Historische Chance vertan

Von Rainer Beutel.

Verkehrsexperte Bernhard König (Foto) beurteilt die geplante und beschlossene Umgestaltung der Frankfurter Straße am Historischen Rathaus kritisch. Der Vorsitzende der Kreisverkehrswacht hätte es begrüßt, wenn die Maßnahme in ein breiter angelegtes Konzept eingebunden worden wäre, das sich auf Fakten und Zahlen stützt.

So aber „vergibt Groß-Gerau eine historische Chance“, sagt er bei einem Ortstermin mit WIR-Redakteur Rainer Beutel. Er untermauert seine Aussage nachdrücklich. Denn aus anderen Städten und Gemeinden, in denen bei solchen Vorhaben zumindest mal die Kreisverkehrswacht beratend hinzugezogen wird, ist er gewohnt, dass zusätzliche externe und weitere neutrale Quellen bzw. Experten zu Wort kommen. Dies vor allem aus einem Grund: So werden Projekte nicht kurzerhand durchgewunken, sondern umfassend beleuchtet.

„Ich hätte erst einmal eine Verkehrszählung veranlasst“, betont König. Die bisher vorliegenden Angaben, wie viele Fahrzeuge das Historische Rathaus täglich passieren, beruhen nach seinen Kenntnisse auf zehn, zwölf Jahre alten Messungen. Dass sich aber mittlerweile auch der Radfahrverkehr verändert und vor allem vermehrt hat, gerade auch in Innenstädten, sei bekannt. König legt Angaben über Unfallzahlen für den betroffenen Bereich vor. Sie stammen aus dem „Unfallatlas“ des statistischen Landesamts und sind im Internet online jederzeit abzurufen. Ergebnis: „Hält sich in Grenzen.“ Für 2021 wird beispielsweise ein Unfall mit Personenschaden im Zusammenhang mit einem Radfahrer unweit des Alten Rathauses nachgewiesen.

Auf der Grundlage aktueller Fakten wäre es seiner Ansicht nach möglich, neben der Frankfurter Straße auch die Mainzer, Darmstädter, Gernsheimer und Elisabethen-Straße sowie den Bereich des Marktplatzes zu bewerten und verkehrstechnisch neu zu ordnen. Somit könnten die vielen Groß-Gerauer Insellösungen beendet und alles harmonisiert werden – eine „historische Chance“, wie er nochmals betont.

Bei der nun angestrebten Änderung müsse klar sein, dass die Frankfurter Straße weiterhin eine Durchfahrtsmöglichkeit biete. Aber für wen? Für Kunden? Für den innerstädtischen Verkehr? Oder gar als Zubringer zur Autobahn? Solche Fragen könnten mit einer Verkehrsbefragung ohne technisches Equipment oder mittels „Section Control“ (Verfahren zur Kontrolle der Durchschnittgeschwindigkeit zwischen zwei Messpunkten) herausgefiltert werden. Angaben, wer warum und wie schnell wohin fährt, lägen der Stadt offenkundig nicht vor und sollten von der Straßenverkehrsbehörde ermittelt oder als Datenerhebung veranlasst werden, sagt König.

Auch beim Blick auf die gegenwärtige Situation merkt König einiges an. Die Schilder, die ein Überholverbot von Radfahrern vorschreiben, seien überflüssig und verkehrsrechtlich nicht zulässig. Die Straßenverkehrsordnung sehe nicht vor, dass eine Vorschrift doppelt angezeigt werde. Und da seit zwei Jahren der Mindestabstand zu Radfahrern innerorts mit 1,50 Meter festgelegt ist – bei einem Test demonstriert König, wie eng es am Alten Rathaus zugeht  – erübrigten sich Überholverbotsschilder von selbst. „Das ist doppelt gemoppelt, die Regelung besteht bereits. Die Schilder sind eigentlich nur als ‚Geschenk für Radfahrer‘ anzusehen“, sagt König. Sein Blick fällt auf ein Schild, das als Höchstgeschwindigkeit Tempo 10 bestimmt. Laut Straßenverkehrsordnung seien Tempo-10-Hinweise nicht vorgesehen, das heißt: nicht erlaubt. Es sei denn, es gebe eine Sondergenehmigung des Bundesinnenministeriums. Stattdessen gebe es das Zeichen 274.1 mit seinen jeweiligen Unternummern. Damit würden Tempo-30 oder Tempo-20 Zonen ausgewiesen.

Bernhard König
ist Vorsitzender der
Kreisverkehrswacht Groß-Gerau e.V.;
KVWGG@t-online.de

Tempo 20? Ja, zum Beispiel in einem „verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“. Genau das hält König für die Frankfurter und umliegende Straßen für sinnvoll (wenn dies durch Messungen bestätigt wird). Der Vorsitzende der Kreisverkehrswacht befürchtet, dass solche Möglichkeiten den Kommunen gar nicht bekannt sind. Wichtig bei all dem: ein Abwägungsprozess aufgrund von nachgewiesenen Fakten. Wie wird die Einkaufsmöglichkeit erhalten und die Durchfahrt beschränkt (oder weiterhin ermöglicht)? Was ist verkehrsrechtlich erlaubt? Wie kann der Groß-Gerauer Schilderwald gelichtet und alles vereinheitlicht werden? Solche und viele weitere Fragen (die König anspricht, hier aber zu weit führen würden) seien im Zusammenhang mit einer übergeordneten städtischen Entwicklung zu diskutieren, regt König an.

Letztlich kommt der Fachmann auf den geplanten Asphaltbelag zu sprechen. „Ich wüsste nicht, was es bringen soll“, kommentiert er. Verkehrsberuhigend sei das nicht. Schneller als Tempo 20 könne am Alten Rathaus ohnehin nicht gefahren werden, zumindest nicht tagsüber, wenn sich dort viele Radfahrer und Fußgänger aufhalten.

Kreisverkehrswacht Groß-Gerau e.V.

Stellungnahme der Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung zur Abstimmung

Der kurze Abschnitt der Frankfurter Straße (ca. 100 Meter) im Zentrum der Kreisstadt am Historischen Rathaus zwischen Darmstädter und Mainzer Straße war ursprünglich als Fußgängerzone geplant worden. Die Öffnung für den Verkehr in nördlicher Richtung hat Probleme gelöst, aber auch rechtliche Probleme geschaffen. So ist z.B. im derzeitigen Status offenbar keine Geschwindigkeitskontrolle möglich. Zuletzt hat die Stadtverordnetenversammlung daher die Umgestaltung des Verkehrsraums vor dem Historischen Rathaus beschlossen. Die Frankfurter Straße soll zur rechtskonformen Herstellung der Straßenbauanforderungen und der Steigerung der Verkehrssicherheit mit einer hellen Asphaltdecke ausgestattet werden, Kostenpunkt 255.000 Euro.

1. Welche Alternativen hätte es zu dieser Variante gegeben?

CDU: Nur die Möglichkeit, das Straßenstück mit neuen Pflastersteinen umzugestalten. Da eine Ausführung der Fahrbahndecke in grau gefärbten Asphalt schneller und preisgünstiger zu realisieren ist, haben wir uns dafür entschieden. Bei Asphalt entfällt das öftere Einsanden der Pflastersteine, die sich bei Befahrung lockern und anfangen zu klappern. Auch für sehbehinderte Menschen ist die graue Decke besser zu erkennen. Mit einer Asphaltdecke wird die Barrierefreiheit optimaler für Rollstühle hergestellt.

Bündnis 90/Grüne: Es ist vorgesehen, den Verkehrsarten getrennte Flächen zur Verfügung zu stellen. Für Kfz-Verkehr und Radverkehr ist eine 4 m breite Fahrbahn vorgesehen, die beidseitig durch eine Muldenrinne eingefasst wird. Die Breite von 4 m ermöglicht die Freigabe für den Radverkehr auch entgegen der Einbahnrichtung.

