Sound of Nauheim
Von Rainer Beutel.
Vom 22. Juni bis 3. Juli veranstaltet der Nauheimer Musikförderverein das Festival „Sound of Nauheim“, bei dem Bands, Orchester und Chöre auftreten und sich weitere Kulturschaffende präsentieren. Außerdem werden die Nauheim Music Awards vergeben, deren erster Preis von der BeNe-Stiftung im Gerauer Land hoch dotiert ist. Michael Schneider, Vorsitzender des örtlichen Musikfördervereins, erklärt im Interview mit WIR-Redakteur Rainer Beutel, was geplant ist und wie Kulturpolitik in Zeiten klammer Kassen noch funktioniert.
Herr Schneider, in Anspielung auf „Sound of Nauheim“: Wie klingt die Musikgemeinde eigentlich?
Michael Schneider: Bunt und fröhlich. Eine Fortführung der Tradition der Nauheimer Musiktage und Musikfeste, so wie viele sie noch aus den 70er, 80er und 90er Jahren kennen. Was allerdings jedem in Nauheim klar ist: Es hat sich seitdem viel geändert.
Was genau?
Michael Schneider: Durch die Verlagerung der Produktion von Musikinstrumenten in andere Regionen der Welt ist einerseits die traditionelle Blasmusik in Nauheim „etwas leiser“ geworden, andererseits sind viele facettenreiche neue Musikensembles entstanden. Wahnsinnig viel tut sich z.B. im Bereich Chöre, bei denen der Gesangverein Eintracht und der Kirchenchor Singmania ganz wichtige Akzente setzen. Auch bei den modernen Musikern und Instrumentalisten ist Aufbruchstimmung, die wir als Musik- und Kulturförderverein sehr gerne unterstützen. Mit den Memphis 69ers, JoyRide, Christian Hopp, dem letztjährigen Preisträger der Nauheim Music Awards Fabian Dudek, yungstoli, DJ Cage und vielen anderen haben wir in Nauheim eine ganze Palette an tollen Musikern.
Das ist noch nicht alles, nicht wahr?
Michael Schneider: Richtig, da unser Nauheimer Musikfest in Wahrheit ein Kulturfest ist, sind dieses Jahr auch noch mehr Autoren und gestaltende Künstler wie Christopher Marx, Sara Schneider, Antigrau, wojtkyevitch, NaumStein und viele mehr mit am Start. So feiert Sound of Nauheim die Schönheit der Kultur, die Vielfalt und das friedliche Miteinander in allen Farben und Facetten.
Der Musikförderverein verleiht zum zweiten Mal die Nauheim Music Awards. Diesmal besonders dotiert. Wie kam es dazu?
Michael Schneider: Von der BeNe Stiftung für das Gerauer Land hat sich Stifter Bernd Neumann persönlich dafür eingesetzt, die Musik in Nauheim zu fördern. Deshalb meldete sich im Spätsommer 2023 Vorstandsmitglied Susanne Theisen-Canibol bei Silke Schneider, Vorsitzende des Nauheimer Musikvereins und meine Stellvertreterin im Musikförderverein. Der Stiftungsvorstand ließ sich ausführlich über die Aktivitäten des Fördervereins informieren. Die Musikerehrung passt perfekt zum Anliegen der Stiftung. Wir haben unsere vielfältigen Aktivitäten des Musikfördervereins dargelegt. Susanne Theisen-Canibol war sofort angetan, und wir schlugen mehrere Projekte vor. Letzten Endes war es genau die Idee einer Ehrung der besten Musiker und Musiker Nauheims, die das ganze Vorstandsteam der BeNe-Stiftung überzeugte.
Wie hoch ist das Preisgeld?
Michael Schneider: Die BeNe-Stiftung lobt 1.000 Euro aus für die oder den besten Musiktreibenden. Für uns ist es in der Tat eine Art Ritterschlag, dass Nauheim als Musikgemeinde mittlerweile wieder über die Ortsgrenzen hinaus wahrgenommen und entsprechend gefördert wird. Geplant ist, dass Bernd Neumann und weitere Vorstandsmitglieder bei der Verleihung nach Nauheim kommen und persönlich den Preis übergeben werden. Aus unserer Sicht unterstreicht das die Bedeutung der Musik in Nauheim, denn ehrlich gesagt ist uns ansonsten kein anderer Musikpreis in einer solchen Höhe im gesamten Kreis Groß-Gerau bekannt.
