Worüber die Leute reden (310)
Von Rainer Beutel.
Die Frau dieser Stunde … nein, dieser Tage und Wochen, ist Melanie Wegling. Zumindest im Kreis Groß-Gerau. Die 31 Jahre alte Sozialdemokratin aus Ginsheim-Gustavsburg hat im politischen Wettstreit dem früheren Bürgermeister der Kreisstadt und bisherigem Bundestagsabgeordneten der CDU, Stefan Sauer, bei der Bundestagswahl das Direktmandat weggeschnappt. Wegling eroberte einen satten Stimmenvorsprung, der für viele sicherlich überraschend gekommen sein mag, genießen doch Amtsinhaber meist einen Bonus. Vielleicht gaben ihre über 1000 Hausbesuche den Ausschlag? Oder der Bundestrend mit herben Stimmenverlusten der Union? Ohne exakte Analyse sollte über die Gründe nur spekuliert werden. Fakt aber ist, dass Stefan Sauer, der auch Vorsitzender der Kreis-CDU ist, nicht auf der Landesliste abgesichert war und am Abend des 26. September plötzlich ohne (politischen) Job dastand, sich allerdings gegenüber Wegling als fairer Verlierer erwies. Was aus ihm nun wird, war bis Redaktionsschluss noch unklar.
Nach dem Wahlkampf … ist vor dem Wahlkampf. In Abwandlung eines Sepp-Herberger-Zitats ist Landrat Thomas Will (SPD) wenige Tage nach der Bundestagswahl ins Rennen um seine Wiederwahl eingestiegen, die im Landkreis am 5. Dezember ansteht. Dass er dabei ein sechs Jahre altes Elektromobil nutzt, das, wie er kürzlich einräumte, nach längerer Standzeit einige Startschwierigkeiten hatte, ist nur eine Randbemerkung. Auffallend hingegen waren Wills Ausführungen vor Genossen in Nauheim. Er betonte, wie gut die Kreisklinik inzwischen aufgestellt sei, erwähnte die Einstellung eines Schulterchirurgen, den Aufbau einer Kinderchirurgie, den geplanten Neubau eines Verwaltungstrakts und sinnvolle Investitionen beispielsweise in eine hochmoderne Magnetresonanztomographie. Aus einem Bericht der Klinik-Geschäftsleitung für das erste Halbjahr 2021 ist jedoch zu entnehmen, dass die Fallzahlen nicht erreicht würden, die Bettenauslastung rund 20 Prozent unter der Planmarke liege und in den ersten sechs Monaten 2021 ein Minus von 2,53 Millionen Euro erwirtschaftet worden sei – bei einem für das Gesamtjahr kalkulierten Defizit von drei Millionen. Mit dem Hinweis auf die Klinik legt Will also die Spur für ein möglicherweise heißes Wahlkampfthema. Klingt selbstbewusst. Doch er betonte noch etwas anderes: Er sei „überhaupt nicht sicher“, ob er gewinne. „Wenn man zu sicher ist, verliert man“, warnte der Amtsinhaber.
Mit einer Benutzungsordnung … für den Skaterpark stärkt die Gemeinde Nauheim Rechte und Ansprüche junger Menschen, die sich dem Skateboardfahren verschrieben haben. Lars Lorenz und Matthias Wieschermann (Foto v.l.) präsentieren ein entsprechendes Hinweisschild, das jetzt angebracht wurde. Die beiden gehören seit fast 20 Jahren zu den treibenden Kräften einer vereinsungebundenen Gruppe, die den Freizeitsport liebt und fördert. Zu Meinungsverschiedenheiten war es auf der Anlage im Regionalpark gekommen, nachdem sich während der pandemiebedingten Lockdowns Eltern mit Kleinkindern dort aufhielten und ihren Nachwuchs munter auf der Skateranlage tummeln ließen. Auf Hinweise der Skater, dass dies aufgrund schnellfahrender Skater gefährlich für alle werden könne, sollen Erwachsene mürrisch bis abweisend reagiert haben. Die Benutzungsordnung schafft nun klare Verhältnisse, was erlaubt ist und was nicht. Damit bestärkt die Gemeinde, was Alexander Fiedler in unserem Interview über die Beteiligungsrechte junger Menschen betont: Jugendliche müssen ernst genommen werden.
Wir wollen wissen, worüber die Leute reden.
Reden Sie mit. Schreiben Sie, worüber Sie reden und lesen Sie, was andere darüber denken.