Für die Neugestaltung der Fahrbahn wurden zwei Varianten, eine mit Asphalt und eine mit einer Pflasteroberfläche, untersucht. Letztlich wurde die Variante mit einem hellgrauen Asphalt, wie er bereits in der Frankfurter Straße (Höhe Einmündung Kirchstraße) bzw. an der Zufahrt zum Marktplatz hergestellt wurde, beschlossen. Bei dieser Variante kann die unter dem Bestandspflaster vorhandene Schottertragschicht weiterhin genutzt werden und daher erhalten bleiben. Dadurch reduzieren sich Baukosten und Bauzeit. Die Asphaltdecke ist bei der vorhandenen Verkehrsbelastung dauerhafter und lässt geringere Unterhaltungskosten erwarten, da anzunehmen ist, dass eine Pflasteroberfläche auch in Zukunft durch die hohe Belastung immer wieder Schaden nimmt. Diese Variante fand also unter Aspekten der Baukosten, der Nachhaltigkeit und der geringeren Belastung der Anwohner unsere Zustimmung.

Eine neue Oberfläche soll lediglich im Bereich der Fahrbahn eingebracht werden. Die restlichen Flächen sollen, abgesehen von Anpassungsarbeiten an die neue Fahrbahn, erhalten bleiben. Im Hinblick auf Klima-Resilienz, Verschattung und Stadtbegrünung sollen zwei Parkplätze entfallen und Grünflächen mit Baumstandorten weichen. Durch die räumlichen Gegebenheiten und die verkehrsrechtlichen Vorgaben besteht wenig Spielraum, weshalb es lediglich Alternativen in der Art des Straßenbelags gegeben hat. Die vorhandene Pflasteroberfläche ist für die derzeitige Verkehrsbelastung ungeeignet. In den vergangenen Jahren mussten wiederholt Unterhaltungs- und Reparaturmaßnahmen durchgeführt werden, die jedoch keinen langfristigen Erfolg hatten. Die Pflastersteine lösen und verschieben sich immer wieder.

FDP: Der Stadtverordnetenversammlung wurden in der Sitzung vom 28.3.2023 insgesamt drei Varianten zur Kenntnis gebracht. Details finden sich auch in der öffentlichen Niederschrift für die Sitzung vom 28.3.2023.

Variante 1: Einbau einer neuen Oberfläche im Bereich der Fahrbahn für den Abschnitt Frankfurter Straße zwischen Darmstädter Straße und Mainzer Straße. Die restlichen Flächen in diesem Abschnitt sollen, abgesehen von Anpassungsarbeiten an die neue Fahrbahn, erhalten bleiben.

Variante 2: Greift Variante 1 auf, jedoch wird der Abschnitt Einmündung Mainzer Straße bis zu der bereits vorhandenen grauen Asphaltfläche an der Einmündung Kirchstraße ebenfalls erneuert, und die gesamte Fahrbahn wird mit einer grauen Asphaltfläche belegt.

Variante 3: Herstellung der Fahrbahnoberfläche mit einer Pflasterdecke nur zwischen Darmstädter Straße und Mainzer Straße, die gestalterisch näher an der bisherigen Pflasterfläche liegt.

Freie Wähler: Deutliche Verringerung der Durchfahrer! Anlieger ja, Durchfahrer nein. Die Straße müsste nicht dem hohen Verkehrsaufkommen angepasst werden. Statt endlich die verkehrlichen Situationen anzugehen, wird hier eine Straße in der Weise ertüchtigt, dass sie der aktuellen Fahrzeugbelastung Rechnung trägt. Es soll zudem eine Variante gewählt werden (Asphalt), die noch eher an eine Durchgangsstraße erinnert. Zur Ausbauvariante sagen wir: Pflaster statt Asphalt!

Kombi-FWG: Die Frankfurter Straße in diesem Bereich wieder zu einer Fußgängerzone umzuwidmen und dafür am frühen Vormittag und am späten Nachmittag stundenweise für das Befahren mit Kfz zu öffnen.

