Maut-Debatte und Verkehrswende

Von Jörg Cezanne.

Seit mehreren Jahren beschäftigt die CSU, wohlgemerkt eine bayerische Regionalpartei, die gesamte Republik mit ihrem Hobbythema, einer Pkw-Maut für ausländische Autofahrende. Da selbst den Christsozialen klar war, dass eine solche Maut, nur entrichtet von Autofahrenden, die nicht aus Deutschland stammen, diskriminierend und daher nicht EU-rechtskonform sei, arbeitete das Bundesverkehrsministerium jahrelang an einem Konstrukt, wonach vordergründig alle Autofahrenden die Maut bezahlen, aber Deutsche über die Reform der Kfz-Steuer entlastet werden würden.

Für ihre eigene Wählergewinnung und berauscht von ihrer kreativen Idee unternahm die CSU viel, um die Pkw-Maut gegen den Willen anderer politischer Kräfte durchzusetzen. Obwohl die Bundeskanzlerin erklärte, dass es mit ihr keine solche Maut geben würde und auch bei der Koalitionspartnerin SPD alles andere als Unterstützung für dieses Projekt wahrzunehmen war, fanden sich 2015 und nach nochmaligen Anpassungsbedarfen im Jahr 2017 die notwendigen Mehrheiten im Deutschen Bundestag und im Deutschen Bundesrat, um die Maut-Gesetze zu verabschieden.

Trotz aller Mühe wird es nun keine Pkw-Maut geben. Denn der Europäische Gerichtshof mit Sitz in Luxemburg durchschaute das Vorhaben und wies es als Verstoß gegen das Unionsrecht zurück. Zwar sei es legitim die Straßennutzenden mittels einer Maut an den Kosten für Bau und Erhalt der Wege zu beteiligen. Doch durch die parallele Reform der Kfz-Steuer und die damit einhergehende Entlastung deutscher Autofahrender ergebe sich eine Diskriminierung all jener Autofahrer, die davon nicht profitieren.

Der Schaden ist nun groß, wenn auch noch unklar ist, wie hoch die Kosten für dieses Maut-Desaster ausfallen werden. Klar ist bereits, dass für die Vorbereitungsarbeiten über 53 Millionen Euro ausgegeben worden sind. Für die Jahre 2019 und 2020 wurden Verbindlichkeiten für weitere 27,5 Millionen Euro bereits eingegangen. Daneben prüfen die vormaligen Vertragspartner des Bundes, welche Entschädigungsansprüche sie nach der Kündigung der Verträge durch Bundesminister Scheuer an das BMVI richten werden. Neben dem finanziellen Debakel wiegt aber schwerer, dass durch die Fixierung auf diese reine CSU-Priorität, viel Zeit verloren wurde, um sich mit den wirklich wichtigen Themen im Verkehrsbereich zu beschäftigen und eine dringend notwendige Verkehrswende auf den Weg zu bringen.

Deutschland wird in Kürze seine Klimaziele für 2020 um Längen verpassen, und auch die Nichteinhaltung der gesetzten Vorgaben für 2030 droht. Der Verkehrssektor hat bislang keine Beiträge geleistet, um die CO2-Emmissionen zu reduzieren. Die Bundesregierung schützt in der Diesel-Krise lieber die Wirtschaft und nicht unsere Umwelt. Außerdem sucht sie eher nach Wegen, Ausländer zu diskriminieren, statt den individuellen Verkehr von der Straße auf die Bahn und den öffentlichen Nahverkehr zu verlagern. So läuft uns die Zeit davon, mit sozialen wie ökologischen Konzepten eine neue Mobilität für dieses Jahrhundert auf den Weg zu bringen.

 


Jörg Cezanne
ist Bundestagsabgeordneter für die LINKE;
joerg.cezanne@bundestag.de

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