Landratswahl 2021
Von Rainer Beutel und Ulf Krone.
Bei der Landratswahl am 5. Dezember tritt der Ginsheim-Gustavsburger Bürgermeister Thies Puttnins-von Trotha, CDU (r.) gegen Amtsinhaber Thomas Will, SPD (l.) an. Ihre Ziele, politische Vorstellungen und Themen, die für sie im Fokus stehen, beschreiben die Kandidaten in Interviews mit Rainer Beutel und Ulf Krone. Beim Thema Kreisklinik fallen deutliche Worte.
Herr Puttnins-von Trotha, Sie wollen Landrat werden. Warum eigentlich? Ihr Job als Bürgermeister von Ginsheim-Gustavsburg ist doch sicherlich anspruchsvoll und herausfordernd genug …
Thies Puttnins-von Trotha: Bürgermeister in „meinem“ Ginsheim-Gustavsburg zu sein, ist eine tolle und erfüllende Aufgabe und ich bin dankbar diese Aufgabe ausführen zu dürfen. Uns – mir als Bürgermeister und meinem Team in der Verwaltung, sowie der CDU, den Freien Wählern und der FDP – ist es gelungen, Ginsheim-Gustavsburg finanziell nachhaltiger, digitaler, mobiler und bürgerfreundlicher und somit zukunftsfähig aufzustellen. Aber es ist wie so oft im Leben: Chancen muss man nutzen. Im Kreis, das erlebe ich als Bürgermeister tagtäglich, gibt es viel zu tun. Mich treibt das Wissen an, dass unser Kreis besser dastehen müsste, als er es derzeit tut.
Erklären Sie uns das bitte genauer: Warum müsste der Kreis besser dastehen?
Thies Puttnins-von Trotha: Trotz der hervorragenden Lage in der Metropolregion Rhein-Main, starker Unternehmen und guter Infrastruktur steht unser Kreis in der Öffentlichkeit für eine insolvente Kreisklinik, hohe Verschuldung und lange Wartezeiten. Hier muss wieder mehr aus den guten Rahmenbedingungen gemacht werden. Diese Chance möchte ich ergreifen und habe mich daher – auch mit einem weinenden Auge – entschieden, den Bürgerinnen und Bürgern eine Alternative zur eingefahrenen Politik des Landrats zu bieten.
Möglicherweise gibt es für Ihren Gegenkandidaten von der SPD einen Vorteil – den Amtsbonus. Was setzen Sie dagegen?
Thies Puttnins-von Trotha: Einen Amtsbonus gibt es vielleicht mit Blick auf den Bekanntheitsgrad. Aber da arbeiten ich und mein Team gerade dran. Von Gernsheim bis Kelsterbach bereise ich den Kreis, mache Haustürbesuche und informiere mich über die konkreten Themen vor Ort. Und ich bekomme tolle Unterstützung, nicht nur von der CDU, sondern auch von der FDP im Kreis oder auch örtlichen Freien Wählern in den Kommunen. Außerdem kann ein Amtsbonus auch ein Malus werden, wenn es – wie bei uns in der Kreisverwaltung – nicht rund läuft. Kreisklinik, Schulden, lange Wartezeiten … Die Bürgerinnen und Bürger merken auch, dass insgesamt 18 Jahre als Erster Kreisbeigeordneter und Landrat für ein und dieselbe Person irgendwann einfach genug sind.
Das Thema Kreisklinik bewegt die Region schon geraume Zeit. Was lief da in der Vergangenheit falsch, was könnte und sollte mit Ihnen als Landrat besser funktionieren?
Thies Puttnins-von Trotha: Bei der Führung der Kreisklinik lief in der Vergangenheit eigentlich alles falsch, was falsch laufen konnte. Der Landrat hat viel zu lange an der damaligen Geschäftsführung festgehalten und seine Aufsichtsfunktion sträflich vernachlässigt. Mit dem Wechsel an der Spitze der Klinik gibt es zumindest zaghafte Signale der Besserung. Aber seitens des Kreises fehlen mir hier die Zukunftskonzepte für die Klinik. Wie kann die Zusammenarbeit mit dem GPR in Rüsselsheim aussehen? In welchem Maße lässt sich die Zusammenarbeit mit Belegärzten in der Klinik intensivieren? Eine nachhaltige Zukunft für die Kreisklinik kann es nur gemeinsam mit den weiteren Akteuren im Gesundheitssektor im Kreisgebiet geben. Medizinisches Versorgungszentrum, Fachärzte, GPR – gemeinsam sind diese Bestandteile viel stärker. In diese Richtung werde ich als Landrat unsere Gesundheitslandschaft im Kreis ganzheitlich entwickeln. Ich bedauere es sehr, vor allem für die vielen Mitarbeiter, dass die Kreisklinik so oft negativ in der Presse steht. Mit mir soll es positive Pressemeldungen geben.
