Auf dem Weg ins Stadthaus

Von Ulf Krone.

Nachdem die Groß-Gerauer Wähler im vergangenen Herbst deutlich für einen Wechsel im Stadthaus gestimmt haben, bereitet sich der künftige Bürgermeister Jörg Rüddenklau aktuell intensiv auf die Amtsübernahme vor. Grund genug für WIR-Redakteur Ulf Krone, nachzufragen, wie der 51-jährige Familienvater die neue Aufgabe angehen will.

Am 18. März übernehmen Sie die Amtsgeschäfte als Bürgermeister der Kreisstadt von Ihrem Vorgänger Erhard Walther. Nun kommen Sie aus der freien Wirtschaft, haben Familie und sind kein Berufspolitiker. Wie bereitet man sich auf die neue Aufgabe vor?

Jörg Rüddenklau: Nachdem ich in der Stichwahl zum zukünftigen Bürgermeister unserer Kreisstadt gewählt wurde, habe ich die mir nach meiner Arbeit zur Verfügung stehende Zeit intensiv genutzt, um mich mit meiner zukünftigen Aufgabe vertraut zu machen. Hierzu habe ich bereits viele Termine mit Institutionen und Menschen aus verschiedensten Bereichen wahrgenommen. Die Gespräche geben mir ein gutes Bild zu den vielfältigen Themen. Ende Februar werde ich meine bisherige Tätigkeit beenden und habe dann noch bis zum Amtsantritt am 19. März Zeit, die ich dafür nutzen werde, mich mit den Abläufen im Stadthaus und in den politischen Gremien zu beschäftigen. Dankend erwähnen möchte ich, dass der amtierende Bürgermeister, Erhard Walther, einen guten und nahtlosen Übergang aktiv unterstützt und damit zeigt, dass er ein ausgesprochener Demokrat ist und im Sinne unserer Stadt handelt.

Dass ich aus der freien Wirtschaft komme, sehe ich dabei eher positiv. Als Wehrführer in der Freiwilligen Feuerwehr war ich in den letzten zehn Jahren bereits ehrenamtlich Bestandteil der Verwaltung. Auf einen Punkt Ihrer Frage möchte ich besonders eingehen: Meine Familie ist mir sehr wichtig. Sie ist eine starke Säule und ein Rückzugsraum, um auch mal Abstand von Anderem nehmen zu können. Daher werde ich, wie bisher auch, dem Familienleben den nötigen Raum geben.

Was haben Sie sich vorgenommen? Mit welchen Themen wollen Sie starten?

Jörg Rüddenklau: Zunächst werde ich alle Bereiche der Verwaltung besuchen, die dort tätigen Menschen kennenlernen und interessiert zuhören, was sie zu sagen haben. Diese Wertschätzung ist mir wichtig und eine wichtige Vertrauensbasis für eine gut funktionierende Zusammenarbeit. Gemeinsam mit den Amtsleitungen werde ich Ziele besprechen und regelmäßig prüfen, dass diese auch umgesetzt werden. Ich habe den Eindruck, dass bereits viele Ideen vorhanden sind, und freue mich, diese gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu forcieren.

Zeitnah werde ich eine regelmäßige Sprechstunde in den Stadtteilen einrichten. Auf meiner Agenda steht auch, zu bestimmten Zeiten wieder eine dezentrale Stadtverwaltung in den Stadtteilen anzubieten, die für alle Menschen in Groß-Gerau erreichbar ist.

Am Herzen liegt mir, dass wir das durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossene Mobilitätskonzept schnell und strukturiert angehen. Bürgerbeteiligung von Beginn an und eine Ausrichtung in die Zukunft sind mir dabei wichtig.

Sie haben es gleich zu Beginn mit einer schwierigen Haushaltslage zu tun. Im Dezember hat das Stadtparlament einen defizitären und vermutlich nicht genehmigungsfähigen Haushalt beschlossen, der von Ihrem Vorgänger beantragten Erhöhung der Grundsteuer B, die die Lücke schließen sollte, jedoch nicht zugestimmt. Wie wollen Sie das Problem lösen, und wie werden Sie dabei den Forderungen des Kreises, namentlich Ihrem Parteikollegen Landrat Thomas Will, begegnen?

