Speerspitze des Handwerks
Von Rainer Beutel
Peter Ziemainz ist neuer Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft und damit Nachfolger von Peter Flügel, der in den Ruhestand gewechselt ist. Rainer Beutel von der WIR-Redaktion sprach mit dem 1955 in Berlin Geborenen über die Leistungen und Angebote seiner Organisation, die am 15. Juni 1934 gegründet wurde.
Herr Ziemainz, von der Kreishandwerkerschaft haben viele unserer Leser sicherlich schon gehört. Um was kümmert sich diese Einrichtung eigentlich?
Peter Ziemainz: Die Kreishandwerkerschaft vertritt die Interessen aller im Kreis Groß-Gerau ansässigen Handwerksbetriebe. Insbesondere jene, die Mitglieder der verschiedenen Innungen sind. Gerade unsere Innungsbetriebe sind dabei die qualitative Speerspitze des Handwerks.
Was sind ihre typischen Aufgaben und Tätigkeitsfelder?
Peter Ziemainz: Wir unterstützen die Betriebe bei der Ausbildung und der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter, nehmen zum Beispiel auch Prüfungen ab und sorgen so für einen kontinuierlichen Fortschritt beim Wissen und Können.
Von wie vielen Firmen sprechen wir da?
Peter Ziemainz: Im Kreis haben wir etwa 400 Innungsbetriebe unterschiedlichster Gewerke und insgesamt knapp 4000 Handwerksbetriebe überhaupt.
Wer steht neben Ihnen als Geschäftsführer in der Verantwortung?
Peter Ziemainz: Da wäre als allererstes der Vorsitzende der Kreishandwerkerschaft Hermann Tichy, zu nennen. Er ist Obermeister der Elektro-Innung und von den Mitgliedern der Kreishandwerkerschaft als Kreishandwerksmeister gewählt. Er kümmert sich im Wesentlichen um Repräsentatives. Wir in der Geschäftsstelle beraten und begleiten die Innungen in allen Fragen ihrer Arbeit mit fünf bis sechs Mitarbeitern. Seit Mitte Januar gibt es auch eine betriebswirtschaftliche Beratung für unsere Handwerksbetriebe, für die Dr. Iris Allmendinger verantwortlich zeichnet.
Bei Ihnen als Geschäftsführer laufen alle Fäden zusammen. Aber was genau sind die Aufgaben von Frau Dr. Allmendinger?
Peter Ziemainz: Nun, es gibt viele exzellente Handwerker, die in ihrer Arbeit einfach top sind, die sich aber in der Vergangenheit mit den betriebswirtschaftlichen Abläufen ihres Unternehmens nicht immer intensiv beschäftigen konnten. Zum Beispiel wenn eine Existenzgründung ansteht, eine Betriebserweiterung erforderlich ist oder eine Firmennachfolge gesucht wird. Die Kreishandwerkerschaft und insbesondere Frau Dr. Allmendinger unterstützen die Betriebe dann bei der Festlegung und Einleitung der notwendigen Maßnahmen.
Mancher Handwerker will sich aber vielleicht gar nicht in die Karten schauen lassen, so hilfreich die Kreishandwerkerschaft auch sein mag. Was ist dann?
Peter Ziemainz: Wenn man uns nicht ruft, kommen wir auch nicht. Wir drängen uns natürlich niemandem auf. Die Betriebe müssen selbst erkennen, ob und wann sie Hilfe brauchen. Aber wenn sie das möchten, sind wir für sie da, und zwar nicht am grünen Tisch, sondern vor Ort im Betrieb. Frau Allmendinger ist übrigens gut ausgebucht und fast die ganze Woche unterwegs.
Ist auch die Ausbildung ein Thema?
Peter Ziemainz: Selbstverständlich. Wir versuchen, bei der Suche nach Ausbildungsplätzen ein Vermittler zu sein. Dafür gibt es beispielsweise auch ein Lehrstellen-Radar als App und auf unserer Website www.kh-gg.de. Dort melden die Betriebe ihre Ausbildungsplätze. Schulabgänger haben somit früh die Chance, sich zu informieren und eine Stelle nach ihren Interessen und Neigungen anzustreben. Besonders wertvoll ist Kai Schenkel, der in unserer Geschäftsstelle die persönliche Ausbildungsberatung leistet. Nicht nur für Schüler, sondern auch für deren Eltern.
