Die Marktschule

Von Peter Erfurth.

Erinnerungen von Bürgermeister Klingler, Mörfelden, an seine Groß-Gerauer Realschulzeit von 1899 bis 1905 (stark gekürzt). Aus den Unterlagen des Groß-Gerauer Stadtmuseums.

Das war ein fröhliches, oft von herzlichem Lachen unterbrochenes Erzählen, als Bürgermeister Klingler bei der Schulfeier aus Anlaß des 50 jährigen Bestehens des Schulgebäudes an der Walther-Rathenau-Str. in den eigenen Erinnerungen kramte. Sechs Schüler zählte die erste Untersekunda der Groß-Gerauer Realschule, nachdem ihr das Recht zugesprochen war, ihre Schüler bis zum sogen. „Einjährigen“, der mittleren Reife zu führen. Drei Groß-Gerauer, drei Auswärtige.

Wie kümmerlich muß es um die Platzverhältnisse in der Marktschule bestellt gewesen sein, wo man schon in der Sexta einmal wöchentlich über seinem Lateinbuch, saß, in der Quinta bereits in die Geheimnisse der französischen Sprache eingeweiht wurde, um in der Untertertia auch noch Englisch hinzuzubekommen, wenn in der Gymnasial-Abteilung nicht im Hinblick auf das künftige Studiums sich des Griechischen annehmen mußte. Man glaubt es gerne, daß die Schüler von damals sich aus den dumpfen, kleinen Schulräumen auf den großen, weiten Schulhof hinauswünschten, als der sich, der damals noch mit Kastanien bestandene Marktplatz dartat. Wenn da möglich auch noch der Juxplatz für ein Fest aufgeschlagen war, mögen die Lehrer ihre Zöglinge bei Schluß der Pause in den unmöglichsten Ecken gesucht haben.

„Vor den Groß-Gerauern hatten wir besondere Hochachtung, weil sie dank Ihres tüchtigen Bürgermeisters Jakob Becker schon um die Jahrhundertwende elektrisches Licht hatten, dessen Kohlenfaden-Lampen zwar nicht mit modernen Neonröhren verglichen werden können, aber immerhin bessere Sichtverhältnisse boten, als die Petroleumlampen, bei deren trüben Scheine wir uns zu Hause für den nächsten Tag vorbereiteten“, ließ sich Bürgermeister Klingler vernehmen, der sich auch noch genau der Grundsteinlegung und Schuleinweihung erinnerte.

„Voller Begeisterung klatschten wir in die Hände, als wir am Vorabend dieser Grundsteinlegung erfuhren, wußten wir doch damit, daß wir auf diese Weise bald aus der Enge unserer Marktschulräume herauskommen würden“. In feierlichem Zuge ging es durch die „Kappel“ zum fahnen- und girlandengeschmückten Platz an der heutigen Walter-Rathenau-Straße, wo der damals noch sehr bescheidenene Schulchor sang und Bürgermeister Arnold die Festrede hielt.

Dann erst der Einzug in die Schule selbst! Mit ihren drei Stockwerken, den großen geräumigen Schulsälen, der Aula, der Turnhalle, dem Lehrer- und Bibliothekszimmer. Bürgermeister Klingler schilderte sehr lebendig, wie die sechs Mann starke Untersekunda auf zwei Doppelbänken in dem großen Raum Platz nahm und sich zunächst sehr komisch darin vorkam.

Peter Erfurth
ist Datenbank-Spezialist des Groß-Gerauer Stadtmuseums;
pedepe@gmx.de

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