Gegenüber der Premiere 2023 wird das Festival noch größer aufgezogen. Warum?
Michael Schneider: Natürlich wollen wir möglichst vielen Menschen eine Freude machen. Dass es noch größer wird, folgte eigentlich keinem Plan, sondern ist eher beim Machen so geworden. Wir hatten im Vorfeld allen Vereinen und Künstlern in Nauheim per Rundschreiben, Social Media Posts und Presse angeboten, sich an Sound of Nauheim in jeglicher Form zu beteiligen. Offensichtlich fanden viele Ensembles und Vereine diese Idee schön und haben sich ins Festival mit Beiträgen eingebracht.
Einige Beispiele bitte.
Michael Schneider: Das beliebte Chor-Event „Nauheim singt“ zählt dazu ebenso wie das Serenadenkonzert des Blasorchesters und ein paar Überraschungen, die wir aber noch nicht verraten. Die Einzelheiten, Informationen und vor allem der Ticket-Shop finden sich auf der Festival-Website unter www.soundofnauheim.de. Hier gibt es auch regelmäßige Updates.
Wie gelingt es dem in Gründung befindlichen Verein „Musikförderung für Nauheim“, ein solches Programm zu stemmen?
Michael Schneider: Vor allem mit viel Liebe zur Kunst, Spaß bei der Organisation und vor allem mit unserer Maxime: Jeder ist willkommen und darf so viel oder so wenig beitragen, wie er bzw. sie gerade möchte und kann. Wir sind quasi der Hop-On-Hop-Off-Bus der Kultur in Nauheim. Natürlich geht so etwas nicht ohne festes „Fahrer-Team“, das den Bus, in dem die vielen Helfer unterwegs sind, ein wenig koordiniert und steuert.
Und wie finanziert sich das?
Michael Schneider: Wir stehen als ausrichtender Verein komplett im finanziellen Risiko von ca. 25.000 Euro, die ein solches Event kostet. Ganz großer Dank geht an die Gemeinde Nauheim, die in der Vergangenheit viel für den Erhalt des Musikfests in Nauheim getan hat. Für 2024 hoffen wir natürlich noch, dass die endgültige Haushaltslage der Kommune es auch dieses Jahr erlauben wird, Musik und Kultur in der Musikgemeinde zu fördern und zu unterstützen.
Reicht das denn?
Michael Schneider: Nein, selbst dann ist die Musik noch auf die zusätzliche Unterstützung von Sponsoren angewiesen. Hier hoffen wir auf zusätzlichen Support aus Nauheim. Regional konnten wir bereits die Förderinitiative Kultursommer Südhessen (KUSS), Fraport, wie erwähnt die BeNe Stiftung sowie Gewerbetreibende wie Die Brille, die Kreissparkasse und GigaNetz gewinnen. Aus Nauheim haben Die Werbstatt, Edeka Boßler, Elektro Bolbach, Horst Hack GmbH, Gerüstbau Kappes, Mecklenburgische Versicherung Fabian Hofmann ihre Unterstützung zugesagt. Dafür herzlichsten Dank, auch wenn wir noch nicht alle Kosten decken können. Daher sei an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich erwähnt, dass wir noch dringend Sponsoren und Spender brauchen, um die Kosten zu decken.
Mit Blick auf die Region: Müssen andere Veranstalter von solchen Festivals nun besonders starke Konkurrenz aus Nauheim fürchten oder ergänzt sich das alles?
