Freiheit beginnt, wo Sucht endet

Von Ulf Krone.

Das 1896 vom katholischen Priester Josef Neumann in Aachen gegründete Kreuzbündnis ist ein Fachverband des Deutschen Caritas-Verbandes. Als Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft bietet der Verband, der seit 1926 den Namen Kreuzbund führt, Hilfe für Alkohol- und Medikamentenabhängige und deren Angehörige.

Bereits 1974 fanden sich in der Kreisstadt die Gründungsmitglieder Heinz und Ilse Fugge sowie Georg Dammel und Erika und Bruno Moritz zu einer Selbsthilfegruppe zusammen. Allerdings sollte es noch bis zum 1. September 1975 dauern, bis die erste Kreuzbund-Gruppe Groß-Gerau offiziell im Stammsitz des Verbands in Hamm gemeldet wurde.

Heute treffen sich Betroffene regelmäßig in verschiedenen Selbsthilfegruppen, um sich dauerhaft ohne Suchtmittel im Alltag zurecht zu finden, Probleme zu lösen und eine positive Lebenseinstellung zu gewinnen. Darüber hinaus werden Anreize und Ideen für eine suchtmittelfreie Freizeitgestaltung miteinander geteilt.

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens stellen der Vorsitzende Edo Klün und seine Stellvertreterin Regina Karhan die Selbsthilfegemeinschaft im Gespräch mit WIR-Redakteur Ulf Krone vor.

In diesem Jahr kann man in den Kreuzbundgruppen Groß-Gerau und Umgebung auf stolze 50 Jahre Arbeit in der Sucht-Selbsthilfe zurückblicken. Bitte erläutern Sie all jenen, die noch nicht wissen, was der Kreuzbund eigentlich ist, noch einmal das Konzept dahinter!

Edo Klün: Der Kreuzbund ist eine Suchtselbsthilfegemeinschaft für Suchtkranke aller Art und deren Angehörige. Gegründet wurde die erste Gruppe 1974, im Verband angemeldet aber erst 1975. Daher feiern wir erst in diesem Jahr das 50jährige Bestehen.

In unserer offenen Informationsgruppe – jeden Mittwoch um 19 Uhr – kann jeder, der ein Suchtproblem hat, ohne Anmeldung und jederzeit unsere Hilfe und Unterstützung in Anspruch nehmen. Ebenso können sich auch mit betroffene Angehörige oder Freunde bei uns umfassend informieren, welche Möglichkeiten es gibt, dem Suchtkranken zu helfen.

Was heißt das konkret? Wie sieht die Arbeit in den Gruppen aus?

Regina Karhan: In unserer Infogruppe werden den Menschen, die mit dem Suchtmittel noch behaftet sind, Wege aufgezeigt, die es gibt, um abstinent zu werden und zu bleiben. In unseren festen Gruppen steht das Suchtmittel dann nicht mehr im Vordergrund. Die Mitglieder in diesen Gruppen sind seit geraumer Zeit suchtmittelfrei. Um keinen Druck aufkommen zu lassen, werden hier hauptsächlich die alltäglichen Probleme beredet.

Welche Rolle spielt bei der Suchthilfe das Umfeld des Betroffenen, welche Rolle spielen die Angehörigen und Freunde?

Edo Klün: Es ist leider so, dass in dem Umfeld des Betroffenen in der Regel weder Kenntnis noch Verständnis für die Krankheit vorhanden sind. Unser erster Ansatz ist es daher, Angehörige über die Krankheit aufzuklären. Der Angehörige hat dadurch die Möglichkeit, bei dem Suchtkranken Druck auszuüben, damit sich der Suchtkranke selbständig Hilfe suchen muss. Freunde, die die Krankheit verstehen und kennen, sind gute Ansprechpartner für den Suchtkranken.

Wenn man auf die Entwicklung des Menschen blickt, stellt man fest, dass das Rauchen und der Alkohol uns immer begleitet haben. Entsprechend ist Suchtverhalten ebenso lang ein Thema. Wo stehen wir dabei heute Ihrer Erfahrung zufolge?

Edo Klün: Dadurch, dass es Alkohol und Tabakwaren frei zu kaufen gibt – und das trotz Altersbeschränkung – wird es immer Menschen geben, die in diese beiden Süchte abrutschen. Entweder ist es die Entwicklung in der Kindheit und Jugendzeit, oder es ist die Gruppendynamik mit Gleichaltrigen. Beim Rauchen ist es meist eine „coole“ Sache, und beim Alkohol sind es in der Regel die Hilflosigkeit und ein schwaches Selbstwertgefühl. Wir als Selbsthilfevereinigung können nur auf die Gefahren dieser Süchte hinweisen, die nach wie vor in sehr hohem Maße bestehen.

Was würden Sie sich wünschen, um die Menschen – und besonders die jungen – vor den Gefahren einer Sucht zu bewahren?

Regina Karhan: Ein Weg wäre z.B. ein konsequentes Werbeverbot in allen Medien. Solange dem Zuschauer vorgegaukelt wird, dass Alkohol eine entspannende Wirkung verursachen soll, nehmen viele diese unterschwellige Behauptung für bare Münze. Dabei ist Aufklärung über den Schaden, den diese beiden Suchtmittel bei den Menschen anrichten, dringend notwendig.

Für dich vielleicht ebenfalls interessant …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert