Offene Türen, offene Ohren

Von Melanie Wegling.

Wie können Bürgerinnen und Bürger Einfluss auf die Politik nehmen? Immer mal wieder höre ich die Auffassung: „Die da oben, die machen doch, was sie wollen.“ Oder: „Ich kann da eh nichts machen.“ Doch abgesehen von der Möglichkeit, wählen zu gehen und selbst politisch aktiv zu werden, gibt es verschiedene Wege, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Das gilt für einzelne Menschen und noch mehr für Menschen, die sich in Interessengruppen zusammenschließen.

Die Menschen im eigenen Wahlkreis zu kennen und mitzubekommen, was sie bewegt: Nur so kann Politik alltagsorientiert, bürgernah und gerecht sein. Deswegen reisen Politikerinnen und Politiker durch ihre Wahlkreise und treffen Menschen zu Hause, in Schulen, Vereinen und Unternehmen. Was sie hier an Problemen und Wünschen hören, können sie nicht immer eins zu eins umsetzen, aber es beeinflusst, für welche Themen sie sich stark machen, welche Ideen sie in ihre politische Arbeit einbringen und wie sie sich bei Abstimmungen verhalten.

Was auf Wahlkreisebene gilt, funktioniert auch im politischen Berlin. Der Bundestag bietet Bürgerinnen und Bürgern verschiedene Wege, auf die Politik Einfluss zu nehmen. So sorgt das Petitionsrecht dafür, dass jede und jeder sich mit einer Petition, also mit einer Bitte oder Beschwerde, an den Bundestag wenden kann, auch Kinder. Der Petitionsausschuss prüft jede Petition. Manchmal wird sogar ein Gesetz daraufhin geändert. Besonders großen Einfluss haben Petitionen, die von 50.000 Menschen oder mehr Personen unterstützt werden. Diese werden im Petitionsausschuss öffentlich beraten und der- oder diejenige, die die Petition eingereicht hat, erhält Rederecht.

Ähnlich läuft es bei öffentlichen Anhörungen. Geht es um Gesetzesänderungen oder neue Gesetze lassen sich Abgeordnete oft von Experten beraten. Dazu laden sie Fachleute aus Wissenschaft, Praxis und Zivilgesellschaft zu öffentlichen Anhörungen ein. Menschen, die sich in Interessengruppen engagieren, können an diesem Punkt des Gesetzgebungsverfahrens großen Einfluss nehmen.

Auch im Vorfeld können sie Politikerinnen und Politiker, die für ihr Thema in ihren Fraktionen zuständig sind, kontaktieren und ihnen ihren Standpunkt darlegen. So tausche ich mich regelmäßig mit einer Gruppe von jungen Menschen aus, die sich um eine zukunftsfähige Finanzpolitik kümmern. Auch vor den Verhandlungen zu Anpassungen des Genossenschaftsrechts habe ich mich mit einer Gruppe von jungen Genossenschaftlerinnen und Genossenschaftlern getroffen, die einen digitalen Beitritt zu einer Genossenschaft, die digitale Gründung und Eintragung sowie digitale bzw. hybride Versammlungen von Genossenschaften rechtlich ermöglichen wollten. Zum 1.1.2025 tritt die Gesetzesänderung mit den geforderten Punkten von GenoDigital in Kraft, ein toller Erfolg für die Initiative.

Erstmals in dieser Wahlperiode gab es auch einen Bürgerrat des Deutschen Bundestages: Per Los ausgewählte Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren erarbeiteten ein Gutachten mit konkreten Handlungsempfehlungen zum Thema Ernährung und damit eine wichtige Grundlage für zukünftige Gesetze in diesem Bereich.

Auch die Bundestagsfraktionen kümmern sich um einen intensiven Austausch mit Interessengruppen. Meine SPD-Bundestagsfraktion organisiert jährlich große Veranstaltungen, wie die Blaulichtkonferenz, die Betriebs- und Personalrätekonferenz, die Werkstatträtekonferenz oder auch die queerpolitische Menschenrechtskonferenz, das Black Voices Symposium oder die Fachtagung zum Thema „Wohnungslosigkeit überwinden“. So öffnen wir die Bundestagstüren für Interessengruppen, Betroffenenvertretungen und Menschen aus Wissenschaft und Praxis, um ihre Perspektiven in unsere politische Arbeit einzubringen.

Als Genossenschaftsbeauftragte meiner SPD-Fraktion lud ich im September zur großen Konferenz der Wohnungsbaugenossenschaften ein. Mit etwa 100 Genossenschaftlerinnen und Genossenschaftlern diskutierten wir, wie Genossenschaften zur Lösung der Wohnungskrise beitragen können und was sie von der Politik brauchen, um besser arbeiten zu können. Ihre Sorgen und Wünsche treffen auf ein offenes Ohr, denn als Fraktion wissen wir, dass Genossenschaften unsere Verbündete im Streben nach mehr bezahlbarem Wohnraum sind.

So ist es in der Wohnungspolitik wie in allen Bereichen: Die Politik braucht die Menschen, und die Menschen brauchen die Politik. Nur gemeinsam können wir gute und nachhaltige Lösungen für unser Zusammenleben finden. Damit dies gelingt, gibt es verschiedene Möglichkeiten des Austauschs und der Einflussnahme durch die Bürgerinnen und Bürger. Gerade in Hinblick auf die anstehenden Bundestagswahlen möchte ich allen empfehlen, diese Möglichkeiten zu nutzen.

Melanie Wegling
ist die direkt gewählte SPD-Abgeordnete für den Kreis im Bundestag;
melanie.wegling@bundestag.de

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