Welche Themen werden darüber hinaus in den nächsten Jahren für den Kreis Groß-Gerau besonders wichtig sein?
Thies Puttnins-von Trotha: Das werden mit Sicherheit Mobilität, der Klimawandel, die Digitalisierung und mehr Bürgerorientierung sein. Mobilität müssen wir neu denken. Ein kostenloser ÖPNV klingt gut, bringt aber nichts, wenn das Angebot nicht attraktiv ist. In Ginsheim-Gustavsburg habe ich bereits Mobilitätsstationen umgesetzt. Das bedeutet die Vernetzung des ÖPNV, Car-Sharing und Mieträdern an zentralen Orten. Das muss nun auf mehr Kommunen im Kreis ausgeweitet werden. Nur dann kann Mobilität alternativ zum eigenen Pkw flächendeckend funktionieren.
Das heißt im Einzelnen?
Thies Puttnins-von Trotha: Beim Thema Klimawandel müssen wir Antworten auf die Fragen unserer Kinder und Enkelkinder finden. Der Kreis soll klimaneutral werden, das ist mein großes Ziel. Das kostet Geld, aber es lohnt sich. Dafür könnten wir einen Klimasparbrief mit unserer Kreissparkasse auflegen. Unsere Bürger und Bürgerinnen könnten diesen besparen, das Geld wird dann für klimaneutrale Investitionen bereitstehen. Und Zinsen würde auch jeder noch bekommen. Beim Thema Bürgerorientierung müssen wir über die langen Wartezeiten in der Kreisverwaltung sprechen. Sei es bei Bauanträgen, bei der Führerscheinstelle oder der Kfz-Zulassung. Hier ist mit dem bestehenden Personal der Kreisverwaltung mehr möglich. Die derzeitigen Zustände sind nicht mehr zeitgemäß und von der Hausspitze zu verantworten.
Welche Themen werden darüber hinaus in den nächsten Jahren für den Kreis Groß-Gerau besonders wichtig sein?
Thies Puttnins-von Trotha: Das werden mit Sicherheit Mobilität, der Klimawandel, die Digitalisierung und mehr Bürgerorientierung sein. Mobilität müssen wir neu denken. Ein kostenloser ÖPNV klingt gut, bringt aber nichts, wenn das Angebot nicht attraktiv ist. In Ginsheim-Gustavsburg habe ich bereits Mobilitätsstationen umgesetzt. Das bedeutet die Vernetzung des ÖPNV, Car-Sharing und Mieträdern an zentralen Orten. Das muss nun auf mehr Kommunen im Kreis ausgeweitet werden. Nur dann kann Mobilität alternativ zum eigenen Pkw flächendeckend funktionieren.
Das heißt im Einzelnen?
Thies Puttnins-von Trotha: Beim Thema Klimawandel müssen wir Antworten auf die Fragen unserer Kinder und Enkelkinder finden. Der Kreis soll klimaneutral werden, das ist mein großes Ziel. Das kostet Geld, aber es lohnt sich. Dafür könnten wir einen Klimasparbrief mit unserer Kreissparkasse auflegen. Unsere Bürger und Bürgerinnen könnten diesen besparen, das Geld wird dann für klimaneutrale Investitionen bereitstehen. Und Zinsen würde auch jeder noch bekommen. Beim Thema Bürgerorientierung müssen wir über die langen Wartezeiten in der Kreisverwaltung sprechen. Sei es bei Bauanträgen, bei der Führerscheinstelle oder der Kfz-Zulassung. Hier ist mit dem bestehenden Personal der Kreisverwaltung mehr möglich. Die derzeitigen Zustände sind nicht mehr zeitgemäß und von der Hausspitze zu verantworten. Hier gilt es, mit frischem Blick auf die Prozesse und Abläufe zu schauen. Ich bin mir sicher, dass ich hier aus meiner bisherigen beruflichen Erfahrung einiges einbringen kann.
Was wurde in der jüngeren Vergangenheit vernachlässigt bzw. was sollte stärker mehr in den Blickpunkt rücken?