Welches Selbstverständnis steckt hinter all dem?
Peter Ziemainz: Unser Vorteil ist unsere unmittelbare und herstellerunabhängige Nähe zu den Betrieben. Das Knowhow, über das die Industrie auf Basis ihrer einzelnen Produkte verfügt, ergänzen und komplettieren wir gemeinsam mit den Innungen, damit dem Kunden schließlich eine perfekte Lösung angeboten werden kann. Kreishandwerkerschaft und Innungen verstehen sich dabei zusammen als Kompetenzzentrum. Das ist aber leider in der Vergangenheit bislang nicht sonderlich nach außen getragen worden.
Hat davon auch die Bevölkerung etwas, die mit dem Handwerk gar nichts zu tun hat?
Peter Ziemainz: Aber ja. Wir helfen zum Beispiel, wenn ein Gutachten zu erstellen ist, das vielleicht gebraucht wird oder wir klären als Vermittler Sachverhalte in Konfliktfällen.
Was haben Sie bei ihrem Amtsantritt als Nachfolger von Peter Flügel, der in den Ruhestand verabschiedet wurde, in der Geschäftsstelle vorgefunden? Mussten sie bei Null anfangen und alles umkrempeln?
Peter Ziemainz: Ganz im Gegenteil. Die Mitarbeiter hier habe ich als Topteam vorgefunden und in den ersten Monaten als solches auch kennengelernt. Die Basis dafür sind eine hervorragende Kommunikation und eine Zusammenarbeit, bei der jeder am selben Strick in die gleiche Richtung zieht. Unser Ergebnis ist dann zu 99 Prozent eine Gemeinschaftsarbeit.
Also können sie schon eine erste, kleine Bilanz ziehen.
Peter Ziemainz: Keine Frage, ich bin hochzufrieden.
Zum Abschluss ein Blick in die nähere Zukunft: Was sind die großen Themen in diesem Jahr?
Peter Ziemainz: An erster Stelle ist das der Hessentag in Rüsselsheim im Juni. Im Namen des hessischen Handwerks sind wir gemeinsam mit der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main verantwortlich für den „Pavillon des Handwerks“, der am Mainufer zu finden ist.
Und was können Besucher dort erwarten?
Peter Ziemainz: Kurz gesagt, werden wir auf vielfältigste Weise demonstrieren, dass Handwerk weitaus mehr ist, als einen Nagel in die Wand zu schlagen oder ein Loch zu bohren. Man denke nur an Themen wie Elektromobilität, Smart-Home oder Energieeffizienz. Ohne das Handwerk geht da gar nichts. Unsere Innungsbetriebe zeigen umfassend, was sie leisten können. Ein Besuch in unserem Pavillon lohnt sich auf jeden Fall, denn auch das Lebensmittelhandwerk ist da und sorgt für das Wohlbefinden der Besucher.
Kontakt: Kreishandwerkerschaft Groß-Gerau
Am Marktplatz 19, 64521 Groß-Gerau
Telefon: 06152-925290, Fax: 06152-9252929
www.kh-gg.de
Zur Person: Peter Ziemainz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, wurde 1955 in Berlin geboren. Er ist gelernter Vertriebs- und Marketingfachmann und blickt auf eine langjährige Tätigkeit für internationale Unternehmen sowie branchenübergreifende Erfahrungen in den Bereichen Konsumgüter, Medizintechnik, Pharmazeutika, Dienstleitungen, Unternehmensberatung mit mehrjährigen Auslandstätigkeiten zurück. Ehrenamtlich war und ist er für die CDU in seiner Heimatgemeinde Nauheim ebenso tätig wie im Kreistag Groß-Gerau. Unter anderem ist er Vorsitzender des Fördervereins Kreisklinik Groß-Gerau und stellvertretender Vorsitzender des Vereinsrings Nauheim.