Banker mit sozialer Verantwortung

Von Walter Keber.

Mit Unterstützung der Kreissparkasse Groß-Gerau ist 2007 das Buch „Gesichter & Geschichten aus dem Kreis Groß-Gerau“ im Welzenbach Verlag erschienen (263 Seiten, 19,80 Euro). Es enthält 123 Porträts, verfasst von dem Journalisten Walter Keber (wkeber@t-online.de). Mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor druckt das WIR-Magazin diesmal einen Beitrag über Günther Holthaus, der auf unserem Foto Glückwünsche von Hans Wieschollek entgegen nimmt.

Der langjährige Chef der Kreissparkasse Groß-Gerau ist weder ein aalglatter Manager noch ein trockener Zahlen-Freak. Günther Holthaus, zehn Jahre lang Vorstandsvorsitzender dieses im Kreis bedeutenden Unternehmens, hob nie ab trotz großer Erfolge, blieb bescheiden und liebenswürdig, gilt vielen heute noch – längst im Ruhestand – als mustergültiger Vorgesetzter.

Nie vergaß er den Blick nach draußen auf die Gesellschaft und die soziale Verantwortung des Unternehmens. Eng fühlt sich der am 11. Oktober 1928 in der Kreisstadt Geborene der Region und ihren Menschen verbunden. „Ich bin ein richtiger Groß-Gerauer.“ Vermutlich erklären solch feste Wurzeln, gepaart mit Fleiß, Können, Einsatzkraft sowie großem Ideenreichtum – all dies ohne brutale Ellenbogen – den Erfolg dieses Mannes. Im Zeitraffer hört sich vieles an seinem Werdegang vom Start 1943 mit einer Lehre bei der Sparkasse spielerisch leicht an. Doch wer näher hinschaut, erkennt schnell, wie viel Engagement und Leistungsbereitschaft für solch eine klassische Karriere vom Stift zum Vorstandschef notwendig war.

Als Luftwaffenhelfer in französische Kriegsgefangenschaft geraten, kam Günther Holthaus 1945 nach Groß-Gerau zurück und konnte wieder bei der Kreissparkasse anfangen. Bis in die Fünfzigerjahre durchlief er verschiedene Abteilungen, lernte alle Zweige des Sparkassengeschäfts intim kennen. Alle Prüfungen bestand er erfolgreich, machte die erste und zweite Fachprüfung in Darmstadt und Frankfurt, war am Ende auf der Ebene eines Sparkassenbetriebswirts angelangt. 1955 wurde Holthaus in Nauheim Leiter der Filiale, die damals einen großen Sprung nach vorne machte, vor allem auch mit einem Aus- und Neubau im Jahr 1957. Und solche Projekte verfolgten ihn sein Leben lang, waren Herausforderung und Ansporn, machten aber auch Spaß – und waren letztlich der Karriere förderlich. Seine große Stunde schlug 1963, als er die Dependance Kelsterbach übernahm, ein gutes Sprungbrett. Zunächst war er gar nicht begeistert, kannte Kelsterbach kaum. Zudem bedeutete das aufgrund des Codex der Kreissparkasse mit Residenzpflicht vor Ort für die Zweigstellenleiter einen erneuten Umzug. Doch schnell fasste Holthaus Fuß in der Perle am Untermain, die damals gerade viel Glanz wegen ihres neuen Reichtums gewann. Durch Geländeverkauf für die Werke Ticona und Caltex flossen viele Millionen Mark in den Stadtsäckel, hinzu kamen Einnahmen vom damals noch teilweise auf Kelsterbacher Gemarkung liegenden Flughafen. All dies wollte vernünftig zur Mehrung des Stadtvermögens angelegt sein. Bis 1969 leitete Holthaus diese Außenstelle, wo bei seinem Beginn wieder ein Neubau fällig gewesen war. Außerdem musste in einem Kraftakt das gesamte Buchungssystem über Nacht auf ein modernes Verfahren umgestellt werden.

Damals herrschte am Ort ein Hauch von Goldgräberstimmung. Und Holthaus achtete darauf, dass die Kreissparkasse vom neuen Image und der Prosperität des einst armen Hasenhaarschneiderdorfs profitierte. Einfach war das nicht immer, denn im Rathaus saßen harte Verhandlungspartner, die auf gute und zinsträchtige Verträge achteten. Doch letztlich gelang es immer wieder, sich zusammenzuraufen. Vor allem kannte Günther Holthaus die am Ort Agierenden gut, wurde nicht nur als exzellenter Fachmann in Sachen Finanzen, sondern auch als Mensch geschätzt. Dass er sich als Neu-Kelsterbacher zudem in der lokalen Vereinsszene engagierte, beim Tennis-Club bald eine führende Rolle spielte, bescherte ihm den positiven Stallgeruch, den Kelsterbacher schätzen.

