Ein würdevoller Abschied

Von Ulf Krone.

Traditionell wird eine Trauerrede von einem Pfarrer gehalten. Doch was ist, wenn der Verstorbene kein Mitglied einer Kirche gewesen ist oder einfach eine nicht-religiöse Trauerfeier gewünscht wird? Dann kann ein professioneller Trauerredner diese Aufgabe übernehmen. Wie diese sensible Arbeit aussieht und was es dabei zu beachten gibt, hat Trauerrednerin Angela Sawinski WIR-Redakteur Ulf Krone im Gespräch verraten.

Frau Sawinski, Sie haben sich zur Trauerrednerin ausbilden lassen. Erklären Sie bitte einmal, was sich unsere Leser darunter vorstellen müssen! Wie genau sehen die Aufgaben einer Trauerrednerin aus?

Angela Sawinski: Die Aufgabe der Trauerrednerin ist es, das Leben des Verstorbenen in seiner Einzigartigkeit darzustellen und zu würdigen. Es ist nicht nur wichtig, der Trauer und dem Abschied Worte, sondern den Angehörigen auch lebensbejahende Denkanstöße zu geben.

Wo liegen die besonderen Herausforderungen beim Verfassen und Halten einer Trauerrede?

Angela Sawinski: Die Rede soll das Leben des Verstorbenen widerspiegeln. Die besondere Herausforderung liegt darin, dass es keine zweite Chance gibt. Sie ist nicht zu wiederholen oder zu verbessern. Hierbei ist es wichtig, respektvoll, ohne Wertung und achtsam gegenüber dem Verstorbenen und den Hinterbliebenen vorzugehen.

Der reibungslose Ablauf bei der Trauerfeier ist immer in Zusammenarbeit mit dem Bestatter und ganz wichtig, damit sich die Angehörigen voll und ganz auf den Abschied konzentrieren können – den Ablauf habe ich auch während meiner Rede immer im Blick.

In welchen Fällen ist es möglich, eine Trauerrednerin zu engagieren?

Angela Sawinski: Die Trauerrednerin ist oft dann gefragt, wenn es um eine nichtreligiöse Trauerfeier geht und füllt daher eine Lücke aus, die üblicherweise ein Pfarrer oder Pastor übernimmt. Aber genauso oft entscheiden schon die Verstorbenen bzw. dann die Angehörigen, wer die Trauerfeier begleiten soll. Eine offizielle Regelung hierfür gibt es nicht. Der Unterschied besteht darin, dass bei der kirchlichen Trauerfeier der religiöse Aspekt ein deutliches Übergewicht hat, wo hingegen bei der Trauerfeier mit einem Trauerredner vor allem der weltliche Teil, d.h. das Leben des Verstorbenen, im Vordergrund steht bzw. stehen sollte.

Wie geht es weiter, nachdem Sie von den Angehörigen mit dem Halten einer Trauerrede betraut wurden?

Angela Sawinski: In den meisten Fällen erhalte ich vom Bestatter die Anfrage. Nach Erhalt der Kontaktdaten treffe ich mich mit den Angehörigen zu einem Gespräch, das meistens anderthalb bis zwei Stunden beträgt. Es ist immer schön, wenn mehrere Generationen anwesend sind, denn in dieser begrenzten Zeit muss ich mir ein möglichst vollständiges Bild machen.

Im Gespräch darf man hoffen, dass sich die Angehörigen öffnen – da ist auch Vertrauen ganz wichtig. Ich bitte immer darum, mir alles zu erzählen, damit ich auch verstehe, warum manche Lebenswege so oder so verlaufen sind. Die besondere Herausforderung besteht darin, durch sensible Gesprächsführung herauszufinden, wie und wer der Verstorbene war: Sein Wesen, seine Stärken, ja auch seine Schwächen – immer mit Augenzwinkern und in Absprache mit den Hinterbliebenen. Was bewegte ihn, welche Wünsche hatte er, kurz: Was machte ihn aus. Denn jeder Mensch ist einzigartig. Diese Einzigartigkeit hervorzuheben, ist meine Aufgabe. Es kann immer auch Dinge geben, die nicht benannt werden sollen. Daran habe ich mich zu halten. In der Rede selbst versuche ich, alles gut und mit Feingefühl zu verpacken. Der Wunsch der Hinterbliebenen hat immer Vorrang. Die Lebensdaten (Geburt, Lehre, Ehe, Kinder, etc.) bilden dabei den Rahmen.

Wie ist bei Ihnen der Wunsch entstanden, sich zur Trauerrednerin ausbilden zu lassen, eine immerhin sehr sensible und unter Umständen belastende Tätigkeit?

Angela Sawinski: Vielleicht eher so: Die Tätigkeit hat mich gefunden. Ich habe viele Jahre lang in einem internationalen Chemiekonzern gearbeitet und wollte mich in meiner Rente mehr mit dem Leben befassen. Das hört sich kurios an, denn ich komme ja erst beim Tod ins Spiel, aber: Ich befasse mich mit dem Leben des Verblichenen, tauche in und nach dem Gespräch tief darin ein und kleide es in Worte. Im Übrigen habe ich mir schon als Kind Gedanken gemacht: Woher komme ich, wohin gehe ich. Eine Affinität zum Leben und zum Tod bringe ich also durchaus mit.

Was muss man für diesen Beruf mitbringen, und was nehmen sie für sich daraus mit?

Angela Sawinski: Mein Interesse an Lebensentwürfen und Einstellungen anderer Menschen gepaart mit meiner Freude am Schreiben haben mich bewogen, mich nach einer Ausbildungsmöglichkeit umzusehen, denn ohne ein gewisses Maß an Professionalität geht es nun einmal nicht. Auch Empathie ist sehr wichtig. Ich lebe derzeit meine Berufung, so kann ich es wohl ohne Übertreibung sagen.

Wenn ich den Verstorbenen während der Trauerfeier so aufleben lassen bzw. so beschreiben konnte, dass man mich hinterher fragt, ob ich ihn gekannt habe, bin ich immer sehr glücklich: Dann scheint es so, als habe ich alles richtig gemacht. Die Wertschätzung der Angehörigen ist mein emotionaler und geistiger Lohn.

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