Nicht nur das neue Smartboard

Von Rainer Beutel.

Wie geht das eigentlich mit dem digitalen Wandel in der Schule? Und welche Perspektiven verbinden damit Schüler, Eltern und Lehrer? Zunächst kommt Dennis Lipowski zu Wort. Er ist Kreis- und Landesschulsprecher, engagiert sich für den Digitalpakt und hat während der Corona-Pandemie erlebt, wie der digitale Fortschritt an der Groß-Gerauer Prälat-Diehl-Schule Einzug hielt – und welche Probleme dabei auftraten. Im Interview mit Rainer Beutel erklärt er Hintergründe und Herausforderungen seiner Lobbyarbeit.

Herr Lipowski, welche Auswirkungen hatte die vorübergehende Schließung auf den schulischen Alltag?

Dennis Lipowski: Man hat jetzt gesehen, dass die Bedingungen bei einzelnen Schülern zu Hause kaum unterschiedlicher sein könnten. Dass das einen großen Effekt auf die Lernleistung hat, haben manche gerade zum ersten Mal bemerkt. Vielleicht zieht man daraus jetzt Konsequenzen und überdenkt das bisherige Hausaufgabenkonzept. Außerdem wurden viele neue Methoden eingesetzt. Einige Lehrer haben jetzt erst bemerkt, dass ihr Unterricht interessanter und auch besser wird, wenn sie nicht nur auf den klassischen Frontalunterricht setzten. Dadurch, dass fast alle Klassen nach der teilweisen Wiedereröffnung geteilt wurden, hat sich gezeigt, dass kleinere Lerngruppen effektiver sind. Diese Klassengrößen beizubehalten, ist utopisch, aber man kann durchaus Konzepte mitnehmen, die die kleineren Gruppen bei gleicher Lehrerzahl ermöglichen. Da selbstständiges Arbeiten in dieser Zeit stark im Fokus stand, wäre es denkbar, dass ein Teil einer Klasse etwas selbständig erarbeitet und der andere Teil in der Zeit vom Lehrer unterrichtet wird. Solche neuen Lehr- und Lernkonzepte, für deren Einführung man ansonsten wahrscheinlich viele Jahre gebraucht hätte, muss man aus der Krise mitnehmen. Es wurden einigen zwangsweise die Augen geöffnet, das ist gut.

Die Corona-Pandemie hat Vieles durcheinander gebracht, auch in den Schulen. Welche Forderungen stellen Sie hinsichtlich eines digitalen Unterrichts als Folge der Schulschließungen?

Dennis Lipowski: Erst einmal muss natürlich jeder die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen. Das klingt lapidar, ist aber aufgrund der teils sehr schlechten Internetqualität unmöglich. Einige haben gar nicht die Ausstattung, an digitalem Unterricht teilzuhaben. In beiden Fällen ist die Politik in der Pflicht. Das Land Hessen hat entschieden, dass Unterricht über ein Videoportal in Zukunft bewertbar sein soll. Das ist auf der einen Seite nachvollziehbar, da man ja irgendeine Bewertungsgrundlage braucht, auf der anderen Seite aber auch totaler Schwachsinn, da manche gar nicht richtig teilnehmen können. Zudem sollen auch zu Hause erbrachte Leistungen bewertet werden können. Das ist noch größerer Humbug. Da gibt die Möglichkeit, dass man sehr übermotivierte Eltern hat, die ihrem Kind die Note etwas aufpolieren. Das muss man zwar aufgrund der Schüler, die sich tatsächlich Mühe geben, hinnehmen. Es wäre aber denen gegenüber, die diese Möglichkeit nicht haben, unfair, wenn man für nicht selbstverschuldete Fehler schlecht benotet wird. Deshalb fordern wir die alte Regelung zurück, nach der die zu Hause erbrachten Leistungen ausschließlich positiv bewertet werden durften.

Ist der digitale Fortschritt ein positiver Effekt der Corona-Krise?