Jörg Rüddenklau: Die schwierige Haushaltslage betrifft viele Kommunen in Hessen. Als Mittelzentrum hat Groß-Gerau auch die Aufgabe, sogenannte „freiwillige Leistungen“ in gewissem Maße fortzusetzen und wir bekommen dafür auch Zuwendungen, um diese zu erfüllen. Hallen- und Freibad, die Musikschule, die Stadtbücherei und auch das Stadtmuseum sind wichtige Bestandteile unserer Stadt, stiften Identität und müssen weiter fortbestehen können.

Wo das Defizit nicht durch Einsparmaßnahmen ausgeglichen werden kann, steht als kurzfristige Maßnahme aus meiner Sicht nur die Erhöhung der Grundsteuer. Mir ist bewusst, dass eine weitere Belastung der Menschen in der Stadt dazu führt, dass an anderer Stelle das Geld fehlt, um die auch sonst gestiegenen Lebenshaltungskosten zu tragen – daher ist mir ein verantwortungsvoller Umgang damit ein großes Anliegen.

Unserem Landrat Thomas Will werde ich so begegnen, wie man es von einem Bürgermeister erwarten darf: Im Sinne unserer Stadt! Dass wir beide in einer Partei sind, steht dabei nicht an erster Stelle.

Der Erschließung neuer Einnahmequellen kommt in Zeiten knapper Kassen eine besondere Bedeutung zu. Groß-Gerau ist gesegnet mit einer hervorragenden Verkehrsinfrastruktur durch zwei Bahnlinien, die Autobahn und einen internationalen Flughafen in der Nähe. Wie sehen Sie die Chancen der Stadt, sich damit für neue Gewerbeansiedlungen zu profilieren?

Jörg Rüddenklau: Groß-Gerau hat eine sehr gute Infrastruktur. Mittelfristig ist mein Ziel, den Wohlstand unserer Stadt zu sichern, indem wir weiteres Gewerbe hier ansiedeln, welches vor Ort Steuern zahlt und Arbeitsplätze schafft. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsförderer der Kreisstadt werden wir ein Konzept erstellen, dass dieses Ziel forciert und aktiv mögliche Partner suchen. 

Dabei ist mir das Thema Nachhaltigkeit wichtig: Entsiegelung, wo immer möglich, Nutzung nachhaltiger Energien und alternativer Mobilität sollen bei der Ansiedlung neuer Gewerbe im Fokus stehen. Für ein modernes und ein in die Zukunft ausgerichtetes Groß-Gerau!

Nicht nur in der Bundespolitik – auch vor Ort gibt es derzeit eine Menge Handlungsbedarf: Digitale Dienstleistungen aus dem Stadthaus, Betreuungsplätze für Kinder, ein ganzheitliches und zukunftsweisendes Verkehrskonzept, der Erhalt einer attraktiven Innenstadt, um nur einige Themen zu nennen. Wie wollen Sie die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, und wo liegen Ihre Prioritäten angesichts der angespannten Haushaltssituation?

Jörg Rüddenklau: Es gibt in der Tat eine Menge Herausforderungen! Leider fehlen aktuell auch die Mittel, gewünschte Maßnahmen einfach umzusetzen. Alles, was wir jetzt tun, sollte aber Basis für ein leistungsstärkeres, attraktives und lebenswertes Groß-Gerau sein. Wenn ich übrigens von Groß-Gerau spreche, meine ich damit alle Teile unserer Stadt.

Bürger einzubinden kann auf vielfältige Weise stattfinden: Dazu gehören eine offene Verwaltung und Politik, die informiert und vermittelt, warum sie etwas tut, wie sie es tut. Außerdem die Mitsprache von Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt, schon bevor Maßnahmen umgesetzt werden in Form von Bürgerforen, die auch konzeptionelle Ideen entwickeln und nicht ein reines Informationsforum sind. Des Weiteren die Förderung und Verknüpfung von Ehrenamt sowie die Unterstützung von Bürgerinitiativen für eine aktive Einbindung aller in das Leben unserer Stadt.

Durch die aktive Einbindung und Mitgestaltung möchte ich mehr Zustimmung zu neuen Projekten und eine gesteigerte Identifikation mit unserer schönen Stadt erreichen. Denn gemeinsam und miteinander entsteht einfach mehr.

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