Thies Puttnins-von Trotha: Wir müssen im Kreis noch viel mehr beim Thema Digitalisierung tun. Besonders die Bildung wird mit der Digitalisierung auf neue Füße gestellt. Digitale Endgeräte wie interaktive Whiteboards und Tablets gehören für mich in jedes Klassenzimmer. Mit mir wird es Transformationsprogramme und Digitalstrategien geben. Die digitale Welt benötigt klare Verantwortlichkeiten und Vorbilder. Da passiert mir derzeit im Kreis noch zu wenig, das ist aber vielleicht auch eine Generationenfrage. Außerdem gibt es viele Themen in den Kommunen, bei denen ich der Überzeugung bin, dass sich der Kreis stärker beteiligen muss. Etwa beim Thema Kiesabbau in Trebur, Solvadis in Gernsheim, der zunehmenden Belastung durch Güterverkehr auf der Bahnstrecke Mainz-Darmstadt oder der Lagerung von Restmüll aus dem Atomkraftwerk Biblis auf der Büttelborner Deponie. Hier kann ein Landrat die Kommunen viel stärker unterstützen. Ich werde mich auch dafür einsetzen, dass es ein Hallenbad im Südkreis gibt. Auch dies ist eine Aufgabe, bei der der Kreis unterstützen, koordinieren und Partner an Bord holen kann.
Aus Sicht eines amtierenden Bürgermeisters: Was kann an der Zusammenarbeit des Kreises mit den Kommunen verbessert werden?
Thies Puttnins-von Trotha: Das Verhältnis von Kreis und Kommunen muss wieder eines auf Augenhöhe sein. Kaum ein anderer Landkreis nimmt seinen Kommunen so viel der Einnahmen ab, wie es der Kreis Groß-Gerau tut. In Ginsheim-Gustavsburg, aber auch in anderen Kommunen, sind das gut ein Drittel der Haushaltsmittel, die direkt an den Kreis abgegeben werden müssen. Die Folge ist, dass die Kommunen nicht ausreichend Mittel zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben haben und die Steuern zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger erhöhen müssen. Das werde ich ändern. Der Kreis muss besser mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln haushalten und sich nicht immer weiter bei den Kommunen bedienen. Außerdem muss der Kreis wieder stärker Dienstleister werden.
Ohne das Land funktioniert in den Kommunen wenig. Ein Landrat muss gut mit Wiesbaden vernetzt sein. Was haben Sie zu bieten?
Thies Puttnins-von Trotha: Zu unseren beiden Landtagsabgeordneten im Kreis, Sabine Bächle-Scholz und Ines Claus, habe ich natürlich einen engen Draht. Da kann man schnell mal durchklingeln und sein Anliegen loswerden. Mit Patrick Burghardt wohnt ja außerdem auch ein hervorragender Staatssekretär in Rüsselsheim nicht weit weg. Dadurch ist auch der Kontakt zur hessischen Landesregierung immer sichergestellt. Und Patrick Burghardt ist als Chief Information Officer des Landes Hessens auch ein wichtiger Ansprechpartner in allen Belangen der Digitalisierung. Ein absolutes Kernthema auf meiner Agenda. Letztlich erfahre ich derzeit viel überparteiliche Unterstützung. Daher bin ich mir sicher, dass ich als Landrat nicht nur innerhalb der CDU, sondern auch in alle anderen Parteien hinein in Wiesbaden Gehör finden werde.
Zur Person: Thies Puttnins-von Trotha, geb. 1981 in Lingen (Ems), Abitur 2001, Studium bis 2004 bei der Polizei zum Diplomfachwirt (FH), anschließend sechs Jahre bei der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit Bremen. Ab 2010 bei der Kriminalpolizei, ab 2011 beim Mobilen Einsatzkommando (MEK) Bremen, ab 2012 beim MEK Frankfurt II. Lebt seitdem in Ginsheim-Gustavsburg, wo er 2012 heiratete. Vater von zwei Söhnen. 2015 als Parteiloser zum Bürgermeister in Ginsheim-Gustavsburg gewählt, ab 2016 Mitglied des Kreistags Groß-Gerau. Mitglied der CDU seit Mitte des Jahres 2021.
Den Blick nach vorn gerichtet
Als Amtsinhaber ist Thomas Will (SPD) der Platzhirsch bei der Landratswahl am 5. Dezember. Doch vom Ausruhen auf dem bereits Geleisteten kann nicht die Rede sein. Im Interview mit WIR-Redakteur Ulf Krone macht Thomas Will deutlich, dass er noch immer mit Leidenschaft das Amt des Landrats ausfüllt.
