Motto trifft den Nerv der Zeit
Von Rainer Beutel.
Nauheims ältester Verein, der Gesangverein Eintracht, feiert 2018 sein 150-jähriges Bestehen. Unter anderem gibt es ein Festkonzert am 27. Oktober in der St. Jakobus-Kirche, das von einem akribisch arbeitenden Dirigenten Alexander Grün vorbereitet und geleitet wird. Vorsitzende Petra Hübner erklärt im Interview mit WIR-Redakteur Rainer Beutel, auf was sich die Fans des Chorgesangs freuen dürfen und wie sich die Eintracht in jüngerer Zeit entwickelt hat.
Frau Hübner, der Gesangverein Eintracht ist Nauheims ältester Verein. Ist das eher eine Ehre oder auch Verpflichtung?
Petra Hübner: Es ist vor allen Dingen eine Ehre. 150 Jahre lang haben Menschen trotz vieler Widrigkeiten der Zeitgeschichte es geschafft, ihrer Leidenschaft Singen nachzugehen, diese Idee immer wieder zu erneuern und am Leben zu erhalten. Es macht mich schon ein bisschen stolz, dass ich daran beteiligt bin, dass es mit der Eintracht weitergeht.
Es gibt wohl kein Ensemble mehr, das sich ausschließlich dem traditionellen Liedgut widmet. Auch die Eintracht tritt in den vergangenen Jahren mit ihren Chören immer moderner auf. Ist das ein Trend?
Petra Hübner: Was ist denn traditionelles Liedgut? Vor 150 Jahren gewiss etwas anderes als vor 50 Jahren oder vor 25 Jahren. Natürlich gibt es die Klassiker wie Silcher, Brahms usw., die wir auch immer wieder gerne im Repertoire haben. Ursprünglich waren ja alle alten Chorgemeinschaften wie die Eintracht Männerchöre. Somit wurden die Chorsätze für Männerchöre arrangiert. Mit der Entwicklung der vergangenen 30 Jahre hin zum gemischten Chor oder reinen Frauenchor mangelt es oft an guter Chorliteratur – im Sinn gut gesetzter Chorpartituren, die auch für Laienchöre gut funktionieren. Jeder Chorsänger, der neu einsteigt, ist erst einmal ein Kind seiner Zeit. Damit wird er immer auch von seiner Musik geprägt sein. Und dies spiegelt sich natürlich in der Auswahl der Stücke wieder.
Was unternehmen Sie, um die Freude am Singen populärer zu machen?
Petra Hübner: Wir starten immer wieder Aktionen, um für unser schönes Hobby zu werben. Schon seit ein paar Jahren ist „Gib uns deine Stimme“ unser Werbemotto. Aktuell gehen wir sogar im übertragenen Sinne in die Luft. Wer dabei sein möchte, sollte am Mittwoch den 25. Juli, um 19 Uhr an die katholische Kirche Nauheim kommen. Wir werden mit einer tollen Ballonaktion für unser Konzert und um neue Mitglieder werben.
Was hat sich die Eintracht für das Jubiläumskonzert einfallen lassen?
Petra Hübner: Es steht unter dem Motto „Freiheit – Liberté“, ein, wie ich finde, sehr treffend gewähltes Motto in dieser Zeit. Wir werden mit allen Eintracht-Chören und in bewährter Kooperation mit den Chören „Quintessenz Kriftel“ und „Eintracht Mittel-Gründau“ ein sehr breit gefächertes Chorkonzert bieten. Lassen sie sich überraschen. Unser Chorleiter Alexander Grün hat wieder wunderbare Chormusik zusammengestellt. Ob Aaron Copland, Rossini oder Adele, ob dramatisch, anrührend, Flower-Power oder witzig mit Augenzwinkern – wir zeigen alles, was Chorgesang sein kann.
Sie arbeiten seit zehn Jahren mit Dirigent Alexander Grün zusammen. Wie haben sich Ihre Chöre in dieser Zeit entwickelt?
Petra Hübner: Stimmt, unsere Chöre Mittendrin und Hertztöne werden seit einem Jahrzehnt von Alexander Grün dirigiert. Diese beständige Zusammenarbeit ermöglicht es, mit der Zeit auch Stücke einzustudieren, die am Anfang nicht möglich gewesen wären. Die Chorarbeit mit Alexander Grün ist immer spannend und manchmal herausfordernd. Wir haben alle gesanglich sehr von seinen Fähigkeiten profitiert.
Nennen Sie bitte ein Beispiel.
Petra Hübner: Ich persönlich finde es sehr reizvoll für mich, zum einen den James-Bond-Titel Skyfall von Adele einzustudieren und dann wiederum mit 120 Sängern und Sängerinnen den Finalchor aus einer Rossini-Oper zu präsentieren. Beide Stücke sind mit komplett anderer Technik und Intention zu singen. Nicht zu vergessen auch unser Chor „Hörsturz“, der durch Mona Dornbusch als langjährige Chorleiterin maßgeblich geprägt und entwickelt wurde.
Zum Abschluss bitte eine Prognose für das Jahr 2068, wenn Ihr Verein das 200-jährige Bestehen feiert: Werden sich die Menschen im Kreisgebiet an das Eintracht-Jubiläum vor 50 Jahren erinnern?
Petra Hübner: Tja , da wäre ich dann schlappe 106 Jahre alt. Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, dass ich das noch erleben könnte. Wenn es unseren Verein dann noch gibt, gibt es gewiss noch Menschen, die sich an unsere wunderbare akademische Feier und das Konzert erinnern. Einfach deswegen, weil wir in diesem Jubiläumsjahr gezeigt haben, dass wir es lieben, zusammen zu singen und tolle Musik zu machen.
Gesprächspartner: Rainer Beutel
Petra Hübner
leitet den Gesangverein Eintracht als Vorsitzende seit Mitte Januar 2018;
pe.huebner@t-online.de