Grüppchenbildung im Bundestag

Von Melanie Wegling.

Fraktionen, Strömungen, Landesgruppen, Parlamentariergruppen, 49ers… Es gibt viele verschiedene Gruppen im deutschen Parlament. Klar. Denn mit 735 Mitgliedern ist der Deutsche Bundestag die größte freigewählte nationale Parlamentskammer der Welt und da kann nicht jede/r Abgeordnete als Einzelkämpfer/in auftreten. So dient die „Grüppchenbildung“ im Bundestag auch vornehmlich einem zentralen Ziel: Meinungen zu bündeln und gemeinsame Interessen zu vertreten.

Seit dem 20. Februar bin ich um eine tolle Aufgabe im Bundestag reicher: Meine hessische SPD-Landesgruppe hat mich zu ihrer Vorsitzenden gewählt. Ich trete die Nachfolge von Timon Gremmels an, der als hessischer Minister für Wissenschaft, Forschung, Kunst und Kultur nach Wiesbaden berufen wurde.

Doch was ist eigentlich die Aufgabe einer Landesgruppe? Landesgruppen gibt es innerhalb meiner SPD-Bundestagsfraktion für sämtliche Bundesländer. In ihnen sammeln sich die Abgeordneten eines Bundeslandes. In der hessischen Landesgruppe sind die 15 hessischen SPD-Bundestagsabgeordneten vertreten. Wir sind eng vernetzt und vertreten gemeinsam hessische Interessen in der Bundespolitik. Außerdem halten wir regelmäßigen Kontakt zur hessischen SPD-Landtagsfraktion und der Landespartei, um die Politik auf Bundes- und Landesebene gut zu verzahnen.

Doch allein mit den Landesgruppen ist es noch nicht getan. Innerhalb einer Fraktion, also dem Zusammenschluss aller Abgeordneten einer Partei oder befreundeter Parteien, gibt es noch unterschiedliche Strömungen. So bin ich Mitglied der Parlamentarischen Linken, kurz PL, innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion. Daneben gibt noch den eher konservativen Seeheimer Kreis und das Netzwerk. Diese verschiedenen Parteiflügel tragen durch eine intensive inhaltliche Diskussion zur Weiterentwicklung des politischen Programms bei. In Sitzungswochen trifft sich die PL immer dienstags mittags vor der Fraktionssitzung. Hier tauschen wir uns mit der Fraktions- oder Parteiführung, aber auch mit Expert/innen aus Wissenschaft, Journalismus und Zivilgesellschaft aus und beschließen gemeinsame Positionspapiere.

Solche innerfraktionellen Zusammenschlüsse basieren oft auf inhaltlicher Übereinstimmung oder wie bei den Landesgruppen auf regionaler Herkunft. Es gibt aber auch immer wieder Gruppierungen, die sich aufgrund der Altersstruktur gebildet haben. So sind bei der letzten Bundestagswahl sehr viele junge SPD-Kräfte zum ersten Mal in den Bundestag gewählt worden: 49 der insgesamt 206 SPD-Abgeordneten waren zu Beginn der Legislaturperiode im Juso-Alter, also 35 Jahre alt oder jünger. Sie schlossen sich zur Gruppe der „49ers“ zusammen. Ich war eine von ihnen.

Als „49ers“ haben wir uns gegenseitig beim „Ankommen“ im Bundestag unterstützt. Mittlerweile sorgen wir für eine erhöhte Sichtbarkeit von jungen Menschen und den Themen, die ihnen wichtig sind. Wir wollen die Perspektive der jungen Generation wieder stärker in die Bundespolitik einbringen. Schwerpunktartig kümmern wir uns um die Themen Aufstieg durch Bildung und Arbeit, eine flächendeckende gute Daseinsvorsorge, öffentliche Investitionen, die Europäische Integration und Klimaschutz. Dabei achten wir auf eine klare und verständliche Kommunikation und den direkten Austausch mit jungen Menschen vor Ort in unseren Wahlkreisen. 

Grüppchenbildung gibt es aber nicht nur innerhalb von Fraktionen, sondern auch darüber hinaus. So bin ich Mitglied der Deutsch-Chinesischen Parlamentariergruppe. Schon als Kind haben mich China und die chinesische Kultur fasziniert. Später habe ich Sinologie in Frankfurt und Peking studiert. Als ich in den Bundestag einzog, war klar, dass ich mich dieser Parlamentariergruppe anschließen würde. In den 47 bi- und multilateralen Parlamentariergruppen versammeln sich fraktionsübergreifend Bundestagsabgeordnete und pflegen durch Konferenzen, Informationsreisen oder persönlichen Austausch enge Kontakte zu Parlamenten in aller Welt. Dabei steht der Dialog mit den Parlamentarier/innen der Partnerländer oder -regionen im Vordergrund, aber es wird auch Kontakt gehalten zu Regierungs- und Oppositionsmitgliedern sowie der Zivilgesellschaft mit dem Ziel, Menschenrechte, Parlament und die Demokratie zu stärken. So gibt es viele fraktionsübergreifende und fraktionsinterne Gruppierungen, die die informellen Netzwerke und Seilschaften um eine weniger exklusive Möglichkeit der Vernetzung, Meinungsbildung und Interessenvertretung ergänzen.

Melanie Wegling
ist die direkt gewählte SPD-Abgeordnete für den Kreis im Bundestag;
melanie.wegling@bundestag.de

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