2. Wurden dazu auch Experten wie Verkehrsplaner oder -juristen befragt, und wenn nicht, warum?

CDU: Ein Verkehrsplanungsbüro (Anm. der Red.: Ingenieurbüro für Straßenbau) war im Vorfeld maßgeblich beteiligt.  Die abgestimmten Vorschläge wurden vom Fachplaner im zuständigen Fachausschuss ausführlich vorgestellt. Die beschlossene Ausführung der Straße ist unkritisch auf das Verkehrswegekonzept in der Kreisstadt.

Bündnis 90/Grüne: Mit der Umgestaltung der Frankfurter Straße in diesem Bereich wurde das Ingenieurbüro ASM (Anm. der Red.: Ingenieurbüro für Straßenbau) beauftragt, das die beschlossene Planung gemeinsam und unter Vorgaben des Fachamtes durchgeführt hat. Im Vorfeld in die Planung eingebunden waren selbstverständlich Ordnungsbehörde, Polizei und verkehrsrechtlich zuständige Behörden. Es liegt uns allerdings fern, die eigenen Fachämter bei der Beurteilung geplanter Vorhaben juristisch zu überprüfen. Es gibt für uns keinen Anlass, die Qualität und Korrektheit der Arbeit in Zweifel zu ziehen.

Da die Maßnahme einer raschen Beseitigung von offensichtlichen Missständen dient, trotzdem aber in ein ganzheitliches Verkehrskonzept für die Innenstadt eingebunden sein soll, wurden die erforderlichen Umplanungen so gering wie möglich gehalten. Die Erstellung eines übergeordneten Verkehrskonzeptes ist lange beschlossen, und diesem sollen die beschlossenen Umgestaltungsmaßnahmen nicht vorgreifen.

FDP: Die Stadtverwaltung hat ihre planerischen Überlegungen der Vorjahre wieder aufgenommen. Sie hatte die Möglichkeit, die ihr zur Verfügung stehende planerische und juristische Expertise einzubeziehen. Der Stadtverordnetenversammlung wurden in der Sitzung vom 28.3.2023 entsprechende Planungs- und Visualisierungsunterlagen zur Verfügung gestellt.

Freie Wähler: Dazu habe ich keine Kenntnis. Es wurde ausgeführt, dass die Straße wie beschrieben zu ertüchtigen sei.

Kombi-FWG: Das ist eine gute Frage, die nur die Verwaltung beantworten kann. Im Prinzip haben wir, die Fraktion KOMBI – FWG, in den letzten Jahren mehrere Anträge in den Verwaltungsumlauf gebracht mit dem Ziel, in diesem Bereich eine Änderung herbeizuführen. Als Fraktionsvorsitzender der KOMBI war ich der einzige, der sich bei der Verwaltungsvorlage gegen diese ausgesprochen hat. Eine Asphaltdecke, wie in der Vorlage beschrieben, ist nach meiner Meinung unmöglich. Bereits heute wird dieser Bereich mit erhöhter Geschwindigkeit befahren. Ich möchte mir nicht ausmalen, welche Geschwindigkeit auf einer Asphaltpiste gefahren wird. Verkehrssicherheit sieht für uns anders aus.  

Warum ausgerechnet in der Altstadt Pflaster durch Asphalt ausgetauscht werden muss, ist nicht nachvollziehbar. Die Unterhaltung von Straßen und Wegen kostet Geld, muss ich aber einfach 255.000 Euro ausgeben?

Vor dem historischen Rathaus während der Nacht der Sinne (Archiv)

3. Weshalb wurde dieses Thema (erst) jetzt angegangen, wenn es doch um Rechtskonformität und Sicherheit geht? Die Situation in der Frankfurter Straße besteht schließlich seit Jahren.