Dennis Lipowski: Grundsätzlich ja, aber die Intensität des Fortschritts kommt ganz darauf an, wie man den Begriff Schule definiert. In den Schulgebäuden selbst hat sich mit am wenigsten getan. Aber der Begriff Schule – das ist ja nicht nur das Gebäude. Und genauso ist Digitalisierung nicht nur ein neues Smartboard. Der Digitalpakt in seiner ursprünglichen Form war nur dazu gedacht, die Schulen digitaler auszustatten. Jetzt reden wir über die Ausstattung der Beteiligten und deren Kompetenzen, und genau das ist der Gewinn. Wir begreifen Digitalisierung ganzheitlicher und denken den nächsten Schritt schon mit. So wie es bislang angedacht war, wäre es keine gute Digitalisierung geworden: Die Smartboards wären nur eine Tafel in teuer, da die wenigsten ihre Vorteile erkennen. Und selbst wenn jeder ein Tablet gehabt hätte, wären diese nur wie ganz teures Papier genutzt worden. Die eigentlichen Lehr- und Lernmethoden wären unverändert geblieben.

Das heißt konkret?

Dennis Lipowski: Wir wurden zu neuen Methoden gezwungen und haben den Umgang mit diesen erlernt. Man hat gemerkt, dass die Kompetenz aller Beteiligten eine tragende Rolle spielt. Man kann Smartboards noch ganz anders, vor allem ihrem Preis angemessen nutzen. Sie sind ja nicht smart, weil sie leuchten, sondern weil sie das volle Internet zur Verfügung stellen und die verschiedensten Programme zum Lernen ermöglichen. Dazu kommt noch, dass Schüler vermehrt ein Tablet nutzen. Da lässt sich hoffen, dass auch das besser in den Unterricht eingebaut wird. Das muss auch die Politik erkennen. Dass der Digitalpakt zu Gunsten von Endgeräten abgeändert wurde, ist schon der richtige Schritt. Aber an vielen anderen Punkten hakt es noch. Lehrer müssen deutlich besser fortgebildet und Schüler früher in die Materie eingeführt werden. Zudem darf nicht, wie so oft, der Fehler gemacht werden, immer das Günstigste zu kaufen und ein gesamtheitliches Konzept zu vergessen. Die Politik muss lernen, dass hier keine Stühle gekauft werden und die Tische dazu egal sind, so wie es bislang war, sondern, dass es sich hier eigentlich um nur ein System handelt, das auf mehreren Geräten läuft.

Wie wollen Sie die Politik des Kreises einbinden, um den Digitalpakt zu realisieren?

Dennis Lipowski: Der Digitalpakt ist ja ursprünglich so angedacht gewesen, dass die Schulen dem Kreis Konzepte vorlegen und der Kreis dann das Geld beim Land beantragt. In diesem Prozess unterstützen wir die einzelnen Schülervertretungen der Schulen. Dann werden wir uns noch mal die Konzepte der Schulen anschauen und die daraus resultierenden Anträge des Kreises. Auch wenn der Kreis eigentlich eher eine Art Übermittler ist, werden wir versuchen, Einfluss im Sinne der Schülerschaft zu nehmen. Der Kreis sollte Schulen helfen, die nicht über die Kompetenz verfügen, gute Konzepte zu erstellen und dafür sorgen, dass sich Unterschiede zwischen den Schulen nicht noch vergrößern. Zudem gibt es auch Punkte, für die der Kreis alleine verantwortlich ist, etwa die Anschaffung und Verteilung von Geräten für Schüler. Dazu hat der Kreisschülerrat erst kürzlich einen Beschluss gefasst. Grundsätzlich geht es darum, dass die jetzt gekauften Geräte qualitativ gut sein müssen und nicht nur der Einkaufspreis, sondern auch die Nachfolgekosten berücksichtigt werden. Ganz konkret hat man uns jetzt schon angekündigt, dass wir in einige Planungsgremien des Kreises aufgenommen werden. Das erwarten wir so auch vom Kreis, denn wer versucht, Konzepte für Schüler ohne Schüler zu erstellen, der begeht ein großes Unrecht den Schülern gegenüber und wird im Endeffekt scheitern.

