Neues Veranstaltungs-Format
Von W. Christian Schmitt.
Bezugnehmend auf die seit 32 Folgen laufende Reihe „WIR-Tischgespräche“ hatte die Groß-Gerauer Volksbank unter dem Titel „Dinner für 2“ zu einem öffentlichen Tischgespräch in den Veranstaltungsraum des Geldinstituts geladen, bei dem WIR-Herausgeber W. Christian Schmitt und Museumsleiter Jürgen Volkmann zu Tisch saßen und – bei Speis und Trank – einem interessierten Publikum eine kurzweilige Unterhaltung boten.
Foto: Die Gastgeber René Lorenz (l.) und Kai Becker (r.) von der Volksbank mit den Gesprächspartnern Jürgen Volkmann (2. v.l.) und W. Christian Schmitt
Diesmal war fast alles ganz anders. Sieht man von dem Umstand ab, dass sich zwei Personen – wie gewohnt – an einem Tisch gegenübersitzen, miteinander reden, Messer und Gabel nutzen, und gleichermaßen bestrebt sind, Informationen und Kurzweil zu bieten. Also kein Gespräch im Wohnzimmer vor heimischer Kulisse – sondern alles live, unter Beobachtung eines rund 60 Personen umfassenden Publikums. Diesmal gab es ein Podium, auf dem die Protagonisten sichtbar auch für Zuhörer in der letzten Stuhlreihe Platz nahmen. Ein Musik-Duo bot Unterhaltsames zwischen den einzelnen Gängen bzw. dann, wenn Speisen anstelle von Reden angesagt waren. Es gab einen Moderator des Abends, der zum Auftakt alles Wesentliche erklärte und sich als René Lorenz, Prokurist der Volksbank Darmstadt-Südhessen, vorstellte. Es gab eine große Leinwand direkt hinter den beiden zum Dinner Verabredeten, auf der zur Einstimmung Sequenzen von bereits stattgefundenen WIR-Tischgesprächen zu sehen waren.
Die Stimmung war locker. Man kannte sich aus bereits vielen, vielen Begegnungen und Gesprächen. Indem ich all dies hier niederschreibe, wird mir bewusst, dass ich unseren Lesern diesmal keine Reportage der gewohnten Art liefern kann. Denn hier geht es nicht nur um ein weiteres Tischgespräch, sondern um ein neues Veranstaltungsformat, das die Volksbank unter dem Titel „Dinner für 2“ präsentierte. Eigentlich müsste ich über den Abend aus der Sicht eines Besuchers schreiben, der in der dritten oder vierten Reihe sitzt und dem Dinge auffallen, auf die ich im Gespräch mit Jürgen Volkmann nicht achte. Seit bald 15 Jahren kenne ich den Museumsleiter. Im WIR-Magazin haben wir ihn schon etliche Male vorgestellt, ihn interviewt, ihn zu Wort kommen lassen, ihm die Möglichkeit geboten, über sich und seine Arbeit zu berichten. U.a. in den WIR-Ausgaben Nr. 251, wo er über „Das kulturelle Erbe der Kreisstadt“ berichtete bzw. in Nr. 264, wo wir mit ihm unter der Überschrift „Seit fast 30 Jahren managt er Kultur vor Ort“ ins Gespräch kamen.
Diesmal hatten wir uns vorgenommen, den Zuhörern im Volksbank-Veranstaltungsraum (die sicher gekommen waren, um Jürgen Volkmann auch an dieser Stelle einmal live zu erleben) Antworten zu liefern zu Themenkomplexen wie u.a. „Museum gestern, heute, morgen“, „Das Museum und die Politik vor Ort“, „Unser Stadtmuseum und die gelebte Kulturarbeit in der Kreisstadt“, „Das Museum und die Öffentlichkeit“ sowie noch manches andere mehr.
Die Veranstaltung begann nach Musikeinlage und Anmoderation mit (m)einer Erinnerung, dass ein erstes journalistisches „Tischgespräch“ bereits im Mai 1984 in Emden stattgefunden habe. Dorthin hatte mich nämlich Henri Nannen, der legendäre stern-Herausgeber, zu einem Mittagessen in den Hotel-Gasthof „Zum deutschen Haus“ eingeladen. Über die Begegnung war in dem 1995 erschienenen Buch „Nachdenkliches von Vordenkern“ u.a. zu lesen: „Auf die Frage eines Reporters, warum er denn nicht endlich seine Memoiren schreibe, soll er einmal sinngemäß geantwortet haben: ‚Es gibt zu viele Geschichten, von denen ich nicht mehr genau weiß, ob ich sie nun erlebt oder so häufig erzählt habe, daß ich sie langsam selber glaube…‘. Das allerdings wollten Jürgen Volkmann und ich bei dieser Veranstaltung in der Volksbank möglichst vermeiden.
Für die hier zu lesende Reportage zu unserem „Dinner für 2“ habe ich mir deshalb noch einmal den Video-Clip von Werner Wabnitz angesehen, in dem festgehalten wurde, wie der Abend tatsächlich verlaufen ist. Zu sehen und zu hören ist, wie Jürgen Volkmann sehr routiniert über seine Arbeit spricht, wie er, der aus dem norddeutschen Rotenburg an der Wümme Stammende, zu einem fast echten Gerauer geworden ist, der sich sogar durchaus überzeugend der hiesigen Mundart bedienen kann.
Jürgen Volkmann ist, das wird im Laufe unserer Unterhaltung auch den Zuhörern bewusst, der geradezu ideale Gesprächspartner: er weiß viel zu erzählen, beherrscht auch die Körpersprache perfekt, überzeugt mit dem, was er sagt, so dass es einem schwerfällt, ihm zu widersprechen. Mit geradezu jedem Satz wirbt er für das, sein Stadtmuseum, für die Kreisstadt und für die Region, in der wir leben. Er zeigt auf, wie spannend Orts-, Heimat- und Regionalgeschichte sein kann. Hin und wieder bedarf es des Hinweises, dass bei all dem spannenden Erzählen das überaus mundende Essen nicht kalt werden sollte, für das das „Hotel Adler“-Restaurant verantwortlich zeichnete.
Nachdem René Lorenz die Veranstaltung geschlossen hatte und die Besucher ans kalte Büffet bat, stellten sich die beiden Herren Diskutanten die Frage, wie dieses öffentliche „Dinner für 2“ bei den Zuhörern wohl angekommen sein mag – und wurden ermutigt mit einer vielfach geäußerten Gegenfrage: Wann ist mit einer Fortsetzung zu rechnen?