Tierische Freude

Von Rainer Beutel.

Die Groß-Gerauer Ortsgruppe des „Vereins für Deutsche Schäferhunde“ besucht regelmäßig das Seniorenwohn- und Pflegeheim Am Kastell, um älteren Menschen, die dort ihren Lebensabend verbringen, durch die Nähe zu liebevollen Hunden ein gutes Gefühl zu vermitteln. Mit von der Partie bei solchen Visiten ist Gabriele Berres aus Königstädten. Im Interview mit WIR-Redakteur Rainer Beutel erklärt sie, auf was es dabei ankommt und warum sie dafür gerne Zeit aufbringt.

Frau Berres, Sie bereiten Seniorinnen und Senioren gemeinsam mit ihrem Hund Quasty , wenn man so will, „tierische“ Freude. Warum engagieren Sie sich auf diese Art? 

Gabriele Berres: Das ist ein Gewinn für alle Beteiligten. Wir haben gesehen, dass ältere Menschen, die zum Teil auch nur noch beschränkt bewegungsfähig sind, sich über jede Abwechslung und Ablenkung vom ihrem Alltag freuen. Letztes Jahr hatten wir Bewohner des Altenpflegeheims noch auf unserem Vereinsgelände begrüßt, und dieses Jahr sind wir bei unserem Besuch immer wieder positiv auf diese Veranstaltung angesprochen worden. 

Mit welcher Resonanz?

Gabriele Berres: Wir konnten damals leider nur einen kleinen Teil der Bewohner einladen – bei unserem diesjährigen Besuch wurden wesentlich mehr Bewohner einbezogen. Für die Hunde ist eine solche Veranstaltung ein wunderbares Training im entspannten Umgang mit völlig fremden Personen. Die Hunde lassen sich stressfrei von anderen Leuten anfassen und reagieren auch nicht negativ auf ungewöhnliches Verhalten.

Wie sind Sie zum Schäferhundeverein GG gekommen?

Gabriele Berres: Mit einem Cocker-Spaniel im Schäferhundeverein zu üben und zu trainieren, ist keine so einfache Sache, da einige Ortsgruppen Wert auf die eigene Rasse legen und kleinere und mittlere Hunderassen nicht so stark gefördert werden. Die Ortsgruppe Groß-Gerau ist da einen anderen Weg gegangen und bildet völlig rasseunabhängig Hunde und oftmals auch Hundeführer aus. Dies geschieht im Gruppenunterricht, aber auch im Einzelunterricht, wobei sich je nach Bedarf viel Zeit für Hund und Führer genommen wird. Der Erfolg zeigt sich dann bei solchen Veranstaltungen.

Hat Ihr Hund eine besondere Ausbildung bekommen – wo wann und unter welchen Umständen?

Gabriele Berres: Ja und nein. Unsere Hunde werden bereits als Welpen von klein auf an Menschen und besondere Umweltsituationen gewöhnt. Dazu gehören auch Bus- und Bahnfahrten, Einkäufe in Läden (wobei das immer schwieriger wird), laute Lkw- und andere Fahrzeuggeräusche, etwa von Hochgeschwindigkeits-Fahrrädern. Im Wald muss sich der Hund an Wanderer mit Walking-Stöcken gewöhnen, und das Tier muss lernen, dass ein Rollator völlig ungefährlich ist. Bei unserem Schäferhund besteht neuerdings ein Interesse an Elektrorollern, die er noch nicht so ganz zuordnen kann. Die gab’s, als er Welpe war, noch nicht. Für das Tier bedeutet das ein lebenslanges Lernen. Das Umweltverhalten bewerten die Verbände bei der Begleithundeprüfung (der ersten Prüfung im Hundesportbereich) mit einer immer größeren Wertigkeit. 

Eignen sich für solche Besuche nur bestimmte Hunderassen?

Gabriele Berres: Nein. Erziehung ist keine Frage der Rasse, sondern des Umgangs des Menschen mit seinem Hund. Stimmt die Beziehung nicht, klappt es auch nicht mit anderen Leuten. Der Hund bringt seinem Hundeführer ein oftmals blindes Vertrauen entgegen, das der Hundeführer auch nie enttäuschen darf. Der Hundeführer selbst muss seinen Hund kennen, manchmal auch erst kennenlernen. Manche lernen es nie. Es gibt giftige und aggressive Kleinhunde und zarte und liebevolle Hunde, die als sogenannte Kampfhunderasse verschrien sind. 

Erzählen Sie doch mal: Wie reagieren Seniorinnen und Senioren unmittelbar auf einen Besuch? 

Gabriele Berres: Da gibt es nicht viel zu erzählen. Eine Riesen-Begeisterung, Dankbarkeit und Spaß und der Wunsch oder die Forderung: „bis zum nächsten Jahr“.

Entstehen dabei engere Bindungen zwischen Mensch und Tier?

Gabriele Berres: Nein. Die Hunde freuen sich, werden gestreichelt und geknuddelt, und von einigen Senioren gibt’s dann auch noch Leckerlis. Aber das war’s dann auch für die Tiere. Es kann durchaus sein, dass sich der Hund dann im nächsten Jahr noch erinnert: „Das war doch der Platz, wo es ganz viele Leckerlis gab“ und begeistert reinmarschiert, aber das ist dem Ort und nicht der Person geschuldet.

Geht das nur Rahmen der Vereinsmitgliedschaft oder könnte sich auch ein Halter privat einbringen?

Gabriele Berres: Bislang war das eine Veranstaltung zwischen Seniorenwohnheim und unserem Verein. Diese Frage kann ich insoweit nicht beantworten, da in unserem Rechtssystem für jede Aktion eine Rechtsverordnung besteht und sicher auch solche privaten Initiativen unter irgendeine Verordnung fallen, die ich nicht kenne. Wir arbeiten mit Tieren, ein Clown dürfte es da wohl einfacher haben.

Spüren Sie während eines Besuches auch einen positiven Effekt bei ihrem Hund? Empfindet dieser Freude am Wiedersehen oder zeigt Ihr Liebling ein besonderes Verhalten?

Gabriele Berres: Ein Hund denkt nicht in menschlichen Maßstäben, deshalb kann ich diese Frage ganz einfach mit Nein beantworten. Er hat sich allenfalls übers Streicheln gefreut, wird das aber nicht in irgendeiner Form im Nachhinein zum Ausdruck bringen.

Gabriele Berres, 68 Jahre, betreibt seit Anfang der 1990er Jahre Hundesport. Ihr Cocker-Spaniel Quasty ist neun Jahre alt.

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