Tiere sind keine Geschenke

Von Rainer Beutel.

Ein Tier ist kein Spielzeug, das mal eben angeschafft und wieder abgegeben wird, wenn das Interesse nachlässt oder Anforderungen unterschätzt wurden. Das betont Marianne Schultheis vom Tierheim in Königstädten. Im Interview mit WIR-Redakteur Rainer Beutel erklärt sie, wie sensibel und vorsichtig ihre Einrichtung vorgeht, wenn plötzlich der Wunsch nach einem tierischen Weihnachtsgeschenk ansteht.

Frau Schultheis, wie stehen Sie grundsätzlich dazu, Tiere an Weihnachten zu verschenken, und welche ethischen Bedenken sehen Sie dabei?

Marianne Schultheis: Tiere sind keine Geschenke. Weder zu Weihnachten noch zum Geburtstag. Ein Tier bei sich aufzunehmen ist eine langfristige Überlegung und Aufgabe und sollte nicht, wie bei einem Geschenk üblich, umtauschbar und rückgängig zu machen sein.

Welche potenziellen Risiken für das Tierwohl ergeben sich, wenn Tiere als Überraschungsgeschenke verschenkt werden?

Marianne Schultheis: Nicht immer gefällt das Geschenk und oftmals wird es umgetauscht oder zurückgegeben, daher sollten Tiere niemals eine Option als Geschenk sein. 

Tiere haben einen Eigenwert und sollten nicht als bloße Objekte behandelt werden –sehen Sie das auch so?

Marianne Schultheis: Ja klar, Tiere sind Lebewesen. Sie fordern viel Zeit, Aufmerksamkeit und Liebe ein. Ein Geschenk wird nach wenigen Wochen möglicherweise uninteressant und man stellt es irgendwo ab. Bei einem Tier ist das eben nicht möglich, und das sollte immer bedacht werden. Es ist kein bloßer Gegenstand, der dann lieblos in die Ecke gelegt wird. Immer wieder kommen vor Weihnachten, insbesondere bei Kindern, die Wünsche nach einem eigenen Haustier auf. Jedoch werden die Verantwortung und das Zeitpensum, welches ein Tier einfordert und benötigt, häufig unterschätzt. 

Wie bereitet Ihr Tierheim potenzielle Tierhaltern auf die Verantwortung vor, die mit der Aufnahme eines Tieres einhergeht?

Marianne Schultheis: Potenzielle Interessenten an einem Tier werden vollumfänglich beraten und es wird immer individuell im Wohl des Tieres entschieden, ob dieses zu dem zukünftigen Halter und seiner Lebenssituation passt. 

Welche spezifischen Maßnahmen ergreifen Sie in Ihrem Tierheim, um sicherzustellen, dass Tiere nicht impulsiv adoptiert und möglicherweise nach den Feiertagen wieder zurückgegeben werden?

Marianne Schultheis: Wir haben langjährige Erfahrung in der Vermittlung von Tieren und können oftmals schnell feststellen, ob es sich um eine gründliche Entscheidung handelt oder ob es eben nur ein kurzfristiger, impulsiver Entschluss ist. Bei unseren Hunden ist es üblich, dass diese erst einmal zur Probe in das neue Zuhause ziehen. Erst wenn die ersten gemeinsamen Tage für Menschen und Hund positiv verlaufen sind, wird der endgültige Vermittlungsvertrag gemacht.

Wie beurteilen Sie die Praxis einiger Tierheime, während der Weihnachtszeit keine Tiere zur Adoption freizugeben?

Marianne Schultheis: Auch bei uns wird individuell entschieden, ob ein Tier unbedingt noch vor Weihnachten vermittelt oder ob der Prozess der Vermittlung nicht bis nach den Feiertagen verzögert wird. Somit lässt sich recht schnell feststellen, ob tatsächlich ein längerfristiges Interesse an einem Tier besteht oder es tatsächlich nur für Weihnachten als Geschenk angeschafft werden soll.

Welche Kriterien legen Sie bei der Vermittlung von Tieren an, um das langfristige Wohlergehen der Tiere sicherzustellen?

Marianne Schultheis: Wir beraten potenzielle Interessenten an einem Tier immer vollumfänglich und fühlen auf den Zahn. Wir entscheiden für das Wohl des Tieres und prüfen, ob das Tier zu der Lebenssituation des Interessenten bzw. der Familie passt. Interessenten müssen daher schon mehrmals zu uns ins Tierheim kommen und können nicht wie in einem Supermarkt ein Tier direkt mitnehmen.

Welche Rolle spielt Aufklärung und Bildungsarbeit in Ihrem Tierheim, um ein verantwortungsvolles Verhältnis zwischen Mensch und Tier zu fördern, insbesondere im Kontext von Tieren als Geschenke?

Marianne Schultheis: Aufklärung spielt eine große Rolle bei der Vermittlung eines Tieres in unserem Tierheim. Wir bieten seit einigen Jahren bereits ortsansässigen Kindergärten und Schulen Besuche bei uns an und versuchen, den „Kleinsten“ die Verantwortung und Bedeutung der Haltung eines Tieres bewusst zu machen und zu vermitteln, dass Tiere eine Lebensaufgabe und eben kein Geschenk sind.

Zur Person: Marianne Schultheis engagiert sich seit vielen Jahren für den und arbeitet in der Verwaltung des Tierheims in Rüsselsheim-Königstädten seit vier Jahren. Kontakt: info@tierheim-ruesselsheim.de

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