Alte raus und Neue rein
Von Rainer Beutel.
Ziemlich umgekrempelt und neu aufgestellt: In vier Jahren hat sich in der Bücherei Trebur allerhand getan. Leiter Richard Jurst-Görlach weist im Interview mit WIR-Redakteur Rainer Beutel auf Neuerungen, Errungenschaften und das neue Biblio-Bike hin.
Herr Jurst-Görlach, vor rund vier Jahren haben Sie einige Modifikationen in der Treburer Bücherei vorgenommen. Dazu gehört der Kauf neuer Medien. Ziehen Sie bitte mal eine Zwischenbilanz.
Richard Jurst-Görlach: Ich kann sagen: Gemeinsam mit meinen Kolleginnen haben wir die Bücherei vom Kopf auf die Füße gestellt und komplett neu konzipiert. Alte Medien raus, neue Medien rein. Neue, nachvollziehbare Ordnungen der Medien vorgenommen. Der Bücherei ein neues Leitbild gegeben. Einen neuen Online-Katalog zum einfacheren Finden der Medien installiert. Und im Rahmen der Corporate Identity der Gemeinde haben auch wir uns einen neuen Namen und ein neues Logo verpasst.
Das heißt in Zahlen?
Richard Jurst-Görlach: Wir haben in den zurückliegenden vier Jahren ca. 10.000 veraltete Medien gegen 10.000 neue Medien austauschen können. Fakt ist auch, dass wir mit unseren Angeboten nun mehr Familien mit Kindern ansprechen als je zuvor und unser Publikum generell jünger wurde. Das alles konnte nur gelingen aufgrund der großen Unterstützung der Gemeinde sowie den aktuell jährlichen finanziellen Zuschüssen der Hessischen Fachstelle für Bibliotheken.
Sie hatten damals auch angekündigt, ein Bibliotheksfahrrad einzusetzen. Was ist daraus geworden?
Richard Jurst-Görlach: Es hat drei Jahre gebraucht von der ersten Idee bis zur finalen Vorfahrt vor unserer Bücherei. Aber seit diesem Frühjahr steht das Biblio-Bike zur Verfügung. Es ist offiziell ein Lastenrad, aber wichtig: Es ist vorwiegend zur Präsentation von Medien gedacht. Damit wollen wir an Orte fahren, wo sich Menschen versammeln und wir mit unserem Medienangebot gut dazu passen, z.B. Kinderkleidungsbasare, auf dem Wochenmarkt oder vielleicht auch mal im Freibad. Sie kaufen Kleidung für die Kleinsten, und ich stehe mit dem Biblio-Bike vor der Tür, und Sie können vor Ort auch gleich Bücher für die Kleinsten entleihen – dank Biblio-Bike und mobilem Ausleihsystem.
Welchen Vorteil sehen Sie darin, in der Bücherei Medien für Kinder und Jugendliche nach Alter zu sortieren und nicht, wie früher gewohnt, alphabetisch oder nach Themen?
Richard Jurst-Görlach: Ich muss differenzieren. Wir teilen zunächst in Sachbücher und Geschichten, also Literatur. Danach trennen wir in Altersgruppen bzw. in Altersstufen. Soll heißen: Die Geschichten für die dreijährigen Kinder stehen in einer eigenen Bilderbuchschütte, die Geschichten für die Sechsjährigen in einem eigenen Regal; die Geschichten für die Achtjährigen in einem eigenen Regal usw. Im Regal stehen die Bücher alphabetisch nach Autoren, in der Bilderbuchschütte nicht. Die Sachbücher sortieren wir zuerst nach Sachgruppen, z.B. Berufe, Gesellschaft, Kindergarten, Technik, Fahrzeuge oder Tiere, und danach gruppieren wir altersmäßig. Daher stehen die Sachbücher für die zwei- bis fünfjährigen Kinder zusammen in einem großen Regal sowie die Sachbücher für die sechs- bis zwölfjährigen Kinder.
Was bedeuted das konkret?
