Das Täubchen

Von Klaus Meinke.

Selten kam mein Großvater aus Bad Homburg zu Besuch, es war immer etwas Besonderes.

Da war es natürlich klar, dass der Auftrag, für den Großvater beim Heideheiner ein Täubchen zu holen, gerne übernommen wurde. Mit einem kleinen Karton mit Luftlöchern machte ich mich auf den Weg die lange Neustraße hinunter. Ich wurde herzlich begrüßt und richtete den Wunsch des Großvaters aus. „Wart kurz, ich geh in den Schlag und hol dir ein Schönes!“ Wenig später war er mit einem hübschen Täubchen in der Hand zurück. „Streichel mal das Köpfchen, es ist ganz weich.“ Nichts hätte ich in diesem Moment lieber getan. Ich streichelte und freute mich, Großvater so ein hübsches Tier bringen zu können, und wollte es nun schnell in meinen kleinen Karton tun. „Wart noch“ hieß es, und schon wurde mir das Tier wieder abgenommen. Heideheiner ging zu einem Hackklotz, nahm ein Beilchen, und schon war der Kopf ab. Voller Entsetzen und Ekel nahm ich das Tierchen in meine Schachtel. Der Heimweg wurde mir lang und länger, aber zu Hause gab ich mit Tränen in den Augen Großvater das Geschenk. Zu meinem großen Entsetzen freute er sich auch noch auf den leckeren Taubenbraten.

Klaus Meinke
ist ehemaliger Stadtverordnetenvorsteher
in Groß-Gerau;
klaus.meinke@t-online.de

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