Michael Schneider: Wir sind für niemanden Konkurrenz, denn von der Ausrichtung her ist unser Anliegen ja vor allem, die Tradition des Nauheimer Musikfests weiterzuführen und den Nauheimer Künstlern und Musikern Gehör, Anerkennung und Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen. Darüber hinaus ist unser Ansatz komplett integrativ und kooperativ: Jeder Mensch und jede Organisation, die in irgendeiner Form dabei sein möchten und die Grundsätze von Akzeptanz, Toleranz und des gleichberechtigten Miteinanders mit uns teilen, sind uns jederzeit herzlich willkommen.
Ändert sich im kulturellen Angebot der Musikgemeinde gerade alles oder achten sie auf gewachsene Strukturen und Traditionen?
Michael Schneider: Veränderung ist ja völlig normal und allgegenwärtig. Aber um Veränderung sinnvoll und positiv zu gestalten, muss man sich schon klar sein, wo man herkommt, wo man sich genau jetzt befindet und wo man eigentlich hin will. Was ich mir sehr wünsche ist, dass wir z.B. gemeinsam mit dem Heimat- und Museumsverein, mit Menschen, die die Musikfeste in den 1990er Jahren gestaltet haben, mit dem Kulturamt und mit den kulturtreibenden Vereinen und Menschen eine Diskussionsrunde haben könnten, in der wir alle gemeinsam diese Aspekte für Nauheims Musik beschreiben. Nämlich, welche Traditionen wir fortschreiben, wie wir die Veränderungen gemeinsam gestalten und wie wir den Begriff „Musikgemeinde“ künftig mit Inhalten und Leben füllen wollen. Eine solche Diskussionsrunde war ja 2020 schon einmal der Entstehungsmoment einer ganzen Reihe von Aktivitäten, nicht zuletzt auch von Sound of Nauheim.
Sie sind auch Gemeindevertreter. Was kann eine Kommune in Zeiten knapper Kassen zu solchen Veranstaltungen noch beisteuern? Wie können wenige Mittel gerecht verteilt werden? Nauheim hat ja über viele Jahre den Sport sehr gefördert.
Michael Schneider: Sport wurde und wird von der Gemeinde völlig zurecht gefördert und könnte gerne noch mehr gefördert werden, denn dies ist in meinen Augen eine der Top-Aufgaben jeder Kommune. Genauso wichtig und unerlässlich für die Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen ist natürlich auch Bildung in Kunst und Kultur. Beide Elemente, Sport und Kultur, sind auch eine zwingende Voraussetzung für eine kultivierte, friedliche und kooperative Gemeinschaft in unserer Kommune. Der Sport braucht seine Trainingsanlagen, Austragungsorte und strukturelle Unterstützung genauso sehr wie Musik und Kultur entsprechende Übungsräume, Auftrittsorte und strukturelle Unterstützung benötigt. Da unterscheiden sich Sport und Kultur überhaupt nicht und deshalb macht es absolut Sinn, beides gleichberechtigt zu denken und zu behandeln.
Das heißt aus Ihrer Sicht konkret?
Michael Schneider: Man könnte auch einfach hergehen und sämtliche Ausgaben für Sport, Bildung und Kultur auf null setzen und Kinder, Bürger und Vereine einfach sich selbst überlassen. Aber in so einer Gesellschaft will ja keiner ernsthaft gerne Zeit verbringen. Ich glaube, Augenmaß und Sachverstand sind die Werkzeuge, die hier weiterhelfen. Der Ausschuss für Soziales, Kultur, Sport und Integration (SKSI) und die Gemeindevertretung machen hier einen ziemlich guten Job, und ich bin optimistisch, dass das auch in Zukunft so sein wird.
Zur Person: Michael „Meik“ Schneider (geb. 1966), aufgewachsen in Königstädten, wohnhaft in Nauheim seit 2004, verheiratet, eine Tochter; Studium der klassischen Gitarre und Klavier seit dem achten Lebensjahr an der Musikschule Rüsselsheim und später am Konservatorium Mainz. Gitarrist, Pianist und Keyboarder in diversen Bands und Projekten. Hauptberuflich Teamleiter bei einem digitalen Payment- und Kreditkarten-Unternehmen im Frankfurter Raum.
Programm, Ticketvorverkauf und vieles mehr über Sound of Nauheim im Internet unter www.soundofnauheim.de