Schüleraustausch mit dem Reich der Mitte
Seit 2011 unterhalten die Beruflichen Schulen Groß-Gerau (BSGG) einen Austausch mit der Xiamen Industrial Commercial Tourism School (ICTS). Xiamen ist eine Küstenstadt im Südosten Chinas in der Provinz Fujian. Die Stadt hat mehr als zwei Millionen Einwohner und erlebt seit den 1980er Jahren, als sie von der chinesischen Regierung einen ökonomischen Sonderstatus erhielt, eine dynamische Entwicklung.
Die BSGG und die ICTS tauschen jährlich Schülergruppen und auf Einzelbasis Auszubildende und Lehrkräfte aus. Mit dem Austauschabkommen aus dem Jahr 2011 wurde der zunehmenden wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung Chinas und der steigenden Qualität auf allen Stufen des chinesischen Ausbildungssystems Rechnung getragen. Die besten Ausbildungsstätten Chinas haben heute Weltniveau.
Mit dem Austausch werden mehrere Ziele verbunden. Man lernt miteinander und voneinander, bespricht Lehrinhalte, -methoden und Infrastruktur. Das Kennenlernen einer anderen Kultur sowie das Praktizieren von Offenheit und Toleranz gehören ebenfalls zu den Austauschzielen. In manchen Fällen entstehen beim Austausch dauerhafte Freundschaften, die eine nachhaltige Wirkung auf den weiteren Lebensweg der Schüler entfalten können. Im aktuellen Austauschjahr 2018/19 arbeiten die BSGG und ihre Xiamener Partnerschule erstmals projektorientiert zusammen. Schüler und Schülerinnen beider Schulen werden sich über neun Monate mit Zukunftsthemen beschäftigen. Ausgehend von der Frage „Wie stellen sich die Schüler und Schülerinnen beider Schulen die Welt in den Jahren 2025+ vor?“ sollen u.a. Themen aus den Bereichen Wirtschaft, Schule und Kommunikation gemeinsam festgelegt und von den Schülern bearbeitet werden. Die Themen werden beim Besuch einer Schülergruppe der ICTS im August vereinbart. Die Ergebnisse werden beim Gegenbesuch der Groß-Gerauer Gruppe im April 2019 in Xiamen präsentiert und diskutiert. Diese neue Form der Zusammenarbeit wird von beiden Seiten als spannendes Experiment gesehen. Ausgebaut wurde die Zusammenarbeit mit Partnern außerhalb der Schule. So ist man auf Seiten der BSGG im Gespräch mit renommierten Betrieben der Region und diskutiert die sich wandelnden Ausbildungsprofile, um zukünftige Schüler/innen-Generationen auf global geprägte Tätigkeiten vorzubereiten. Die BSGG streben im sprachlichen und kulturellen Bereich eine engere Zusammenarbeit mit dem Konfuzius-Institut in Frankfurt an, und sie kooperieren bei der Organisation und Betreuung des Austausches mit Hochschulen der Rhein-Main-Region.
Leider ist es zum gegenwärtige Zeitpunkt noch schwierig, Zuschussmöglichkeiten für den Austausch mit chinesischen Schulen zu finden. Es gibt wenige Möglichkeiten, z.B. über die Mercator-Stiftung. Im Vergleich zur Finanzierung von Austauschmöglichkeiten in Europa (ERASMUS) steckt die Förderung außereuropäischer Schulpartnerschaften noch in den „Kinderschuhen“. Das muss aber nicht so bleiben.
Zur Person: Rainer Henkel-von Klaß leitete bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben im letzten Jahr die Abteilung Internationales an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Er war außerdem beruflich tätig an den Universitäten Bristol (GB), Gießen, Hohenheim und Leipzig sowie im ERASMUS Bureau in Brüssel und beim Deutschen Akademischen Austauschdienst in Bonn.