Mehr erreichen im Verein

Von Rainer Beutel.

Jährlich verleihen die Volksbanken/Raiffeisenbanken gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund den „Stern des Sports“ für außergewöhnliches Engagement. Jetzt wurde die Auszeichnung in „Bronze“ für Südhessen von der Voba Darmstadt-Südhessen an den Nauheimer Footballverein Wild Boys vergeben. Wild-Boys-Vorsitzender Sven Reinig erklärt im Interview mit WIR-Redakteur Rainer Beutel, warum ein sozial ambitioniertes Projekt für so viel Anerkennung gesorgt hat.

Herr Reinig, die Wild Boys sind für ihr Projekt „Big and Strong“ gewürdigt worden. Um was geht es dabei?

Sven Reinig: Big & Strong ist ein Projekt, das Kindern und Jugendlichen nach der Corona-Krise einen Neustart ermöglicht und ihnen darüber hinaus Wissen, Erfahrungen und Werte für Ihre Zukunft mitgegeben hat. Die Wild Boys haben es Dank ihrer Partner und Unterstützer geschafft, ein Projekt aufzubauen, das die Themen Ernährungswissenschaft, Anti-Aggression, Zielsetzung, Anti-Mobbing, Motivation, Kommunikation, Soziale Medien und Fitness vereint. Ein großer Kraftakt und dennoch jede Sekunde Zeit und Arbeit wert.

Gibt es für die Aktion Vorbilder, wenn ja welche, wenn nein: Wie kamen die Wild Boys auf die Idee und warum?

Sven Reinig: Direkte Vorbilder gab es für das Projekt nicht. Vielmehr war es die gemeinsame Antwort auf die Frage, wie man die eigenen Möglichkeiten des Vereins dazu nutzen kann, Kindern und Jugendlichen zu helfen, die wachsenden Herausforderungen im sowohl mentalen wie auch physischen Bereich zu meistern. Nach und nach setzten sich die Ideen wie Puzzlestücke zusammen. Und aus einer Idee wurde ein Projekt, und dank der Unterstützer und Partner wurde es letztendlich Realität.

Haben Sie bei den Projektteilnehmern eine positive Entwicklung beobachten können und wie äußert sich diese?

Sven Reinig: Aus den verschiedensten Bereichen des Projektes können wir positive Veränderungen der Teilnehmer sehen und bekommen auch von Eltern das entsprechende Feedback; so haben wir z.B. einige Jugendliche, die die Ernährungsberatung umgesetzt und ihr Essverhalten deutlich verändert haben. Andere haben den Motivations- und Zielsetzungskurs als Basis genommen, sich konkret Ziele für die Zukunft zu setzen, und es gab auch Feedback, dass es Teilnehmer geschafft haben, sich durch gesteigertes und gesundes Selbstbewusstsein aus der Mobbing-Spirale in der Schule zu befreien.

In welchem Zusammenhang steht die Aktion mit der Vereinsphilosophie, den Club als Familie anzusehen?

Sven Reinig: #wearefamily (Anm.d.Red.: das Motto der Wild Boys) ist bei uns nicht nur ein Social Media Slogan – es ist die Basis unseres Vereins. Und in einer Familie passt man auf die Kinder & Jugendlichen auf und gibt sein Bestes, ihnen die bestmögliche Zukunft zu bieten. Genau das haben wir uns zu Herzen genommen. Ein Verein kann mit seiner Arbeit mehr erreichen als nur Sport zu vermitteln. Das wollten wir mit Big & Strong leben.

Wie können andere Vereine von den Wild Boys lernen bzw. was sollte ein Verein unternehmen, um selbst „groß und stark“ zu werden und seine Nachwuchsabteilung auf Vordermann zu bringen?

Sven Reinig: Wir können und wollen anderen Vereinen keine Vorschläge oder „Vorschriften“ machen, wie man Wachstum oder Stabilität generiert. Wir selbst profitieren von einem tollen Netzwerk, starken Partnern und phänomenalen Eltern die sich im Verein einbringen. Vielleicht hat es uns geholfen, von Anfang an beim Wiederaufbau klare Werte anzusetzen und diese auch zu leben. Jeder im Verein ist wichtig und wertvoll, und jeder kann sich einbringen … ob sechs oder 60 Jahre.

Sie persönlich haben als Spieler und Trainer in mehr als 30 Jahren Höhen und Tiefen der Wild Boys erlebt. Auf welchem Level würden Sie den Nauheimer Footballverein heute ansiedeln.

Sven Reinig: Wir sind aktuell ein personell und finanziell sehr gut aufgestellter Verein. Was seit 2019, dem Jahr des Neuanfangs, hier entstanden ist, macht einen sehr stolz. Wir haben vier Mannschaften im Spielbetrieb und eine eigene Cheerleader-Gruppe. Kurz gesagt: um die 100 aktive Mitglieder in unserer kleinen Family. Erfolg bedeutet für uns mehr als nur das Sportliche, auch das Menschliche ist uns sehr wichtig. Deswegen sehen wir uns auch durch das Projekt als „Football and more“.

Was haben Sie sich für die nächsten fünf Jahre vorgenommen?

Sven Reinig: Unser Ziel in den nächsten fünf Jahren ist ganz klar „wachsen, wachsen und nochmal wachsen“. Es gilt noch einige Jahrgangslücken zu schließen, welche die Pandemie gerissen hat, um ab sechs Jahren bis ins hohe Alter mit gesunder Kaderstärke in allen Altersstufen vertreten sein zu können und die Talente im Verein zu halten.

Was ist bei all dem das Besondere an Football?

Sven Reinig: Generell kann American Football, wenn auch hier noch eine Randsport, für viele Kinder und Jugendliche ein sportlicher Anlaufpunkt sein, den andere Sportarten nicht bieten können, da die Vielfalt der benötigten Spieler auf den verschiedensten Positionen für jeden eine passende und wichtige Rolle im Team bietet. Die Football-Familie bietet für jeden ein Zuhause. Es ist wichtig, mit der Vorstellung aufzuräumen, „American Football ist brutal und teuer“. Es trifft beides nicht zu. Wer es nicht glaubt, der kann sich bei uns vom Gegenteil überzeugen.

Zur Person: Sven Reinig (info@nauheim-wildboys.de) ist Vorsitzender der Wild Boys. Der Nauheimer Footballverein wurde 1991 gegründet und hat seitdem mit verschiedenen Mannschaften in unterschiedlichen Altersgruppen Meisterschaften gewonnen, darunter die Hessenmeisterschaft bei den Seniors 2006, 2008 und 2018 sowie 2014 bei der U 16. Jüngste Erfolge sammelte die U13 mit Meisterschaften im Flag-Football von 2021 bis 2023 (Landesliga Mitte).
Kontakt: info@nauheim-wildboys.de

Trainingszeiten:
Cheers: montags und mittwochs 17.30 bis 19.30 Uhr
U10 und U13: montags und mittwochs 17.30 bis 19.30 Uhr
U16 und U19:  montags und mittwochs 18 bis 19.30  Uhr
Seniors ab 19 Jahren: dienstags und donnerstags 20 bis 22 Uhr

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