Der Lyrik-Flüsterer

In dieser neuen Rubrik geht es um Dichter, Poeten, Lyriker, Verse-Schmiede, Wort-Produzenten etc. und um all das, was sie uns an Geschriebenem hinterlassen haben. In einer kaum überschaubaren Fülle von Publikationen. Es geht darin um deren Gefühle, Erfahrungen, Beobachtungen, Empfindungen, um Erlebtes wie Erduldetes – verkürzt: um Liebe, Leid und Weltenschmerz. Damit letztlich auch um uns, unsere Welt, wie wir sie wahrnehmen. Im Alltäglichen wie Privaten, in unserer Gesellschaft, in all den Zeitläuften. Und es geht um all das, was sich mit Sprache beschreiben lässt. 

Die meisten Gedichte bringen – anders als etwa Romane – meist kurz und komprimiert das auf den Punkt, was Leben ausmacht, was dem Autor oder der Autorin wesentlich erscheint. Poeten lassen uns damit teilhaben an dem, was sie sehen, denken, fühlen. Sie, liebe WIR-Leser, sind nun (von und mit mir) eingeladen zur allmonatlichen Entdeckungsreise durch meine kleine Haus-Bibliothek. 

Aber, so ist zu fragen, wie kommt man eigentlich dazu, Gedichte zu lesen? Zu bestimmten Zeiten oder Anlässen von ihnen Beistand zu erhoffen. Meist beginnt solcherlei in den eher pubertären Entwicklungsphasen eines jeden. Dann folgen Begegnungen mit Texten während der Schulzeit. Mit entsprechenden mehr oder minder positiven Folgen. Mich beeindruckte z.B. etliche Jahre später die CD-ROM „Die digitale Bibliothek der deutschen Lyrik“, die „über 35.000 Gedichte“ enthielt. Und genau hier begann nach dem Lesen und Entdecken von Lyrik das Sammeln von Gedichtbänden, mittlerweile wohl mehr als 2.500 an der Zahl, die jetzt einer Katalogisierung bedürfen. Dabei werde ich sie alle neuerlich zur Hand nehmen, mich zu erinnern versuchen, was seinerzeit an diesem oder jenem Autor, an diesem oder jenem Gedicht von besonderem Interesse war, was vielleicht gar betroffen gemacht hat.

Dabei soll es nicht um eine literaturwissenschaftliche Einordnung, um Deutung oder gar Interpretation all der Inhalte jener Gedichtbände gehen, die im Laufe der Jahrzehnte sich bei mir angesammelt haben. Es geht um Sichtung und Sortierung all der poetischen Hinterlassenschaften aus vieler Herren Länder. Und es geht um Erinnerungen.

Doch wie fängt man solcherlei Katalogisieren an? Je näher diese sicher ungewöhnliche Kolumne rückte, umso bewusster wurde mir, auf welches nahezu unmögliche Unterfangen ich mich da einzulassen bereit bin. Klar war zunächst nur: Ich will über das Schreiben, was ich empfinde, was mir durch den Kopf geht beim neuerlichen Lesen in all diesen Büchern. Wem oder was werde ich da wieder begegnen? Auf welche Lieblingsgedichte werde ich neuerlich stoßen? An was wird mich dieser oder jener Vers erinnern? Wie lange mag es zurückliegen, dass ich für diese Autorin oder diesen Autor einst schwärmte? Was hat sich in meiner Sichtweise (wohl altersbedingt) geändert und was scheint über Jahrzehnte hin unverändert Bestand zu haben?

Was sagen dem Leser heute (noch) Lyrikbände, Anthologien wie z.B. „Denk ich an Deutschland in der Nacht“ (1946 erschienen im Karlsruher Verlag Volk und Zeit) oder die Gedichtsammlung „Der tausendjährige Rosenstrauch“, „Luchterhands Loseblatt Lyrik“ oder die „Jahrbücher der Lyrik“? Wie hat Kurt Pinthus´ 1920 bei Rowohlt aufgelegte, legendäre Anthologie „Menschheits Dämmerung. Symphonie jüngster Dichtung“ die Zeit überstanden? Oder besser: wie zeitgemäß ist sie geblieben? Nur ein Beispiel von etlichen.

Was sagen mir 2022 etwa „Gedichte gegen den Krieg“ (1961 bei Kindler erschienen) oder die von Hans Werner Richter beim dtv 1985 herausgegebene Sammlung „Deine Söhne, Europa. Gedichte deutscher Kriegsgefangener“?

Fangen wir einfach an mit dem Sichten und Sortieren und beginnen in der nächsten Folge bei A mit Anna Achmatowa und dem 1998 im Steidl Verlag erschienenen Band „Ein niedagewesener Herbst“ (versehen mit Aquarellen von Sarah Kirsch.

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