CDU: Dass das Thema jetzt aktuell wurde, fußt auf einem Antrag der gestalterischen Mehrheit zum Haushalt. Dort haben wir gefordert, dass nach Bürgerbeschwerden, das Straßenstück durch eine Blitzeranlage überwacht wird. Damit sollen die zu schnell fahrenden aber auch die, die entgegen der Einbahnstraße fahren zur Konformität mit dem Gesetz gezwungen werden. Dabei kam raus, dass erst die Situation so gestaltet werden muss, das eine Trennung von Fahrbahn und anderen Nutzungen gegeben ist. Der jetzige Zustand der Fläche lässt eine automatische Überwachung, insbesondere außerhalb der Dienstzeiten unsers gemeinsamen Ordnungsbezirkes, nicht zu. Natürlich besteht die jetzige Situation schon länger. Bisher gab es auch nur vereinzelt Beschwerden. Seit einiger Zeit häufen sich aber die Beschwerden über rüpelhaftes Verhalten einzelner Straßennutzer. Dem gehört ein Riegel vorgeschoben um eine gemeinsame Nutzung dieses Teilstückes, gefahrlos für alle Nutzer weiterhin zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere für die Sicherheit unserer Radfahrer und gewährleistet auch die Aufstellung des Verkehrszeichens 277.1 (Verbot des Überholens von Fahrrädern). Eine sehr große, Fraktionsübergreifende Mehrheit der Stadtverordneten fanden das Vorhaben gut und umsetzbar.

Bündnis 90/Grüne: Die Frankfurter Straße in diesem Bereich war als Fläche geplant, die überwiegend durch Fußgängerverkehr und nur äußerst eingeschränkt von Kraftfahrzeugverkehr genutzt werden sollte. Nach dem anfänglichen Versuch wurde sie jedoch wieder für den Kraftfahrzeugverkehr freigegeben und hat sich sehr schnell zu einer stark befahrenen Durchfahrt und innerstädtischen Verbindung entwickelt. Es gibt schon lange planerische Überlegungen, um die Gestaltung des Straßenraums der tatsächlichen Nutzung anzupassen. Ziel war die Verbesserung des Verkehrsablaufs für alle Verkehrsteilnehmer sowie die Beseitigung bzw. Minimierung bestehender Nutzungskonflikte. Seither ist die Verkehrsführung in diesem Bereich immer wieder politisches Thema und immer wieder auch Anlass zu Anträgen im Parlament. Einer dieser Anträge hatte dann im letzten Jahr zur Folge, dass sich nach ordnungsrechtlicher Prüfung herausstellte, dass Maßnahmen zur Verkehrsüberwachung nicht durchführbar sind, da durch die Gestaltung des Verkehrsraumes keine klare Trennung der einzelnen Verkehre erkennbar ist. Dem wird nun erfreulich schnell durch die beschlossene Maßnahme Abhilfe geschaffen. 

Wir erwarten uns für die Zukunft durch die klare Trennung der Verkehre weniger Konflikte und mehr Sicherheit. Wir freuen uns über die zeitnahe Umsetzung durch die Verwaltung, da der Radverkehr erkennbar zunimmt, es sich hier um einen Schulweg handelt und sich Fußgänger sicher durch Groß-Gerau bewegen können sollten. Hierzu trägt auch das durch die Verwaltung durchgesetzte Überholverbot von Fahrrädern in diesem Bereich bei, da so die Durchfahrtsgeschwindigkeit nochmals reduziert wird und eine ordnungsrechtliche Überwachung vereinfacht wird.

FDP: Objektive Details für eine vergangenheitsbezogene Antwort liegen der aktuellen Fraktion nicht vor. Die Tatsache, dass jetzt aber eine kurzfristig umsetzbare Lösung gefunden wurde, bleibt hiervon ungetrübt. Finanzielle Ressourcen werden mit Bedacht eingesetzt. Die gewählte Variante ist ein langfristig tragfähiger und guter Kompromiss zwischen Ästhetik, Belastbarkeit, Belastung und Sicherheit, auch im Hinblick auf die trittsichere Nutzbarkeit für eine demografisch evident älter werdende Bevölkerung, für die ein erreichbares Stadtzentrum als Quartier der Kommunikation wichtig ist.

Freie Wähler: Auch wir haben uns diese Frage gestellt und verstehen auch nicht, warum eine solche Entscheidung dann schnell übers Knie gebrochen wurde, ohne die Bürger oder die Stadtverordnetenversammlung im Vorfeld einzubeziehen.