Davon völlig unabhängig gibt es Vorschläge, in der Kreisstadt ein Jugendparlament einzurichten. Wie stehen Sie dazu?

Dennis Lipowski: Ich halte ein Jugendparlament (JuPa) für eine sehr gute Idee, da es junge Leute für einen Bereich interessieren kann, den sie so vielleicht noch nicht kennen, selbst wenn sie politikinteressiert sind. Kommunalpolitik ist ein Thema, das leider überall hinten runterfällt. Leute in meinem Alter sehen wenig fern, die Regionalsender fallen also weg. Wenn sie Zeitung lesen, dann meist auf dem Handy. Das sind dann aber zumeist die großen, überregionalen Blätter. Sie haben Politik und Wirtschaft in der Schule, da geht es aber nicht um die kommunale Ebene, nicht mal richtig um das Land. Dort Interesse durch wirkliche Mitbestimmung zu generieren, das ist genau der richtige Weg. Zudem ist die Mitbestimmung nicht nur wegen des Interesses, die sie erregt, wichtig, sondern vor allem, da auch unter 18-Jährige sehr wohl eine eigene Meinung haben, die berechtigt ist.

Herr Lipowski, wenn über eine Jugendvertretung im Kreis gesprochen wird, stellt sich automatisch die Frage nach dem Interesse Ihrer Generation am kommunalpolitischen Geschehen? Wie sehen Sie das?

Dennis Lipowski: Grundsätzlich ist meine Generation sehr politisch. Man kann an verschiedenen Themen erkennen, dass wir bereit sind, uns für unsere Ideen einzusetzen. Ein Beispiel ist „Fridays For Future“. Scharfe Kritiker argumentieren, dass es für das Schulschwänzen gemacht wird und nur deshalb so große Teilnehmerzahlen hat. Aber es gibt ja auch noch andere Beispiele: Der sogenannte Artikel 13, mittlerweile eigentlich Artikel 17, der DSGVO hat auch die Jugend auf den Plan gerufen und zwar nicht während der Schulzeit. Was sich aber beobachten lässt, ist, dass es generell eher die großen Themen sind, die meine Generation bewegen. Das ist schade, da auf den höheren Ebenen zwar am großen Steuerrad gedreht wird, aber auch auf kommunaler Ebene wichtige Entscheidungen getroffen werden, die unser Leben direkt beeinflussen. Man muss uns aber zugute halten, dass die meisten gar nicht wissen, was genau kommunale Politik so macht. Wie gesagt: Es wird im Unterricht in der Schule ja schlicht nie behandelt. Dazu kommt eben noch, dass sich unser Medienkonsum geändert hat. Wir schauen weiniger fern und hören weniger Radio, was dazu führt, dass die lokale Berichterstattung über diesen Weg wegfällt. Dazu die Apps der großen Zeitungen. Kleine, regionale Journale bleiben auf der Strecke. Und wenn man weder in der Schule, noch durch seine Medien etwas von kommunaler Politik erfährt, wie soll man dann von ihr wissen? Das entwickelt sich dann erst im Laufe der Zeit, wenn man unmittelbar mit der kommunalen Ebene konfrontiert wurde. Und dass sie erst wenig Zeit hier verbracht haben, das macht junge Leute nun mal aus.
Ich finde es sehr schade, dass so viel politisches Interesse meiner Generation an einer so wichtigen Ebene vorbeischwappt. Wenn sie sich nämlich mit dem Thema erst einmal auseinandergesetzt haben, haben sie oft auch Interesse. Ich kenne durchaus Leute in meinem Alter, die sich kommunal engagieren und manche, die dazu auch zeitnah für ein Kommunalparlament kandidieren wollen. Und so bin ich persönlich, aber auch die Schülervertretung aller Ebenen, für mehr politische Information der Schülerschaft, ein erweitertes Themenfeld im politikwissenschaftlichen Unterricht und ein größeres Angebot an Partizipationsmöglichkeiten.

Zurück zum Digitalpakt: Wie reagieren Schüler, Eltern und Lehrer auf die technischen Neuerungen und ihre Erfordernisse?

