die Verbesserung der Einkaufsmöglichkeiten in Astheim. Hier müssen wir aufpassen, dass nicht ganze Ortsteile regelrecht abgehängt werden. Neue Orte der Begegnung zu schaffen, aber auch bestehende zu erhalten – dazu zählen die Bürgerhäuser wie etwa das Eigenheim in Trebur – sind für mich wichtige Bausteine für die Lebensqualität. Hierzu ist bei allem notwendigen Blick auf das Geld Kreativität gefragt – und manchmal lohnt sich auch ein Blick über den Tellerrand auf andere Kommunen in der Nachbarschaft. Für passende Lösungen braucht es einen Bürgermeister, der sich nicht nur als Verwalter versteht, sondern als Gestalter.
Was gilt es in den nächsten sechs Jahren anzupacken?
Oliver Görlich: Ich glaube, dass die Bürgerinnen und Bürger in den zurückliegenden Jahren eine wirklich ernst gemeinte, wertschätzende Kommunikation zwischen Politik, Verwaltung und den Bürgern vermisst haben. Die Leute wollen zurecht ernstgenommen und mitgenommen werden, bevor eine Entscheidung fällt. Hier setze ich auf Transparenz und Ansprechbarkeit. Regelmäßige Bürgersprechstunden und Ortstermine sind nur ein Element. Eine gut organisierte Verwaltung und transparente, offene Entscheidungswege sind ganz wesentliche Elemente, die die Bürger von einem Verwaltungschef erwarten müssen.
Eine Gemeinde wie Trebur lebt von dem Engagement der vielen Ehrenamtlichen in den Vereinen. Ihnen hat in den zurückliegenden Jahren häufig die Wertschätzung gefehlt. Ich will die Ehrenamtlichen von Bürokratie entlasten. Ein zentraler Ansprechpartner in der Verwaltung könnte für die Vereine wertvolle Dienste leisten, etwa bei der Raumvergabe oder der Organisation von Veranstaltungen etc.. Ein regelmäßig tagender „Runder Tisch“ der Vereine mit der Verwaltung und den kommunalen Entscheidungsträgern ist eine solche Maßnahme.
Warum sind gerade Sie der Richtige dafür, diese Aufgaben zu bewältigen?
Oliver Görlich: Ich bringe das notwendige Rüstzeug mit, um als Leiter einer Verwaltung die Aufgaben eines Bürgermeisters gut umzusetzen. Ich komme aus der Verwaltung, weiß also, „wie es geht“ und habe eine einschlägige Berufserfahrung – auch in leitender Funktion. Ich habe Verwaltungswissenschaften studiert, bin stellvertretender Fachbereichsleiter in der Stadtverwaltung von Riedstadt und bin dort mit einer Vielzahl von Projekten betraut. Aber das allein ist zu wenig. Ich kenne auch gewissermaßen die „andere Seite“, die Sicht des ehrenamtlich engagierten Bürgers. Ich bin in zahlreichen Vereinen Mitglied, war über viele Jahre Wehrführer einer Ortsteilfeuerwehr und weiß daher genau, wo Bürgern der Schuh drückt, wo sie unter Umständen auch allergisch reagieren, wenn etwas komplett in die falsche Richtung läuft, wie wir es ja derzeit bei der Diskussion um die Feuerwehrstandorte erleben. Dazu biete ich als Nicht-Treburer auch den „Blick von außen“ an, der bisweilen hilfreich beim Erkennen der Probleme ist. Ganz wichtig ist mir, dass ich mich nicht als Einzelkämpfer verstehe, sondern als Mannschaftsspieler. Ich setze besonders auf Kommunikation, auf das Einbeziehen anderer. Ein ganz frisches Beispiel hierfür ist meine Bürgerbefragung mit den Postkarten, die ich gemeindeweit verteilt und deren Rückmeldungen ich anschließend ausgewertet habe. Aber ich kann auch schnelle und konsequente Entscheidungen treffen, wenn es gilt.
Aufgezeichnet von Rainer Beutel
Zur Person: Oliver Görlich, 1979 in Groß-Gerau geboren, ledig, lebt im Riedstädter Stadtteil Goddelau und will im Fall seiner Wahl nach Trebur umziehen. Studienabschluss an der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung als Dipl.-Verwaltungswirt (FH). Seit 2009 bei der Stadtverwaltung Riedstadt beschäftigt, zurzeit Leiter des Fachbereichs „Innere Verwaltung“ mit den Fachgruppen Verwaltungssteuerung, IT-Service und E-Government. Dozent beim Hessischen Verwaltungsschulverband in Darmstadt (Fach Kommunalrecht), Lehrbeauftragter an der Hochschule Darmstadt (Fachbereich Wirtschaft) im Studiengang „Public Management“. Seit der Jugend ehrenamtlich bei der Freiwilligen Feuerwehr, vier Jahre Wehrführer einer Stadtteilfeuerwehr. Seit Juni 2017 Abgeordneter des Kreistags Groß-Gerau, seit 2006 Mitglied der SPD.