Kombi-FWG: Wie schon erwähnt, wurden bereits seit Jahren von allen Fraktionen Anträge eingebracht mit dem Auftrag an die Verwaltung, die Frankfurter Straße in diesem Bereich neu zu gestalten. Anfängliches Zögern der Verwaltung und die vergangenen drei Jahre Corona haben ihr Übriges dazu beigetragen.

Anmerkung der Redaktion: ASM ist ein technisches Ingenieurbüro für Straßenbau. Verkehrsrechtsexperten wurden nicht genannt. Stellungnahmen weiterer Fraktionen lagen bis Redaktionsschluss nicht vor.

Schwer verständlich

Ein Kommentar von WIR-Herausgeber Michael Schleidt.

Dass am Straßenverkehr Menschen teilnehmen, die wenig Rücksicht nehmen, ist traurig, leider wahr und ein Ärgernis in dem kurzen Abschnitt der Frankfurter Straße am Historischen Rathaus in Groß-Gerau. Der Bereich war ursprünglich Fußgängerzone. Restaurants und ein Café laden zum Verweilen ein und eine langsame Durchfahrt versteht sich eigentlich von selbst.

Die Öffnung für den Verkehr hat Probleme gelöst und neue geschaffen, wie zu schnelles Fahren. Nun wird der Abschnitt neu gestaltet. Naheliegend war ein Blitzer – doch der sei dort nicht installierbar, weil es keine Fahrbahntrennung gebe und in Hessen ein Mindestabstand 100 Metern zum Temposchild gilt, sagt die Stadt. Die vorgeschriebene Distanz ist jedoch in Verwaltungsrichtlinien geregelt und Ausnahmen sind möglich. Ein verkehrsberuhigter Bereich käme aus Gründen des Verkehrsaufkommens nicht in Frage. Doch auch Geschäftsstraßen können verkehrsberuhigt werden. Und welche Verkehrsbelastung ein solcher Bereich tatsächlich verträgt, müsse „am Einzelfall geprüft werden“, schreibt der Verkehrsexperte Markus Herbst auf www.stvo2go.de.

Jetzt wundern sich viele Bürgerinnen und Bürger in der Kreisstadt darüber, dass im fraglichen Abschnitt ausgerechnet eine vier Meter breite Asphaltpiste die dringend notwendige Verkehrsberuhigung bringen soll. Zumal das damit einhergehende „Verbot des Überholens von einspurigen Fahrzeugen“ den fließenden Verkehr nur dann verlangsamen kann, wenn dort auch ein Fahrrad (o.ä.) fährt.

Zugegeben – juristisch ist die Sache kompliziert. Doch genau aus diesem Grund bleibt schwer verständlich, warum weder Verwaltung noch Parlament bei einer Investition von mehr als einer Viertelmillion Euro den Rat von Verkehrsrechtsexperten eingeholt haben.

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Eine Antwort

  1. Michael Müller-Puhlmann sagt:

    Die Verkehrspolitik der Groß-Gerauer Stadtverwaltung ist und bleibt ein Problemfall. Die schildbürgermäßige Bemalung der Jahnstraße, die die Sicherheit auf diesem vielbefahrenen Schulweg nicht erhöht, sondern viele Schüler und Eltern verunsichert, ist ein Beispiel dafür. Und jetzt noch die 255.000€ teure Asphaltierung der Frankfurter Straße vor dem Historischen Rathaus, die kein einziges Verkehrsproblem löst. Das von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene integrierte Mobilitätskonzept wird nicht einmal in Auftrag gegeben, weil dafür angeblich die Kapazitäten in der Stadtverwaltung fehlen. Aber für solchen Unsinn sind offensichtlich ausreichend Kapazitäten vorhanden! Nicht einmal juristisch ist das Ganze durchdacht! Ein sinnvolles Mobilitätskonzept statt der vielen Groß-Gerauer Insellösungen ist dringend nötig. Verwaltungsrechtler sind nicht unbedingt die besseren Verkehrsplaner und offensichtlich auch nicht die besseren Bürgermeister.