Butzers Ankunft

Von Klaus Meinke.

Wir wohnten Anfang der fünfziger Jahre in der Sackgasse. Der Onkel meines Vaters hatte ihn „überzeugt“, dass wir einen Hund brauchen.

Der musste natürlich ein Airedale Terrier sein, denn das waren die schönsten und besten Hunde und deshalb immer wieder die treuen Begleiter des Onkels. Aus der Sowjetischen Zone, vom Züchter, von dem auch der Onkel seinen hatte, kam eines Tages eine große Kiste. Nach Bahntransport und Kleinlastwagengerumpel war das arme Jungtier endlich auf dem Hof des Hauses. Er bellte und sprang gegen die Latten. Endlich öffnete mein Vater die Kiste, und übermütig sprang das große Jungtier heraus. Es war fast so groß wie ich selbst und hatte mich offensichtlich sofort ins Herz geschlossen. Es sprang mich an, warf mich um, leckte mein Gesicht, und mein Vater musste dann die Kopfwunde versorgen, die der Sturz verursacht hatte.

Aber trotzdem wurden wir beste Freunde und Butzer, mein Beschützer, wurde im ganzen Dorf bekannt, denn er ging oft auch alleine spazieren, und das war in dieser Zeit, wo es noch auf vielen Bauernhöfen Kettenhunde an kurzer Kette gab, etwas Besonderes.

Autofreund Butzer

Butzer war begeisterter Autofahrer. Zwar war sein Platz sehr beengt im Fußraum meiner Mutter in einem „Brezel-Käfer“, aber das tat zumindest seiner Lust am Autofahren keinen Abbruch. So versuchte er möglichst frühzeitig, sich seinen Platz zu sichern, wenn er merkte, dass ein Sonntagsausflug anstand.

Ab und an ging es sonntags zum Bruder meiner Mutter nach Oberursel, und da gefiel es auch Butzer, denn der Onkel wohnte als Verwalter in einem Tagungshaus mit großem Park, in dem Butzer frei toben durfte.

Als mal wieder ein Besuch geplant war, buk meine Mutter am Tag vor dem Besuch einen schönen Apfelkuchen, verpackte ihn und stellte ihn am Sonntagmorgen schon mal vor der Abfahrt ins Auto. Beim Käfer gab es hinter der Rücksitzbank einen offenen Kofferraum, der dafür ideal war.

Als dann endlich die Kinder fertig angezogen waren und die Fahrt losgehen sollte, wurde Butzer vermisst. Er war nirgends in der Wohnung – natürlich nicht. Denn der Autonarr war schon eingestiegen, und als wir ans Auto kamen, saß er schon stolz drin. Allerdings nicht auf seinem Platz, sondern im Kofferraum hinter den Sitzen auf dem Kuchen! Da waren Kuchen und Eltern platt! Da er gut verpackt war rettete meine Mutter das wichtige Mitbringsel und dem Onkel wurde erst nach dem Kaffee von Butzers Tat erzählt.

Butzers Freund

Patt hieß Butzers Freund und war der Hund meines Großonkels. Gemeinsame Spaziergänge in Mitteldick, als Treffpunkt zwischen Frankfurt und Worfelden mit idealen Spazierwegen, oder in Mönchbruch (Foto) liebten beide Hunde.

Patt war sehr gut erzogen und überaus gehorsam und Großonkel Hans war stolz darauf. Unsere Urgroßeltern waren nach ihrer Flucht aus Breslau in Mönchbruch untergebracht. Einmal war die Familie in ihrem recht kleinen Zimmer zu  einer Geburtstagsfeier versammelt. Beide, Butzer und Patt lagen ruhig im Zimmer während die Geburtstagsgesellschaft schon am Tische saß.

Wie so oft erzählte das stolze Herrchen von Patt, von den tollen Leistungen seines Hundes. Ein Wunderhund! „Letzt mußte ich mit ihm zum Tierarzt“ so erzählte er, „und der  Tierarzt meinte, dass er unmöglich den großen, schweren Hund auf den Behandlungstisch heben kann. Aber“ so fuhr er fort „das war für mich und meinen wohlerzogenen Hund kein Problem“ und er hob seine Hand während er sprach und klopfte auf den festlich gedeckten Tisch mit den Worten “Patt hopp! Und der Tierarzt war erstaunt wie schnell mein guter Patt oben war!“ Aber wie groß war sein und das Erstaunen der gesamten Familie, als bei diesen Worten der brave Hund tatsächlich aufsprang und stolz auf dem Kaffeetisch stand. Zum Glück blieb das Geschirr heil und alle konnten über den stolzen Hund lachen – und über seinen stolzen Herren.

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