Groß-Gerau von oben

Von Peter Erfurth.

Aus den Unterlagen des Groß-Gerauer Stadtmuseums. Heute ein Artikel aus der Heimatzeitung vom Mai 1957 (Auszug).

Die Gelegenheit, die Vaterstadt und einen guten Teil des „Gerauer Landes“ aus der Vogelperspektive bei herrlichstem Sommerwetter, vorzüglicher Sicht in allen Einzelheiten zu studieren, bietet sich nicht jeden Tag. Man mußte also mit beiden Händen zugreifen.

(…) Der Griesheimer Straße folgend und dann links abbiegend, näherten wir uns rasch dem Kreise Groß-Gerau und erhöhten unsere Aufmerksamkeit, soweit das bei dem wunderbaren Bild unter uns überhaupt noch möglich war.

Rechts bleiben Weiterstadt und Braunshardt liegen, hinter denen sich die flache Ebene Worfelden in der Ferne sehr gut abhebt. Aber schon fesselt uns das Bild auf der anderen Seite, denn wir nähern uns Büttelborn, fühlen die von der Umgehungsstaße abweichende Straße ins Dorfinnere sozusagen greifbar in den Händen, sehen die Dreschhalle, klein wie ein Kinderspielzeug, unter uns dahingleiten, verfolgen die Straße durchs Dorf und wundern uns über den großen Baukomplex des Volkshauses in dessen Nähe zugleich „Onkel Otto“ auftaucht.

Die Nase des Luftschiffes weist jetzt genau auf den Gerauer Wasserturm. Man beobachtet Menschen, klein wie Stecknadelköpfe, auf dem Gelände des neuen Schrebergartens, winkt ein paar Kindern zu, die sich auf der Rollschuhbahn zu schaffen machen und fragt sich, ob sie uns wohl sehen oder gar erkennen können.

Jetzt geht es etwas mehr nach rechts. Die stattliche Stadtkirche liegt unter uns, wir sehen auf die Werke I und II des Preß- und Stanzwerkes Faulstroh mit winzigen Menschlein im Hof, fassen die neue katholische Kirche ins Auge, lassen rechts den Helvetia-Schornstein und die Zuckerfabrik vorübergleiten und haben dann genau unter uns den Marktplatz mit dem hell heraufleuchtenden neuen Stadthaus. Wieder winken Menschen von unten herauf, deren Gruß wir erwidern.

Dann befinden wir uns genau über dem städtischen Sportgelände, wo das satte Grün der Rasenflächen einen ebenso großartigen Eindruck hinterläßt wie die drei rotbestückten Spielfelder des Tennisklub „Rotweiß“. Da, die Kreisberufsschule mit dem Wahrzeichen der Stadt, dem Wasserturm. Ehe der Flug in etwa der Waldchaussee folgend, über die Siedlung führt, werfen wir noch einen Blick zurück auf die Stadt, erkennen sehr deutlich das Fachwerk des Rathauses, können vor der eigenen Behausung deutlich Angehörige erkennen, markieren den Grüngürtel der Gärten rund um den Graben und müssen dann schon wieder den Blick vorwärts richten, weil ja auch noch einiges über die anderen Kreisgemeinden gesagt werden soll.

Unser Schiff ist 50 m lang, hat einen Gesamtdurchmesser von Hülle und Gondel von 17,5 m, fährt maximal 100 km und kann eine Gipfelhöhe von 3000 m erreichen. Die Hülle ist mit Wasserstoff gefüllt und hat 4500 cbm Inhalt. Dem „Underberg“-Unternehmen für die Gelegenheit, eine solch schöne Fahrt über unsere engere Heimat zu erleben, herzlichen Dank zu sagen, ist mir zuguterletzt ein besonderes Bedürfnis.

Peter Erfurth
ist Datenbank-Spezialist des Groß-Gerauer Stadtmuseums;
pedepe@gmx.de

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