Habeck gibt’s noch obendrauf
Von W. Christian Schmitt.
In dieser Rubrik geht es um Dichter, Poeten, Lyriker, Verse-Schmiede, Wort-Produzenten etc. und um all das, was sie uns an Geschriebenem hinterlassen haben. Doch vor allem um das, was mir beim Katalogisieren meiner Lyrik-Bibliothek (neuerlich) begegnet, aufgefallen ist – und woran ich mich erinnere. Diesmal geht es um 92 Autoren (und ihre 229 Bücher) mit dem Anfangs-Buchstaben H.
Heute mal eine Frage vorab: An welches Gedicht erinnern Sie sich noch, als es (früher) in der Schule hieß „Bis morgen auswendig lernen?“ Zusatzfrage: Und von wem stammte das Gedicht? Schwierig, schwierig. Gut, dass es auch dazu Nachschlagewerke gibt. Zum Beispiel das bei Haude & Spener 1969 erschienene 564 Seiten dicke Werk mit eben diesem Titel „Von wem ist das Gedicht?“. Anneliese Dühmert hat auf der Grundlage von 50 deutschsprachigen Anthologien eine Übersicht zusammengestellt, die Lyrik-Freunden Freude bereiten dürfte. Einschränkung allerdings: Berücksichtigt sind nur Autoren, die zwischen 1500 und 1899 geboren – und in einer dieser Lyriksammlungen vertreten sind.
Und dazu gehören etliche nicht, die sich in meiner Bibliothek befinden; auch beim Buchstaben H. So beispielsweise Rudolf Hagelstange (1912-1984), den ich an seinem letzten Wohnort Erbach im Odenwald zum Interview besuchen konnte. Hagelstange, der 1948 mit „Venezianisches Credo“ (erschienen im Insel Verlag) auf sich aufmerksam machte, sagte mir 1983 beim Abschied: „Mein Lebensideal war erstens ein guter Poet zu werden…“. Auch Ulla Hahn (Jg. 1946), von der ich 12 Lyrikbände besitze (u.a. die 1988 bei DVA erschienene Sammlung „Unerhörte Nähe“) und deren Schaffen ich erstmals registrierte, als sie 1981 in Darmstadt mit dem Leonce- und Lena-Preis ausgezeichnet wurde (womit ihr bundesweiter Siegeszug als Autorin begann), zählt (für mich) zu den prägenden wie faszinierendsten Lyrikerinnen der Gegenwart. Das führte soweit, dass ich kurze Zeit später für ein Interview sogar bis nach Rom reiste, wo sie Gast der Villa Massimo war.
Nicht zu vergessen Autoren wie etwa Peter Handke (Jg. 1942), von dem ich u.a. die in 20 Briefumschläge gepackten „Deutschen Gedichte“ (1969 erschienen bei euphorion) beim Sortieren finde. Natürlich ist auch Peter Härtling (1933-2017) vertreten, u.a. mit der Gedichte-Sammlung „Anreden“ (1977 bei Luchterhand), in der auf Seite 58 ein Text über Marylin Monroe abgedruckt ist. Mit Härtling, der zuletzt in Mörfelden-Walldorf lebte, kam ich erstmals in Kontakt, als ich ihn 1978 für den WDR in Bergen-Enkheim aufsuchte, wo er gerade (u.a. nach Wolfgang Koeppen, Karl Krolow und Peter Rühmkorf) zum Stadtschreiber gewählt worden war.
Von den (damals) jüngeren Autoren ist der schreibfreudige Manfred Hausin (Jg. 1951) zu nennen, der 1991 bei Fackelträger den Band „Als ich einmal ein Dichter war“ veröffentlichte, bei den Davids Drucken 1997 mit den schelmischen Versen „Betteln und Hausin verboten!“ aufwartete und mit dem ich das Vergnügen hatte, ihn bereits 1972 als „Heide-Dichter“ in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung zu porträtieren.
Im Grunde reicht eine Folge dieser Kolumne nicht aus, um all jene mit ihren Werken zu nennen, die zu erwähnen wären. So z.B. natürlich Heinrich Heine (1797-1856), von dem ich gar 19 Lyrikbände mein eigen nenne, und der nicht nur mit „Deutschland – ein Wintermärchen“ (1946, gleich nach Kriegsende beim Wedding Verlag neu aufgelegt) zum Lyrik-Kanon zählt, sondern auch mit seinem „Loreley-Gedicht“ (zu finden im 1997 als Aufbau TB veröffentlichten Gedichteband „Lebensfahrt“) in Erinnerung bleibt.
Erwähnung finden sollen zudem Autoren wie Günter Herburger (u.a. „Training“, 1970 als Luchterhand Typoskript), Stephan Hermlin (u.a. „22 Balladen“ 1947 bei Volk und Welt) und selbstverständlich Hermann Hesse (u.a. „Vom Baum des Lebens“, 1952 erschienen in der Insel-Bibliothek), der rund 1.400 Gedichte hinterlassen hat, von denen jedes 10. ein Liebesgedicht war. Zu nennen wären sicher auch noch Friedrich Hölderlin (1770-1843), Ricarda Huch (1864-1947) und Hadayat-Ullah PG Hübsch (1946-2011), der 1969 bei Luchterhand mit dem nur 62 Seiten dicken Bändchen „mach was du willst“ debütierte.
Bliebe als letztes noch der Blick auf zwei Autoren, die mir wichtig sind: Jakob von Hoddies (1887-1942), der expressionistische Dichter, der u.a. mit seinem Gedicht „Weltende“ (enthalten in dem gleichnamigen Lyrikband, der 2001 bei Arche noch einmal erschienen ist) im Lyrik-Olymp seinen Platz hat. Und schließlich noch der Hinweis auf Ted Hughes „Birthday Letters“ (1998 im Programm der Frankfurter Verlagsanstalt). Warum ich gerade dieses Buch erwähne? Weil als Übersetzer kein anderer als Robert Habeck, der amtierende Vizekanzler dieser Republik, im Impressum genannt wird.