Viele Aufgaben, nichts passiert

Von Rainer Beutel.

Die Großgemeinde Trebur wählt am 27. Januar 2019 einen neuen Bürgermeister als Nachfolger von Carsten Sittmann (CDU), der nicht mehr antritt. Das WIR-Magazin erkundigt sich bei den Kandidaten nach ihren Zielen. Nach Oliver Görlich (SPD) und Constantin Mussel (CDU) kommt in dieser Ausgabe Jochen Engel (Freie Wähler) zu Wort.

Herr Engel, als Bürgermeister einer Gemeinde wie Trebur mit seinen Ortsteilen braucht ein Verwaltungschef viel Gespür für das, was die Menschen im Ort bewegt. Was glauben Sie, welche Themen das in Trebur zurzeit sind?

Jochen Engel: Meine Gespräche haben gezeigt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger je nach Wohnort, Alter und Lebenssituation mit vielzähligen Themen beschäftigen – beispielsweise stetig zunehmende Verkehr, der ungepflegte Zustand einiger Spielplätze, die Einkaufsituation in den Ortsteilen oder das nicht nutzbare Bürgerhaus in Astheim. Was aber alle gleichermaßen berichten: Es passiert nix! Teilweise werden die Probleme erkannt, und es wird auch viel darüber geredet. Lösungen werden aber nur sehr schleppend oder gar nicht in Angriff genommen. Genau das sehe ich aktuell als größtes Problem in unserer Gemeinde.

Nennen Sie doch bitte einige Projekte, die es in den nächsten sechs Jahren anzupacken und zu entwickeln gilt.

Jochen Engel: Zuerst gilt es die vielen „kleinen“ Baustellen in Angriff zu nehmen und dafür zu sorgen, dass sich in Trebur wieder etwas bewegt. Vom defekten Duschkopf in der Sporthalle bis zu gesperrten Brücken wartet eine Menge Arbeit darauf, endlich erledigt zu werden.

Auch beim Dauerthema Umgehungsstraße müssen wir am Ball bleiben. Die Verwaltung hat einen konkreten Zeitplan zur Umsetzung vorgelegt. Oberste Priorität hat daher, dass es keine weiteren Verzögerungen gibt. Das heißt, wir müssen schon heute mit allen (zukünftig) Betroffenen ins Gespräch kommen und gemeinsam an Lösungen arbeiten, um mögliche Konflikte im Vorfeld auszuräumen. Denn nur, wenn wir die Pläne für die nächsten Schritte schon in der Schublade haben, ist ein reibungsloser Ablauf gewährleistet. Darüber hinaus sollten wir weitreichende Entscheidungen nicht spontan oder aus einer Situation heraus treffen. Um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein, brauchen wir ein starkes, langfristiges Konzept zur strategischen Gesamtentwicklung unserer Gemeinde. Deswegen ist es mir wichtig, gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen, Gewerbetreibenden und den Vertretern der Kommunalpolitik das Konzept „Unser Trebur 2030“ zu entwickeln. Es dient als Masterplan für die Fragen „Wohin wollen wir unsere Gemeinde entwickeln?“ und „Welche Projekte sind uns wichtig?“ und legt klare Ziele fest. Daraus ergibt sich ein Handlungsauftrag für Politik und Verwaltung, der Entscheidungen planbar und nachvollziehbar macht.

Wie Ihre Mitbewerber sprechen Sie die Umgehungsstraße an. Wie ist es zu verhindern, dass durch deren Bau kein Geschäftesterben einsetzt wie in der Nachbarkommune Nauheim nach der Inbetriebnahme der Ostumgehung im Jahr 2002?