Dennis Lipowski: Ich glaube, besonders die Schüler haben sich sehr schnell angepasst. Wir nutzen ja auch schon in unserem Alltag die Geräte; zumindest ab einem bestimmten Alter. Für manche Eltern ist es sicherlich schon schwerer, aber auch da hatten die meisten mit der Technik an sich eher weniger Probleme. Für beide Gruppen ist aber natürlich vorausgesetzt, dass überhaupt Technik zur Verfügung steht. Die Lehrer sind da, vor allem alterstechnisch, die wohl heterogenste Gruppe. Manche haben sich gefreut, dass sie ihre Kenntnisse endlich nutzen können und dürfen, andere verweigern sich komplett, sind in der Zeit der Schulschließung vollkommen abgetaucht und sehen nicht ein, etwas zu ändern, da sie ja eh bald in Rente gehen. Das ist natürlich traurig.

Welche Herausforderungen traten dabei auf?

Dennis Lipowski: Mit das größte Problem war eigentlich die Kommunikation. Besonders bei den jüngeren Schülern läuft natürlich viel über die Eltern. Die waren aber in nicht wenigen Fällen schwer zu erreichen und das nicht nur für die Lehrer, sondern auch für die Schulleitungen und sogar das Kultusministerium. Da ist viel über die Elternvertreter organisiert worden. Das Hessische Kultusministerium hat Briefe zum Beispiel an den Landeselternbeirat gegeben, der an die Kreiselternbeiräte, die an die Schulelternbeiräte, die an die Klassenelternbeiräte und die dann an die Eltern. Auch der Weg der Schulleitungen führte oft über die Schulelternbeiräte und die Klassenelternbeiräte. Das braucht natürlich eine gute Organisation, die so aber bei weitem nicht jede Schule leisten kann. Das kann man nicht von den Eltern erwarten. Deshalb haben viele Schulen, die so etwas noch nicht hatten, eine sogenannte Schulplattform eingerichtet und andere Schulen, die ein Schulportal bereits nutzen, dieses ausgebaut. Die Hektik mit der das passiert ist, hat dazu geführt, dass jede Schule ganz ohne Absprache ihr eigenes Ding gemacht hat und wir jetzt Systeme haben, die man auf höherer Ebene nicht zusammenführen kann. An manchen Schulen haben sich sogar die einzelnen Lehrer eine Plattform für sich herausgesucht, so dass es an einer Schule mehrere Systeme gibt. Auch wenn wir Schüler mit Technik an sich kein Problem haben, macht es keinen Spaß, irgendwie Aufgaben von fünf verschiedenen Seiten zu koordinieren. Eine Lösung ist das Schulportal.

Um was geht es dabei?

Dennis Lipowski: Das Schulportal ist ein Projekt des Landes Hessen mit dem Ziel, dass es an jeder Schule eingesetzt wird und jeder Schüler auch einen Account hat. Grundlegend ist das eine ganz tolle Idee, die auch unfassbar viele Möglichkeiten bietet, aber die aktuelle Umsetzung ist leider eine Katastrophe. Es werden viel zu wenige Leute beschäftigt, um es zu entwickeln und zu betreiben. Dazu kommt, dass der Kultusminister den Start jetzt noch vorverlegt hat, obwohl die vorläufige Version, die teilweise schon in Gebrauch ist, in der ersten Corona-Woche bei nur ein paar Tausend Nutzern abgestürzt ist. Hessen hat aber weit über 800.000 Schüler. Und diese Vorversion kann noch lange nicht, was die finale Version können soll.

Wie sieht es denn mit dem Datenschutz aus?

Dennis Lipowski: Gerade zu Beginn wurden alle Register gezogen, um irgendwie Kontakt zu halten. Lehrer haben mit Schülern über WhatsApp geschrieben, telefoniert, ihre private E-Mail oder den privaten Computer genutzt. Das sind alles Dinge, die so eigentlich verboten sind. Dazu kam noch digitaler Unterricht über verschiedenste Anbieter, von denen der meist genutzte „Zoom“ ja besonders in der Kritik stand. In Hessen war das dann tatsächlich aber recht schnell kein Problem mehr, da der Datenschutzbeauftragte die Notwendigkeit erkannt und da mal beide Augen zugedrückt hat. Dennoch zeigt das ja, dass wir den Möglichkeiten die wir haben, das Ganze auch ohne nur so halb legale Lösung zu regeln, weit hinterherhinken.

