Der Weg der Gesetzgebung

Von Melanie Wegling.

Von der Initiative bis zur Verkündung:  1., 2., 3. Lesung, Anhörung, Kabinettsbeschluss, namentliche Abstimmung: Die Wege der Gesetzgebung scheinen manchmal unergründlich. Und auch wenn es mal so wirken kann, als wäre ein neues Gesetz wie vom Himmel gefallen, so geht ihm stets ein geregeltes Verfahren voraus, bei dem nicht selten die Zivilgesellschaft noch ein Wörtchen mitzureden hat.

Bei Gesprächen in meinem Wahlkreis Groß-Gerau oder auch mit Familie und Freunden werde ich oft mit zwei ganz unterschiedlichen Erwartungen konfrontiert: Während ich einerseits Wünsche höre, welches Gesetz ich – quasi im Alleingang – schnellstmöglich ändern sollte, höre ich andererseits immer wieder auch eine ganz andere Erwartung: dass die Menschen vor Ort gar keine Einflussmöglichkeit auf die Gesetzgebung hätten. Doch wie entstehen eigentlich Gesetze? Welche Rolle hat der Bundestag? Und wie viel Einflussmöglichkeit haben die Zivilgesellschaft und ich als einzelne Abgeordnete?

Am Anfang steht immer die Gesetzesinitiative. Diese kann von der Bundesregierung, dem Bundesrat oder einer Gruppe von Abgeordneten aus dem Bundestag ausgehen. Ein/e Abgeordnete/r allein hat also noch kein Initiativrecht. Heutzutage ist es meistens die Bundesregierung, die einen Gesetzentwurf einbringt. Dafür wird im zuständigen Ministerium eine Vorlage erarbeitet, die der Bundesregierung zum Beschluss vorgelegt wird. Kommt es zum Kabinettsbeschluss, geht die Vorlage an den Bundesrat, der dazu Stellung nimmt. Bereits jetzt entfachen Gesetzesinitiativen, wie es z.B. in jüngerer Zeit bei der Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) der Fall war, Diskussionen. Die Presse debattiert, Menschen schreiben den Abgeordneten ihres Wahlkreises und Interessengruppen suchen den Austausch. 

Die Beratung im Plenum des Bundestages beginnt dann mit der sogenannten ersten Lesung. Diese dient der Debatte über die politische Bedeutung des Gesetzesvorhabens und seiner Ziele. Nach der ersten Beratung wird der Gesetzentwurf an den zuständigen Ausschuss weitergeleitet. Hier findet die eigentliche Facharbeit statt, und es können noch einmal Änderungen an der Vorlage vorgenommen werden. Dazu bringen die Fachpolitiker/innen ihr Wissen ein. Oft werden auch Expert/innen z.B. aus der Wissenschaft, aus Verbänden oder Betroffenenvertretungen eingeladen, die in einer öffentlichen Anhörung ihren Standpunkt zum Gesetzentwurf mitteilen.  

So gab es z.B. zur Wahlrechtsreform eine öffentliche Anhörung, bei der von den unterschiedlichen Fraktionen vorgeschlagene Rechtswissenschaftler/innen zu Wort kamen und Stellungnahmen u.a. zur Verfassungsmäßigkeit des Gesetzentwurfs abgaben. Auf Grundlage ihrer Beratung wurden dann auch noch Änderungen am neuen Wahlgesetz vorgenommen. Auch in meinen beiden Ausschüssen, dem Bau- sowie dem Finanzausschuss, kommt es immer wieder zu Änderungen an Gesetzesvorlagen. Geht es um meine Fach-
themen, treffe ich mich dazu mit meinen Ko-Berichterstattern von den Grünen und der FDP und wir überlegen gemeinsam, wie wir das Gesetz gestalten möchten. Am Ende der Beratung in den Ausschüssen steht eine Beschlussempfehlung für das Plenum, die dann in einer zweiten Lesung zur Debatte steht. Nach evtl. Änderungen gibt es noch eine dritte Lesung und schließlich die Abstimmung. Das passiert nicht durch einfaches Handheben, sondern durch Aufstehen am Platz. Wird ein lang erarbeitetes Gesetz unter Jubelstürmen endlich verabschiedet, ist das ein richtiger Gänsehautmoment. Beim Beschluss des 12-Euro-Mindestlohns habe ich das zum ersten Mal erlebt, eine besondere Erinnerung. 

Ist das Gesetz angenommen, geht es an den Bundesrat. Gesetze, die die Rechte der Länder besonders berühren, sind zustimmungspflichtig. Lehnt der Bundesrat sie ab, wird der Vermittlungsausschluss angerufen. Kommen sie zustande, werden sie schließlich im Bundesgesetzblatt verkündet. Der Gesetzgebungsprozess ist abgeschlossen. Für mich geht die Arbeit aber weiter: Zuhause im Wahlkreis berichte ich von den neuen Beschlüssen und nehme Anregungen für die nächsten Gesetze mit.

Melanie Wegling
ist direkt gewählte SPD-Abgeordnete
für den Kreis Groß-Gerau im Bundestag;
Melanie.wegling@bundestag.de

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