Herr Will, bereits seit 2010 sind Sie nun Landrat im Kreis Groß-Gerau und stellen sich am 5. Dezember bereits zum zweiten Mal der potenziellen Wiederwahl. Von Amtsmüdigkeit keine Spur? Was ist für Sie persönlich das Besondere am Amt des Landrats im Gerauer Land?
Thomas Will: Wenn man sein Hobby zum Beruf machen kann, dann ist das die beste Motivation. Es macht mir (immer noch) große Freude zu gestalten und Probleme anzugehen. Davon gab es ja in den vergangenen Monaten und Jahren mehr als genug. Als Landrat haben sie die Möglichkeit, Menschen direkt und schnell helfen zu können. Dies ist an sich schon etwas Besonderes. In unserem Kreis – ein ehemaliger Ministerpräsident hat einmal gesagt, dass sich hier alle Themen der hessischen Politik wie unter einem Brennglas zeigen – kommt noch einmal hinzu, dass wir ländlich und städtisch geprägt sind und sich dadurch immer wieder neue Herausforderungen ergeben.
Nach zwei Amtszeiten kennt Sie jeder im Kreis. Glauben Sie an einen Amtsbonus gegenüber Ihrem Mitbewerber von der CDU?
Thomas Will: Na ja, ich will meinen Bekanntheitsgrad jetzt nicht überbewerten, aber viele Menschen wissen schon, was „wir“ – und das sage ich bewusst mit Blick auf die vielen Kolleginnen und Kollegen im Landratsamt – in den vergangenen Jahren geleistet haben. Ich würde aber viel lieber für das gewählt werden, was ich in den kommenden Jahren vorhabe.
Viel ist passiert, viel hat sich verändert in den vergangenen zehn Jahren, doch die Aufgaben scheinen nicht kleiner geworden zu sein. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für den Kreis in den kommenden Jahren? Was muss zwingend in der kommenden Amtszeit angegangen werden?
Thomas Will: Für mich stand und steht die Bildungspolitik ganz vorne auf der Agenda. Wir bauen Schulen im Passivhausstandard, haben fast alle Schulgebäude saniert, haben Schulsozialarbeit und den Ganztag eingeführt und wollen jetzt weitere 500 Millionen Euro in neue Schulen investieren. Dazu gekommen ist der Schwerpunkt Gesundheit. Corona hat gezeigt, dass wir in Deutschland Nachholbedarf haben. Pflege und Seniorenbetreuung, der Bau eines Hospizes, die soziale Balance – all dies sind kommunale Herausforderungen. Die Energiepolitik, unsere Wasserstoffbusse, der Umbau des ÖPNV, die Radwege, Klimaschutz – ich könnte noch viele Themen nennen: Ich freue mich darauf.
Das Thema Kreisklinik ist inzwischen ein Dauerthema, das die Menschen im Kreis nach wie vor beschäftigt. Wie stellt sich Ihnen aktuell die Situation dar? Wurden die richtigen Entscheidungen getroffen?
Thomas Will: Mir geht es immer um Menschen. Vielleicht haben wir beim Krankenhaus zu lange gewartet und mit dem Wachstumskurs vor sieben Jahren auf das falsche Pferd gesetzt. Spätestens mit der Entscheidung für ein intersektorales Zentrum sind wir auf dem richtigen Weg. Die Corona-Pandemie hat dies eindrücklich bewiesen, als in unserem „kleinen Haus“ manchmal mehr Menschen behandelt wurden als bei einem Maximalversorger.
Sie kennen sich inzwischen damit aus, als Landrat auch eine Art Bindeglied und Vermittler zwischen den Kommunen und der Landespolitik in Wiesbaden zu sein, was sicher nicht immer ganz einfach ist. Wo sehen Sie da noch Verbesserungsbedarf?
Thomas Will: Land und Bund müssen erkennen, dass sie nicht immer weiter Aufgaben von oben nach unten delegieren können, ohne die Finanzierung dafür sicherzustellen. Ein Beispiel: Der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz ab 2026 ist richtig. Aber: Bei der Finanzierung gibt es einmal mehr nur einen „Anschub“ – der große Batzen bleibt bei den Kommunen hängen. Das darf nicht sein. Ich sehe in der neuen Bundesregierung eine Chance. Natürlich werde ich meine Gesprächskanäle nutzen.