Welchen anderen Themen stellen Sie sich gegenwärtig als Kreisschulsprecher?

Dennis Lipowski: Ich bin jetzt seit einem Jahr Kreisschulsprecher, aber es fühlt sich schon nach deutlich mehr an. Ich bin vor zwei Jahren in den Kreisschülerrat (KSR) gekommen und wurde damals direkt in den Landesschülerrat gewählt. Eine Aufgabe, die ich so immer noch mit viel Leidenschaft, mittlerweile sogar auch als Landesschulsprecher, ausfülle. In diesem ersten Jahr war ich allerdings sehr vom KSR enttäuscht. Man muss wissen, der Landesschülerrat besteht aus Vertretern aller Schulträger in Hessen, hauptsächlich also Landkreisen und kreisfreien Städte. Dort habe ich von der Arbeit der anderen Kreis- und Stadtschülerräte mitbekommen, konnte aber nie auch nur ein Projekt meines KSR vorstellen, da es keine gab. Die Kreisschülervertretung war damals schon seit einiger Zeit eingerostet und traf sich nur, um ihre Ämter zu wählen. Wir hatten kein geregeltes Vorgehen, keine Ideen und viele Schulen kamen erst gar nicht. Die wahre Vertretung der Schüler blieb meiner Meinung nach vollkommen auf der Strecke. Also habe ich beschlossen, selbst Kreisschulsprecher zu werden und die KSV wiederaufzubauen.

Und wie ging es weiter?

Dennis Lipowski: Zu Beginn des Schuljahres 2019/20 wurde ich dann auch zum Kreisschulsprecher gewählt. Der Kreisschülerrat bildet sich eigentlich aus allen 14 weiterführenden Schulen des Kreises. Da einige Schulen schon seit längerer Zeit nicht mehr im Kreisschülerrat aktiv waren, habe ich als Vorsitzender versucht, und versuche es auch immer noch, wieder alle Schulen in den KSR zu holen. Das ist mir und meinem Vorstand im vergangenen Jahr auch schon mit zwei Schulen gelungen, mit weiteren stehen wir bereits für das nächste Schuljahr in Kontakt.
Zudem ging es dann um den Aufbau von einer ganzen Menge an Organisatorischem. Ich habe den Kreis und das staatliche Schulamt angeschrieben, zu denen wir keinen Kontakt hatten. Ich habe zusammen mit meinen beiden Stellvertretern Vertreter des Kreises besucht und gezeigt, dass die KSV jetzt wieder da ist. Wir haben die KSV Ausgestattet mit Laptop, Beamer, Roll-Up und ganz einfachen Dingen wie Ordnern. Wir haben ein Büro beantragt und haben jetzt unsere Geschäftsstelle in der Prälat-Diel-Schule. Ich habe Kontakt mit dem Kreiselternbeirat aufgenommen und begonnen, deren Sitzungen zu besuchen. Daraus wurde eine mittlerweile sehr gute Kooperation und Bekanntschaft.
Und so haben wir uns langsam bekannt gemacht. Irgendwann kam dann erstmalig der Kreis auf uns zu und wollte, dass wir an einem Projekt, dem leider wegen Corona ausgefallenen Energieförderpreis, mitarbeiten. Wir haben mitgemacht beim Masterplan Mobilität des Regionalverbandes und waren auf vielen weiteren Veranstaltungen. Recht passend war auch, dass der KSR schon zu Beginn dieses Schuljahres einen Fokus auf Digitalisierung gelegt hat. Da werden wir unabhängig von Corona auch weiter dran arbeiten. Zudem planen wir auch eine Kreistagssimulation für Schüler.

Hier kommt doch die Politik wieder ins Spiel.