Richard Jurst-Görlach: Die Vorteile sind pragmatischer Natur, sowohl für die Kinder als auch die (Groß-)Eltern und für das Bibliothekspersonal. Die gesuchten Bücher werden viel schneller gefunden, auch das Zurückordnen ist einfacher. Zudem haben wir die einzelnen Lesergruppen farblich sortiert und zeigen das am Eingang groß an. Die Bücher für die ein- bis fünfjährigen Kinder sind rot markiert, für die sechs- bis neunjährigen Kinder gelb und für die zehn- bis zwölfjährigen grün. So erkennen alle Nutzer schnell und vor allem intuitiv, wo sie suchen sollen.
Gibt es empirische Erkenntnisse aus anderen Büchereien, wie sich eine solche Sortierung auswirkt?
Richard Jurst-Görlach: Es gibt sicher eine Studie dazu, es gibt doch für alles und jedes eine Studie. Ich kenne keine. Ich halte mich an die Erkenntnisse aus den Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen anderer Büchereien, die dieses Konzept bereits umgesetzt haben. Die Stadtbibliothek Heilbronn ist mein liebster Ort für Kindermedien. Die präsentieren zudem die Themen Diversität sowie Anti-Rassismus im Kinderbuch groß. Das sind auch unsere wichtigsten Themen. Erst vor kurzem konnte ich mich mit Bibliothekarinnen und Bibliothekaren aus Dänemark austauschen, auch die stellen die Kindermedien nach Altersstufen auf.
Bei den Erwachsenen will die Bücherei Trebur eine „Leuchtturmbibliothek“ sein. Was bedeutet das?
Richard Jurst-Görlach: Wir können aus Platzgründen aber auch aus finanziellen Gründen nicht alle Sachthemen anbieten. Wir haben z.B. keine Bücher zu den Themen Garten, Handwerk, Recht, Technik oder Wirtschaft. Wir überprüfen regelmäßig, ob diese Liste weiterhin aktuell ist. Aber wir haben uns für ein paar Themen entschieden, die wir tief durchdringen.
Unter welchen Gesichtspunkten werden diese Themenschwerpunkte gesetzt?
Richard Jurst-Görlach: Wir lassen uns dabei von eigenen Interessen leiten, von denen wir glauben, sie könnten auch andere Leser begeistern, z.B. Geschichte, Altertum und Mittelalter, das Werk und Wirken von Alexander von Humboldt, Kathedralen, die Kunstrichtung „Art brut“ (ein Sammelbegriff für autodidaktische Kunst von Laien, Kindern, Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder einer geistigen Behinderung und gesellschaftlichen Außenseitern; Red.), Buch & Schrift, aber auch Fußball und Musik. Zu diesen Themen haben wir teils außergewöhnliche Bücher im Programm, die in keiner Bücherei im weiteren Umfeld zu finden sind.
Wie finden Leseratten online den Zugang zur Bücherei bzw. den Büchern?
Richard Jurst-Görlach: Auch wir sind Mitglied im Onleihe Verbund Hessen. Unter der Marke ONLEIHE, ein zusammengesetztes Wort aus Online und Ausleihe, bietet die Firma Divibib aus Reutlingen einen Service für die Ausleihe von digitalen Medien an. Zudem sind wir mit dem Medienbestand der Bücherei in den Bibliotheksverbund Rhein-Main aufgenommen worden; das ist der Zusammenschluss der Online-Kataloge vieler Bibliotheken im Rhein-Main-Gebiet (Stadtbibliotheken Frankfurt, Hanau, Wiesbaden, Offenbach, etc.). Das bedeutet: „Eine“ Website zum Suchen und Finden in zig Bibliothekskatalogen.
Adresse & Kontakt: Bücherei Trebur im Alten Rathaus
Wilhelm-Leuschner-Platz 6, 65468 Trebur
Kontakt: Richard Jurst-Görlach (Leitung)
Telefon 06147-936748, Kontakt: richard.jurst-goerlach@trebur.de
Telefon Bücherei: 06147 3982, buecherei@trebur.de