Zukunft für Treburer Projekte

Von Rainer Beutel.
Kein Gegenkandidat und am 26. Januar gewählt mit 95,1 Prozent der Stimmen: Treburs Bürgermeister Jochen Engel hat den vollen Rückhalt in seiner Großgemeinde. Grund genug, mehr von seinen Zielen und den großen Aufgaben in den nächsten sechs Jahren zu erfahren. WIR-Redakteur Rainer Beutel hat bei ihm nachgefragt.
Herr Engel, was sind die drei wichtigsten Themen oder Aufgaben in den nächsten sechs Jahren?
Jochen Engel: Aktuell sind die Finanzen ganz oben auf der Agenda. Hier stehen wir mit dem Rücken an der Wand und müssen dringend mit Bund und Land ins Gespräch kommen.
Davon abgesehen haben wir aber noch viele Projekte in der Pipeline. Das neue Feuerwehrgerätehaus in Trebur soll dieses Jahr fertiggestellt werden. In Geinsheim werden wir mit dem Neubau der Kita Kleine Welt starten, bei der eine fünfgruppige Einrichtung entsteht und zudem in den Obergeschossen rund 20 (altersgerechte) Wohnungen entstehen.
Auf der Hessenaue steht die Sanierung des Dorfgemeinschaftshauses bevor und für Astheim hat die Gemeindevertretung einstimmig den Bau eines inklusiven Spielplatzes beschlossen – also eines Spielplatzes auf dem auch Kinder mit Handicap mitspielen können.
Was ist mit dem Leitbild für Trebur?
Jochen Engel: Richtig, das wollte ich gerade betonen: Das Leitbild, das wir mit Bürgerinnen und Bürgern entwickelt haben, bietet noch eine ganze Ideenliste mit vielen kleinen Projekten, die wir angehen wollen. Bisher sind daraus beispielsweise das Repair Café, ein Straßenflohmarkt und der Treburer Bürgergarten entstanden. Als nächstes stehen ein Bücherschrank für die Hessenaue und die Aufstellung von Mitfahrbänken an. Zu guter Letzt müssen wir für unser „Sorgenkind“, das Eigenheim, noch eine Lösung finden. Das gestaltet sich aktuell, mangels Fördermittel, aber schwieriger denn je.
Ganz allgemein gefragt: Können Bürgermeister in Zeiten knapper Kassen in den Kommunen überhaupt noch Visionen umsetzen oder geht es nur darum, das Alltagsgeschäft zu bewältigen?
Jochen Engel: Der Gestaltungsspielraum geht momentan gegen Null. Die Kommunen tragen bundesweit 28 Prozent der Staatskosten und erhalten nur 14 Prozent der Steuereinnahmen. Wenn sich an dieser Verteilung nichts ändert, fahren wir die Städte und Gemeinden mit Ansage gegen die Wand.
Aktuell läuft es so, dass viele steuerliche Entlastungen und neue Ideen, die in Berlin beschlossen werden, vor Ort nur noch mit massiven Steuererhöhungen finanziert werden können. Wir bemühen uns, diese Entwicklung transparent aufzuzeigen, aber ich habe das Gefühl, dass die Menschen zunehmend weniger Verständnis dafür haben – nachvollziehbarerweise.
Wenn Sie die nächsten zehn,
20 Jahre vor sich sehen: Was wäre eigentlich wünschenswert für Trebur?
Jochen Engel: Im Leitbildprozess wurde der Satz kreiert: „Trebur soll werden, wie es ist“. Das drückt es perfekt aus – wir müssen unsere Gemeinde nicht auf den Kopf stellen oder auf Teufel komm raus entwickeln. Denn Vieles ist heute schon gut. Unsere Aufgabe besteht vor allem darin das Gute zu behalten, was schon recht anspruchsvoll ist.
Aber natürlich gibt es auch noch einiges zu verbessern. Das betrifft vor allem das große Thema „Verkehr“ und den großen Wunsch, dass es endlich etwas ruhiger wird. Aber auch kleinere Dinge bewegen unsere Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel die Pflege und Sauberkeit von Grünflächen – sowohl öffentlicher wie auch privater Vorgärten, die mitunter auf die Gehwege ragen. Das wollen wir aber schon deutlich früher schaffen und sind deshalb gerade dabei, uns personell neu aufzustellen.