Dennis Lipowski: Richtig, generell ist das ein Punkt, in dem klar wird, dass auch gute Verbindungen zur Politik entscheidend sind. Für manche Forderungen brauchen wir Unterstützung. 2021 sind zudem Kommunalwahlen. Einige Schüler werden das erste Mal in ihrem Leben wählen dürfen, wissen aber eigentlich gar nicht, wer für was steht. Da wollen wir helfen. Wir planen Interviews mit den Parteien zu schulpolitischen und jugendrelevanten Themen. Dann steht jetzt auch die Gestaltung eines neuen Schulentwicklungsplans an, an dem wir mitarbeiten werden. Wir haben dazu schon Gespräche mit dem Landrat und andern Zuständigen geführt. Das wir noch mal ein ordentliches Stück Arbeit.
2021 mache ich Abitur. Ich muss mich bereits um eine geregelte Nachfolge bemühen und dafür sorgen, dass die neuen Strukturen der KSV bis dahin so gefestigt sind, dass sie sich auch weiterhin halten und die KSV nicht wieder zurück in die Lage fällt, in der ich sie übernommen und mit viel Zeit herausgeholt habe. Das würde mir nicht nur um die Schüler leidtun, die einen klaren Anspruch auf Vertretung haben, sondern auch persönlich, da mir die Arbeit in der KSV immer sehr viel Spaß macht, aber auch extrem viel Zeit kostet.

Informationen zur Landesschülervertretung Hessen

Bürgermeister a. D. Helmut Kinkel ist Mitglied im Landeselternbeirat und beschäftigte sich auf einer Tagung mit dem Bundeselternrat mit den Fragen des digitalen Wandels in der Schule.

Netzwerk-Denken statt “Brockhaus-Lernen”

Durch das rasante Tempo des technischen Fortschritts verändert sich unsere Gesellschaft in ungeahnter Weise. Vermittlung von Fachwissen tritt in den Hintergrund, das Begreifen von Zusammenhängen und das Erlernen von Kompetenzen gewinnt an Bedeutung.

Kann Schule als tragende Bildungseinrichtung unseren Kindern die Grundlagen vermitteln, die sie benötigen, um sich in dieser beständig wandelnden Welt zurechtzufinden?

Sind unsere Bildungseinrichtungen und alle an Bildung Beteiligten diesbezüglich gerüstet? Personell, sächlich, räumlich, infrastrukturell und auf Nachhaltigkeit ausgerichtet?

Welche Grundlagen, welches Wissen, welche Fähigkeiten sind in Zukunft wichtig?

Die Corona-Krise hat deutlich gezeigt, welche anhaltenden Herausforderungen im Bildungsbereich vorhanden sind. Es gab zahlreiche kreative Beispiele, wie Fernbeschulung gut funktionieren kann. Diese gelungenen Beispiele sollten weiterentwickelt werden und bundesweit Einzug in die Schulen finden.

Das Ziel muss weiterhin eine hohe Bildungsqualität in humanistischer und demokratischer Tradition sowie eine umfassende Allgemeinbildung sein. Ebenso wichtig ist der ganzheitliche Blick auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Lernenden. Neben einer breiten Allgemeinbildung ist es unerlässlich, dass Heranwachsende Kompetenzen in den Feldern der fächerübergreifenden Demokratiebildung und nachhaltiger Entwicklung, kulturell-ästhetische Bildung und Medienkompetenz erwerben.

Die Art und Weise, wie Wissen vermittelt wird, ist den kommenden Herausforderungen anzupassen. Künftiges Lernen und der Erwerb von Wissen bedeuten vom Denken im „Brockhaus-System“ wegzukommen und stattdessen in Netzwerken zu denken. Lernen in Netzwerkstrukturen kann nur gelingen, wenn dies in kleinen Lerngruppen und in entsprechenden Räumen statt im Klassenverband und Frontalunterricht stattfindet.

Wichtig für eine Bildung der Zukunft ist auch, dass nicht die Notengebung, sondern ein Kompetenzerwerb im Fokus steht, der sich auch ausdrücken muss in praktischen Anwendungen.

