Von Büttelborn nach Paris

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Von W. Christian Schmitt

Mit der Reihe „Tischgespräche“ gibt das WIR-Magazin seinen Lesern Gelegenheit, ganz nah am Geschehen mit dabei zu sein. Wir sind jeweils eingeladen von bekannten Personen aus dem Gerauer Land und erfahren, wie sie denken, entscheiden, privat sich darstellen. Diesmal hat uns Büttelborns Bürgermeister Andreas Rotzinger eingeladen. Einen kurzen Video-Clip vom Tischgespräch gibt es (von Werner Wabnitz produziert) auf der WIR-Website www.wir-in-gg.de sowie auf Facebook.

Wir waren nahe dran, sie an diesem Abend gemeinsam anzustimmen, die Marseillaise. Aber eben nur beinahe. Doch dafür gab es zum krönenden Abschluss eine Quiche Lorraine nach Hausfrauenart. Wo kann man solcherlei an einem Stück erleben? Im frankophilen Haushalt von Andreas Rotzinger und dessen französischer Ehefrau.
Wer die Gelegenheit hat, ihn in seiner häuslichen Umgebung zu erleben, der spürt geradezu die Nähe zu unserem französischen Nachbarn. Das beginnt mit einem an der Wohnzimmerwand platzierten Stadtplan des früheren Paris, setzt sich fort mit dem auf den Namen „Monsieur Samy“ hörenden Kater (der sich allerdings nicht von jedem Nicht-Franzosen streicheln lässt) und reicht bis hin zu Katzenkissen auf denen „Mademoiselle“ gestickt ist oder all den Katzen in verschiedensten Variationen und Materialien, die den Raum, in dem wir unser Tischgespräch führen, schmücken. Und bevor wir Platz nehmen, gibt es zur Begrüßung auch noch – na, was? Natürlich einen Beaujolais.
Dann erklärt uns Andreas Rotzinger seine besondere Neigung zu jenem Land jenseits des Rheins. Sie hat ihren Ursprung in einer Zeit, da er im Rahmen eines deutsch-französischen Schüleraustausch erstmals nach Frankreich gelangte. Da war er 14, und der Ort des Geschehens lag im Loire-Tal, genauer in Blois. Später kamen etliche Urlaube hinzu. Und mit 19 lernte er so seine Frau kennen. Heute sagt er von sich, er könne auch „französisch denken und leben“.
Im einst zu besonderer „Berühmtheit“ gelangten Nagold absolvierte er seine Bundeswehrzeit, obwohl er „eigentlich zur Marine wollte“, um ein wenig die Welt kennenzulernen. In Nagold lernte der junge Mann aus dem Südschwarzwald nicht nur das Durchhalten (bei Fußmärschen), sondern auch (beim Fallschirmspringen) das Risiko richtig einzuschätzen.
Auf das Aufzählen all dessen, was an diesem, unserem Gesprächsabend alles an Leckerem von der Hausherrin serviert wurde, soll diesmal verzichtet werden. Zu viele Fragen warten auf Antworten. Etwa: Wie ist Andreas Rotzinger ausgerechnet nach Büttelborn gelangt, wo es seit Menschengedenken nur eine dominierende Partei und einzig SPD-Bürgermeister gab? Wo Außenstehende den Eindruck gewinnen können, als gebe es hier nur Menschen, die Astheimer, Engel, Gölzenleuchter oder Hirsch heißen. Und wie kam der jetzige CDU-Bürgermeister („ich mache nur einfach meinen Job, und das mit viel Spaß und Engagement“) eigentlich zur Politik?
Rotzinger („ich spreche gerne Klartext, auch gegenüber Parteikollegen“) erzählt, dass sein Großvater viele Jahre Bürgermeister in Albbruck im Südschwarzwald war und dass eine ganze Reihe von Onkels und Cousins sich in diversen Gemeindevertretungen engagierten. Er selbst habe „als politisch interessierter Mensch“ sich zu allererst als Gründungsmitglied einer Bürgerinitiative hervorgetan, was einige Jahre später allerdings kein Hindernisgrund war, zunächst als Parteiloser auf einer CDU-Liste an- und dann in die CDU einzutreten. Adenauer und de Gaulle, aber auch Willy Brandt, sagt er, seien Persönlichkeiten gewesen, die ihn fasziniert hätten.
Gut drei Jahre ist er nun in Büttelborn bereits im Amt, und auf die Frage, ob er nach Ablauf dieser Legislaturperiode an eine 2. Amtszeit denke, antwortet er: „Ich freue mich auf jede Woche im Amt. Und wenn es so bleibt und weiter Spaß macht, dann werde ich wieder antreten“. Und dies, obwohl er und seine Frau erfahren haben, dass die wöchentliche Regelarbeitszeit für Bürgermeister im Gerauer Land längst zwischen 70 und 80 Stunden beträgt. Aber so ist das Leben, in dem er „oft viel Glück hatte“, ergänzt er. Wie ist sein Arbeitsstil, wie die Einstellung zu einem Verwaltungsteam, das – anders als er – nicht auf Erfahrungen „aus der freien Wirtschaft“ zurückgreifen kann? „Ich bin stets bereit, dazuzulernen und diskutiere Probleme ergebnisoffen“, sagt er. Und solches erwartet er natürlich auch von seinen Mitarbeitern.
Wir schauen uns noch einmal im Wohnbereich bei Rotzingers um, sehen viele Bilder an der Wand, große, kleine, hoch- und querformatige. Aber auch ein gefülltes Kassettenregal, das Augen- wie Ohrengenuss verheißt. Ein großer Spiegel macht den Raum größer und gemütlich, ein Schaukelstuhl wartet auf Benutzer. Und: Eine Plakette der Freiwilligen Feuerwehr Waldshut, seinem Geburtsort, hat einen Ehrenplatz.
Dann steht die Verabschiedung an und eine letzte Frage: nehmen wir einmal an, Deutschland spielt im Fußball gegen Frankreich – und verliert (wie bei der Europa-Meisterschaft). Hängt dann der Haussegen schief? Die Antwort darauf heben wir uns fürs nächste Mal auf.

Zur Person: Andreas Rotzinger, Bürgermeister der Gemeinde Büttelborn, wurde am 20. September 1958 in Waldshut-Tiengen, Baden-Württemberg geboren. Nach Schule und Wehrdienst Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Betriebsorganisation und Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Pforzheim. Verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Söhnen. Sport war stets Thema im Hause Rotzinger: Fußball und Handball in der Jugend, später dann Wandern und Radfahren mit Familie und Freunden. Vor der Zeit als Bürgermeister lange Jahre in der IT-Branche tätig. Seit 24 Jahren in der Gemeinde Büttelborn beheimatet. Viele Jahre im Verein sowie im Bezirk als Handballtrainer unterwegs. Bis zur Amtsübernahme 1. Vorsitzender der Kinderhilfe Gomel e.V. sowie „Unser kleiner Weihnachtsmarkt e.V.“ in Büttelborn.

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