Sie deuten es an – die Ortsumfahrung oder Umgehungsstraße: Wie ist der Planungsstand, was sind die nächsten Schritte?
Jochen Engel: Zu Beginn meiner Amtszeit haben wir das Projekt komplett neu aufgesetzt, weil die Planungen bis dato festgefahren waren und nicht so richtig vom Fleck gekommen sind. Mit einem externen Planungsbüro, das große Erfahrung und Kompetenz bei solchen Infrastrukturprojekten hat, sind wir seither ein gutes Stück vorangekommen. Aufgrund etlicher planerischer und teilweise bürokratischer Hürden war aber auch klar, dass selbst bei idealem Projektverlauf wohl fünf bis zehn Jahre bis zum Planfeststellungsbeschluss (sozusagen der Baugenehmigung) vergehen werden.
Inzwischen sind viele Untersuchungen und Gutachten (Verkehr, Natur- und Umwelt, Boden, Lärm etc.) abgeschlossen, und wir stehen kurz vor der Auswahl der sogenannten Vorzugsvariante für den späteren Straßenbau. Dazu wird es in der ersten Jahreshälfte noch eine Bürgerversammlung geben.
Werden Sie als Bürgermeister den Baubeginn erleben?
Jochen Engel: Natürlich ist es eines meiner großen Ziele, dabei zu sein, wenn wir die Umgehungsstraße einweihen können. Ob ich die Umsetzung als Bürgermeister erlebe, wird aber auch davon abhängen, wie schnell die Planfeststellungbehörde zum Abschluss kommt und wie lange es die Treburer mit mir aushalten.
Aus der Kreisstadt ist zu hören, dass die Umlagen weiter steigen sollen. Wie kommt Trebur damit klar?
Jochen Engel: Wir können das überhaupt nicht mehr stemmen. Schon im letzten Jahr hatte die Erhöhung der Kreisumlage für uns eine Mehrbelastung von fast einer Million Euro pro Jahr zur Folge. Das entspricht ziemlich genau der Erhöhung der Grundsteuer B, die wir anschließend an die Bürgerinnen und Bürger weitergeben mussten. Sollte die für 2025 angekündigte weitere Erhöhung der Kreis- und der Schulumlage vom Kreistag beschlossen werden, müssten wir nochmal 1,4 Millionen Euro pro Jahr mehr bezahlen. Für die kommenden Jahre zeichnet sich eine noch weiter steigende Entwicklung ab.
Im Rückblick auf Ihre erste Amtszeit: was ist Ihnen hervorragend gelungen, was hätte besser laufen können?
Jochen Engel: Wir haben die Kommunikation und auch die Transparenz der Gemeinde deutlich verbessert. Sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für die Mitglieder unserer Gremien werden Sachverhalte damit deutlich nachvollziehbarer. Ich versuche zudem sehr nah an den Bürgern und deren Problemen dran zu sein und denke, dass mir das auch gut gelingt. Außerdem sind wir als Ortsgemeinschaft deutlich zusammengerückt. Damit haben wir gemeinsam viele Projekte hinbekommen, die früher schwer vorstellbar gewesen wären. Es gab nicht die einzelne bedeutende Fehlentscheidung, aber natürlich kommen immer mal wieder Themen, die ich im Nachgang anders machen oder bei denen ich in Zukunft schneller entscheiden würde.
Und was erwarten oder hoffen Sie im Hinblick auf die nächste Kommunalwahl?
Jochen Engel: In der aktuellen Besetzung der Gemeindevertretung können wir meistens sehr gut und konstruktiv im Sinne unserer Gemeinde arbeiten. Alle haben verstanden, dass das miteinander am besten klappt. Das hängt natürlich ganz entscheidend von den Menschen ab, die Mitglied in unseren Gremien sind. Daher wünsche ich mir, dass sich viele engagierte Menschen zur Wahl stellen, wir eine hohe Wahlbeteiligung haben und sich am Ende eine Zusammensetzung findet, mit der wir ähnlich gut arbeiten können wie im Moment.