Es wird immer wichtiger zu erkennen, welche Quellen und digitalen Räume – auch im Umgang mit persönlichen Daten – zuverlässig und sicher sind. Dies gilt besonders für das Lernen mit Medienunterstützung und für Digitales Lernen.

Auch bei der digitalen Handlungskompetenz, die stark durch informellen Kompetenzerwerb geprägt ist, zeigt sich eine Schräglage. Ursache sind die ungleichen Bildungschancen, bedingt durch zum Beispiel soziale Herkunft, Geschlecht und Migrationshintergrund. Es ist die Aufgabe von Schule, an dieser Stelle Chancengleichheit herzustellen. Eine große Herausforderung ist die Änderung der Kommunikation bei digitalem Lernen. Die Ausdrucksweise in sozialen Medien muss achtsam sein (Stichwort Cybermobbing).

Das Aufgabenfeld der Lehrenden und des pädagogischen Personals wird ergänzt hin zum Coach und Wegbegleiter. Er begleitet die Heranwachsenden bei Meinungsbildung, Haltung und Konfliktfähigkeit. Auch in Zukunft wird Schule primär der Ort sein, an dem Kinder und Jugendliche einen wesentlichen Teil ihrer Bildung und Sozialisation erhalten.

Der Bundeselternrat fordert darüber hinaus:

  • Die Verzahnung von formalem und nonformalem Lernen und dessen Anerkennung im schulischen Bildungskontext.
  • Die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern, um das kollaborativ-kreative, selbstorganisierte Lernen zu befördern.
  • Die Rhythmisierung von qualitativ hochwertigem Hybrid-Unterricht und freiere Zeiteinteilung für z.B. Abitur im eigenen Takt oder Sabbaticals.
  • Eine transparente Kommunikation zwischen Schule und Familie über methodische und organisatorische Anforderungen sowie die Voraussetzungen für das schulisch angeleitete Lernen zu Hause.
  • Die bedarfsgerechte Ausstattung der Lernenden und Lehrenden mit digitalen Endgeräten, Lizenzen, datenschutzkonformen Plattformen und WLAN-Zugängen und die zügige Umsetzung des auf Bundesebene beschlossenen Breitbandausbaus.
  • Strukturelle Vorkehrungen, wie z.B. eine Positivliste auf den Seiten der Kultus- und Bildungsministerien mit datenschutzkonformen Plattformen, Messenger-Diensten und E-Mail-Anbietern für Lernende, Lehrende und Eltern.
  • Verbindlicher länderfinanzierter Einsatz von externen IT-Experten (z.B. Systemadministratoren) an den Schulen.
  • Die verbindliche Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrenden im Sinne einer zukunftsfähigen Schule.
  • Die Erarbeitung altersgerechter didaktischer Konzepte zur Implementierung digitaler Unterrichtsformen und Methoden unter Berücksichtigung der motorischen Entwicklung der Lernenden.
  • Eine kontinuierliche wissenschaftliche Evaluierung der oben erwähnten Konzepte hinsichtlich ihrer Wirksamkeit.
  • Prävention, auch zum Thema Cybermobbing, als Herausforderung aller Schulformen erkennen und nachhaltig angehen durch Elternmitwirkung, curriculare Unterrichtsinhalte, Schulprogramme und Einbindung von Experten.
  • Fortbildungsangebote für Eltern eingerichtet und die Kompetenz der Eltern genutzt werden.

Um die Anpassungen in der gebotenen Geschwindigkeit durchzuführen, ist eine länderübergreifende Zusammenarbeit Voraussetzung. Zudem ist unser Denken und Handeln in Hierarchien und unsere Zertifikatsgläubigkeit zu überdenken. Auch ist die Sinnhaftigkeit des Bildungsföderalismus – in Umfang und Inhalt – unbedingt zu hinterfragen.

Informationen zum Landeselternbeirat Hessen

Demnächst im WIR-Magazin das Tischgespräch mit Ulrike Burschel, stellvertretende Schulleiterin der PDS.

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