Die städtische Badeanstalt

Von Peter Erfurth.

Aus den Unterlagen des Groß-Gerauer Stadtmuseums.

Kreisblatt von 1900: Stärker als je hat sich bei der drückenden Hitze der letzten Tage in hiesiger Stadt das Bedürfnis nach einer regelrechten Badeanstalt geltend gemacht. Wie verlautet, soll denn auch in allernächster Zeit die Gründung eines Vereins in Aussicht genommen sein, welcher die alsbaldige Errichtung einer den hiesigen Erfordernissen entsprechenden Badegelegenheit bezweckt. Eine diesbezügliche Zusammenkunft dürfte wohl in Kürze anberaumt werden. Das Zustandekommen eines derartigen Projectes ist für unsere Stadt zweifellos von nicht zu unterschätzendem Vortheil und wollen wir für das alsbaldige Gelingen desselben das Beste hoffen.

Kreisblatt vom 12. Juni 1901: Am Montag Nachmittag fand, wie bereits mitgetheilt, im Stadthause eine Gemeinderathssitzung statt, gelegentlich welcher die Errichtung einer Badeanstalt am hiesigen Platze den einzigen Punkt der Tagesordnung bildete. Im Anschluß an den Beschluß vom 3. d. Mts. wurde am 6. Juni a.c. eine Ortsbesichtigung vorgenommen und gewünscht, daß ein ungefährer Kostenvoranschlag dem Gemeinderath unterbreitet werde. Am Montag wurde nunmehr über den in Vorlage gebrachten Voranschlag Beschluß gefaßt und seitens des Gemeinderaths das Folgende beschlossen: Wir sind bereit eine städtische Badeanstalt am Mühlgraben, zunächst der Bleiche auf eigenen Kosten zu erbauen und dieselbe in Selbstverwaltung zu nehmen. Die neue Badeanstalt wird neben einem hübschen Bassin vier Einzelzellen erhalten und soll, wie verlautet, als Bademeister der ehemalige Badehausbesitzer, Herr Seiler, in Aussicht genommen werden.


Kreisblatt von 1901:
Die Arbeiten für das demnächst am hiesigen Platze zu errichtende städtische Volksbad nehmen einen erfreulichen Fortgang. Wie wir hören, sind die durch Herrn Kreisstraßenmeister Lohr, welcher sich der Sache mit besonderem Eifer widmet, in mustergültiger Weise ausgeführten Plänen bei Großh. Bürgermeisterei bereits hinterlegt und dürfte mit den Arbeiten nunmehr in Kürze begonnen werden. Das Bad wird, den Plänen nach zu urteilen, in weitgehendstem Maaße den Wünschen unserer verehrlichen Einwohnerschaft Rechnung tragen und sei deßhalb Herrn Kreisstraßenmeister Lohr für seine trefflichen und sinnig erdachten Entwürfe an dieser Stelle der ihm im vollsten Maaße gebührende Dank öffentlich gezollt.

Kreisblatt von 1902: Die Arbeiten zu der von unserem verehrlichen Stadtvorstand in anerkennenswerter Weise bewilligten Badeanstalt sind nunmehr am gestrigen Abend soweit vollendet worden, daß das Badehaus in den nächsten Tagen eröffnet und seiner Bestimmung übergeben werden kann. Die gnze Anstalt präsentiert sich sehr vortilhat und muß als äußerst praktisch und zweckentsprechend bezeichnet werden. Während am einen Teil der Wasserstand 80-90 cm Höhe beträgt, erreicht derselbe in der Abteilung für Schwimmer eine ebensolche von 1,40-1,50 cm.

Das Wasser des Bassin, welches im ersten Augenblick etwas trüb erschien, hatte sich bis heute vollständig geklärt und erscheint nunmehr vollständig rein. Die Ablaufvorrichtungen des Bassins funktionieren vorzüglich. Mit Rücksicht auf die seither verhältnismäßig ungünstigen Witterungsverhältnisse kommt die Eröffnung der Badeanstalt nunmehr noch frühzeitig genug und wird gewiß für den Rest des Sommers den Sammelpunkt zahlreicher Wasserfreunde bilden.

Kreisblatt von 1902: Als Bademeister ist ist vorläufig Herr Theodor Seiler angenommen. Zur Anschaffung für die Badeanstalt wurden beschlossen: eine Fahne, zwei Rettungsgürtel, ein Plakat betr. Die erste Hülfe bei Ertrinkenden, sowie ein Tisch und zwei Stühle für den Aufenthaltsraum des Bademeisters.

Kreisblatt von 1902: In der städtischen Schwimm- und Badeanstalt, wurden während der kurzen Zeit ihres Bestehens, August bis Ende September, 2452 Badekarten, darunter eine große Anzahl Abonnement- und Familienkarten verkauft, ein erfreulicher Beweis für das vorhanden gewesene Bedürfnis.

Peter Erfurth
ist Datenbank-Spezialist des Groß-Gerauer Stadtmuseums;
pedepe@gmx.de

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