Verkehrskonzept ist überfällig
Von Norbert Sanden.
Stellungnahme des Forum Verkehrswende zur Umgestaltung der Frankfurter Straße im Bereich des Historischen Rathaus in Groß-Gerau.
Das Forum Verkehrswende wendet sich gegen die von der Stadtverordnetenversammlung im März 2023 beschlossene Umgestaltung der Verkehrsfläche am Historischen Rathaus. Insbesondere der kostenintensive Bau einer asphaltierten Fahrbahn für den Durchgangsverkehr wird abgelehnt. Im Vordergrund einer Instandsetzung muss die Verbesserung der Aufenthaltsqualität vor dem Historischen Rathaus stehen. Dazu gehört eine ansprechende Gestaltung der Verkehrsfläche sowie die Beibehaltung der gemeinsamen Nutzung und Gleichberechtigung des städtischen Verkehrs. Die aktuelle Neuplanung mit separierendem Asphaltbelag führt hingegen zu einer völlig aus der Zeit gefallene Privilegierung des Kfz-Verkehrs: Mit gefühlter Bevorrechtigung des Kfz-Verkehrs und einer erwartbaren Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit.
Die von Bürgermeister Walther angeführte Begründung für diese Maßnahme, wonach eine Umgestaltung mit Verkehrstrennung und Asphaltfahrbahn zwingend erforderlich sei, um eine rechtskonforme Verkehrsfläche gemäß StVO zu schaffen, weisen wir als unzutreffend zurück: Renommierte Experten für Verkehrssicherheit und StVO-konforme Verkehrsplanung, wie z.B. der Darmstädter Hochschulprofessor Jürgen Follmann verweisen auf zahlreiche Beispiele, bei denen in Übereinstimmung mit der StVO Mischverkehre bei einheitlicher Pflasterung ermöglicht werden konnten.
Das Forum Verkehrswende fordert von den politischen Entscheidungsträgern im Stadtparlament und den Planungsverantwortlichen der Stadtverwaltung, ihre Entscheidung Pro-Asphaltpiste zu überprüfen und auf den geplanten Umbau zu verzichten.
Verkehrsplanungen mit großer Tragweite, noch dazu am Filetstück der Frankfurter Straße vor dem Historischen Rathaus, erfordern die Unterstützung möglichst großer Teile der Stadtgesellschaft und aller Interessengruppen – die unter den gegenwärtigen Umständen nicht gegeben ist.
Das Forum Verkehrswende fordert, dass die Erstellung eines integrierten Verkehrskonzeptes nach jahrelanger Verzögerung jetzt endlich angegangen wird. Eine derartige Gesamtplanung der aktuellen Bedarfe – unter Zuhilfenahme externer Expertise – könnte die Aufenthaltsqualität und das Sicherheitsempfinden der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer künftig stärker gewichten. Das Beispiel der Fehlplanung Frankfurter Straße zeigt diesen Mangel wie unter einem Brennglas: Ohne ein Gesamtkonzept bleibt jede neue Maßnahme Stückwerk.
Forum Verkehrswende Groß-Gerau
Stellungnahme des Groß-Gerauer Gewerbevereins
Auch der Gewerbeverein Groß-Gerau 1865 e.V. betrachtet die von der Stadtverwaltung eingebrachte und vom Parlament mehrheitlich beschlossene Umgestaltung der Frankfurter Straße im Abschnitt Ecke Darmstädter Str./Historisches Rathaus mit großer Sorge. Insbesondere die zu erwartenden, existenzgefährdenden Auswirkungen der künftigen Straßenführung für die anliegende Gastronomie und den Einzelhandel sei nicht akzeptabel.
Die vorliegende Planung wird begründet als rechtlich notwendige Anpassung zur Verkehrsberuhigung und sieht für den fraglichen Straßenabschnitt eine vier Meter breite, asphaltierte Fahrbahn vor. Der Bereich, der ursprünglich einmal als Fußgängerzone geplant wurde, ist aber bereits heute de facto verkehrsberuhigt. Mit dem Engagement der anliegenden Geschäfte und gastronomischen Angebote ist ein öffentlicher Raum entstanden, der insbesondere vor dem Historischen Rathaus attraktive Aufenthaltszonen geschaffen hat.
Dass die Stadtverwaltung eine heute in dem Bereich der Frankfurter Straße unklare verkehrsrechtliche Situation beseitigen will, ist zwar nachvollziehbar. Mit Blick auf die Zielvorstellung einer verkehrsberuhigten Innenstadt erscheint jedoch der Bau einer Fahrbahn, die zudem derzeit genutzte Außenbereiche beschneiden und in ihrer Qualität stark mindern wird, vollkommen kontraproduktiv. Während Verkehrsexperten regelmäßig geschwindigkeitssenkende Effekte durch die Vermeidung von typischen Straßenoberflächen fordern, passiert hier genau das Gegenteil. So ist zu befürchten, dass eine vier Meter breite Asphaltstrecke den Kraftfahrzeugverkehr an dieser Stelle deutlich beschleunigen wird.
In diesem Zusammenhang fällt auf, dass während der Umgestaltungsplanung offenbar keine Experten zur Klärung verkehrsrechtlicher Fragen hinzu gezogen wurden, wie es andernorts durchaus üblich ist. Das Fachwissen eines Ingenieubüros für Straßenbau ist hier völlig unzureichend und kann verkehrsjuristische Fragen nicht berücksichtigen. Vielmehr sollen offenbar mit einer Investitionssumme von etwa einer Viertelmillion Euro vollendete Tatsachen geschaffen werden, die eine notwendige, ergebnisoffene Diskussion für ein ganzheitliches Verkehrskonzept in unserer Stadt konterkarieren.
Der Gewerbeverein Groß-Gerau 1865 e.V. fordert daher die politisch Verantwortlichen auf, den Beschluss zur Umgestaltung der Frankfurter Straße in seiner jetzigen Form aufzuheben bzw. bereits initiierte Baumaßnahmen sofort zu stoppen. Vor weiteren Umbauten, soweit überhaupt erforderlich, fordern wir die beratende Mitwirkung von Verkehrsexperten, um bestmögliche Lösungen im Kontext eines ganzheitlichen Verkehrskonzepts für unsere Kreisstadt zu erreichen.