1969 wurde Holthaus – zum Oberamtsrat aufgestiegen – nach Rüsselsheim zum Leiter der größten Außenstelle der Kreissparkasse berufen. Dort hatte er schon während seiner Ausbildung einen Zwischenstopp eingelegt und hatte sich ob der enormen Möglichkeiten im Stillen vorgenommen: „Da willst du mal hin.“ Damals zählte Rüsselsheim ob enormer Gewerbesteuereinnahmen zu den reichsten Kommunen Deutschlands, wiederum eine Herausforderung für einen Banker. Eine gewaltige Aufgabe sei damals gewesen, auch für die zahlreichen ausländischen Arbeitnehmer Konten einzurichten. An manchen Zahltagen hätten die Kunden in mehreren Reihen bis auf die Straße hinaus gestanden. Auch diese Probleme bekam Holthaus wieder gut in den Griff.

Doch das Gastspiel in der Opelstadt währte nur kurz. Zum 1. Juli 1970 wurde Günther Holthaus zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse mit Sitz und Stimme im Führungsgremium nach Groß-Gerau berufen, und wurde 1971 ordentliches Vorstandsmitglied. Zum 1. Januar 1980 übernahm er endgültig den Chefsessel. Den hatte er bis zum 31. Januar 1990 inne, als er auf eigenen Wunsch in den Ruhestand wechselte. In jene Groß-Gerauer Jahre fiel nicht nur eine rasante Aufwärtsentwicklung der Kreissparkasse auf allen Geschäftsfeldern. Es war auch wieder mal ein Neubau fällig. Denn das alte Gebäude in der Innenstadt platzte aus allen Nähten, trotz der Übernahme von Räumen des früheren Landratsamts. Deshalb entstand nach einem Architektenwettbewerb der das Groß-Gerauer Stadtbild bis heute prägende Neubau am Marktplatz.

Immer sei ihm die gesellschaftliche Verpflichtung der Sparkasse ein Anliegen gewesen, bekennt Holthaus. In der besonderen Konstruktion der Sparkasse sei begründet, gute Ergebnisse nicht wie bei einer regulären Aktiengesellschaft nur als Dividende an die Aktionäre weiterzuleiten, sondern zahlreiche Projekte im sozialen, kulturellen und sportlichen Bereich zu fördern. „Als Sparkasse haben wir nie nur das Geldgeschäft gesehen.“

Das habe bei der Kreissparkasse eine lange Tradition, beispielsweise habe sie 1888 das erste Kranken- und Siechenhaus in Groß-Gerau auf diese Weise unterhalten. Zu dieser umfangreichen Förderung sagt Holthaus: „Der Kreis und seine Menschen haben das verdient.“ Dazu komme als eine Art zweite Schiene der Sparkasse der Prämiensparverein Rhein-Main, von dem in jedem Jahr Riesensummen an Bürger ausgeschüttet würden.

Obwohl seiner Arbeit von Herzen zugetan, habe er sich 1990 für den Ruhestand entschieden. Schließlich sei er unterm Strich gesehen rund 48 Jahre dabei gewesen. „Alles hat seine Zeit.“ Im Rückblick wertet er die damalige Entscheidung so: „Ich habe es nie bereut.“ So habe er unter anderem mehr Zeit gewonnen für seine Familie. Günther Holthaus ist verheiratet, hat zwei Kinder und drei Enkel. Eine Leidenschaft hat er neben seinem weiter anhaltenden Engagement in Vereinen bis heute bewahrt: „Ich schwimme für mein Leben gern.“

Zur Person Günther Holthaus: 1928 geboren in Groß-Gerau; 1943 Lehre bei der Kreissparkasse, 1945 nach der Kriegsgefangenschaft wieder bei der Kreissparkasse in Groß-Gerau; 1955 Filialleiter in Nauheim; 1963 bis 1969 Leitung in Kelsterbach, danach kurz in Rüsselsheim; 1970 stellvertretender Vorstandsvorsitzender, 1980 Vorstandsvorsitzender; 1990 Ruhestand; Verheiratet, zwei Kinder, drei Enkelkinder.

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