Die Groß-Gerauer Posthalterei
Von Peter Erfurth.
Aus den Unterlagen des Stadtmuseums in Groß-Gerau.
Hessische Landeszeitung von 1940: Bevor die Eisenbahn kam (…) 1858 wurde die Eisenbahnlinie Darmstadt-Mainz in Betrieb genommen. Vor dieser grundlegenden Umwälzung des Verkehrswesens in der Heimat spielte der Fuhrverkehr eine bedeutsame Rolle. Er bewegte sich durch die drei Stadttore und war wohl am stärksten durch das Oppenheimer oder Nieder tor. Hier wickelte sich nicht nur der Verkehr zwischen Darmstadt und Mainz, sondern auch der zwischen der Pfalz und Frankfurt ab, der vor Inbetriebnahme der Bahnlinie besonders stark war. Die alte Nieder Gasse (heute Mainzer Straße) stand oft bis zum Rathaus voll von Fuhrwerken und Güterwagen, zu deren Schutz nachts Wächter bestellt wurden. Eine Reise war zu jener Zeit sehr beschwerlich, befanden sich doch auch die Wege oft in einem sehr schlechten Zustand. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts fuhr zwischen Darmstadt und Mainz nur zweimal ein Postwagen, der acht bis neun Personen faßte und dessen Pferde in der Groß-Gerauer Posthalterei gewechselt wurden. Daneben hatte ein Privatunternehmer noch einen Wagen laufen, den man das „Silberne Roß“ nannte und der täglich einmal zwischen Darmstadt und Mainz verkehrte.
Mit der Inbetriebnahme der Hessischen Ludwigsbahn 1858 und der Riedbahn am 24.September 1879 gewann Groß-Gerau verkehrswirtschaftlich stark an Bedeutung. Eine der ersten um diese Zeit künstlich angelegten Landstraßen dürfte die von Groß-Gerau über Geinsheim nach Oppenheim (Fähre) gewesen sein. Eng verbunden mit der verkehrswirtschaftlichen Entwicklung war die bauliche Vergrößerung der Kreisstadt. Die früher durch Tore und Gräben gezogene Grenze wurde bald durchbrochen, und mit der Zahl der neuerrichteten Wohnhäuser, die besonders nach dem Krieg 1870/71 ständig zunahm, wuchs auch die Bevölkerung.
Kreisblatt von 1842: Oeffentliche Bekanntmachungen Groß-Gerau, am 17. Januar 1842. Betreffend: Das Ausweichen auf der Straße. Der Großherzoglich Hessiche Kreisrath des Kreises Groß-Gerau an die Großh. Bürgermeister des Kreises. Es sind mehrfache Beschwerden zur Anzeige gekommen, daß die den Posten entgegenkommenden oder voranfahrenden Fuhren, selbst auf das mit dem Posthorn gegebene Zeichen, nicht vorschriftsmäßig ausweichen.
Mit Bezug auf mein Ausschreiben vom 6. April 1837, Wochenblatt Nr.15, beauftrage ich Sie deßhalb, in Ihren Gemeinden öffentlich bekannt machen zu lassen, daß Diejenigen, welche den ihnen entgegenkommenden oder nachfahrenden Posten, und zwar die entgegenkommenden rechts und die nach einerlei Richtung vorbeifahrenden links nicht blos zur Hälfte, sondern völlig auszuweichen, so daß die Post ungehindert vorbeifahren kann, in die im §7 der Verordnung vom 17.März 1824, die Erhebung von Chausseegeld und die polizeiliche Aufsicht über den Gebrauch der Chaussee betr., angedrohte Strafe von 5 fl. verurtheilt werden sollen.
Kreisblatt von 1889: Das hiesige Postwesen hat im Laufe der Zeit mancherlei Wandlungen durchgemacht. Der Inhaber der ursprünglichen Posthalterei, Engeroff, ist vor noch nicht langer Zeit in hohem Alter zu ewigen Ruhe eingegangen, nachdem die Posthalterei selbst vor Jahren, nach Eröffnung der Eisenbahnlinien, aufgelöst worden war.