Jochen Engel: Die Situation ist aus meiner Sicht nicht vergleichbar. Die Bahnhofstraße in Nauheim kann seit der Schließung des Bahnübergangs aus Richtung Trebur gar nicht mehr angefahren werden. In Trebur hätten die Pendler und Besucher nach dem Bau der Umgehungsstraße allerdings die Wahl: Wer in den Ortskern möchte, könnte selbstverständlich auch weiterhin hineinfahren. Es ist daher die gemeinsame Aufgabe der Gemeinde und der Gewerbetreibenden, die Ortsdurchfahrt so attraktiv zu gestalten, dass es auch künftig lohnenswert ist, bewusst den Treburer Ortskern zu besuchen. Ein verkehrsberuhigter Ortskern bietet dabei die Chance für entspanntes Einkaufen und lädt zum Verweilen ein. Der Wochenmarkt und die Cafés in der Hauptstraße sind ein positiver Anfang. Wir müssen uns allerdings schon heute Gedanken machen, um nicht „plötzlich“ vom Effekt der Umgehungsstraße überrascht zu werden.

Mit Blick aus der Kreisstadt entsteht manchmal der – womöglich irrtümliche – Eindruck, die Großgemeinde mache gerne ihr eigenes Ding. Wie wollen Sie den Ort für die interkommunale Zusammenarbeit zukunftsfähig machen, welche Projekte schweben Ihnen vor?

Jochen Engel: Ich glaube der Eindruck täuscht. Schon heute hat die Gemeinde Trebur einige Aufgaben, teilweise kreisweit, mit anderen Kommunen gebündelt. Zusätzlich halte ich es für ganz wichtig, dass wir zum Beispiel im Bereich E-Gouvernement, also der Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen, eng mit allen Kreiskommunen zusammenarbeiten, um schnell zu umsetzbaren Ergebnissen zu kommen. Denn wenn wichtige Dienstleistungen online angeboten würden, könnten diese – unabhängig von Öffnungszeiten – bequem von zu Hause erledigt werden. Die Zusammenarbeit der Bauhöfe von Trebur und Nauheim sollte ebenfalls nicht aus den Augen verloren werden. Hier sehe ich auch ohne gemeinsamen Standort ein Einsparpotenzial, zum Beispiel durch die gemeinschaftliche Nutzung von Maschinen.

Warum sind gerade Sie der Richtige, die anstehenden Aufgaben zu bewältigen?

Jochen Engel: Trebur ist meine Heimat, ich bin hier aufgewachsen und mit dem Herz bei der Sache. Durch meine langjährige Tätigkeit in der Treburer Gemeindeverwaltung hatte ich direkten Einblick in die Arbeit des Bürgermeisters und kenne daher die Abläufe und Probleme im Rathaus sehr genau. Inzwischen arbeite ich als Kommunalberater in einem mittelständischen Unternehmen und bin in vielen Hessischen Städten und Gemeinden beratend tätig. Dabei wurde mir schnell klar, dass wir mit unseren „Treburer Problemen“ nicht alleine sind, denn die gibt es nahezu überall. Aber viele Kommunen finden clevere Lösungswege, um damit umzugehen. Genau diese Erfahrung werde ich in Trebur einbringen.

 

Zur Person: Jochen Engel, in Groß-Gerau geboren, vollendet im Dezember sein 30. Lebensjahr, wohnt in Trebur, ist „ledig, aber in festen Händen“, wie er sagt. Der Verwaltungsbetriebswirt lernte bei der Gemeinde Trebur von 2007 bis 2010, war Standesbeamter bis 2012, anschließend Mitarbeiter in der Abteilung Finanzen/Haushaltsplanung der Gemeinde Bischofsheim. Von 2014 bis 2018 Ordnungsamtsleiter in Trebur, dann der Wechsel in die freie Wirtschaft als Kommunalberater. Seit 2014 nebenamtlicher Dozent beim Hessischen Verwaltungsschulverband, außerdem aktiver Feuerwehrmann in Trebur. In der Freizeit spielt er Schlagzeug in seiner Band und unternimmt mit seiner Partnerin Spaziergänge und Ausflüge.

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