Mobilitätskonzept für Groß-Gerau
Von Ulf Krone.
Der lange Weg in die Zukunft: Nicht erst die Diskussionen über die Umgestaltung der Frankfurter Straße haben es ans Tageslicht gebracht: Groß-Gerau braucht ein umfassendes zukunftsfähiges Mobilitätskonzept für alle Ortsteile – nicht bloß für die Innenstadt. Das wurde, wie versprochen, nun angegangen. Doch was bedeutet das eigentlich, was sind die Ziele, und wie kann der Fahrplan zur Umsetzung dieses ehrgeizigen Projekts aussehen? Um diese Fragen zu klären, haben sich WIR-Redakteur Ulf Krone und WIR-Fotografin Tina Jung mit Bürgermeister Jörg Rüddenklau und Roman Theuerjahr, der die Amtsleitung Stadtplanung und Bauverwaltung innehat, zu einem ausführlichen Gespräch getroffen.
Was steckt eigentlich genau hinter dem großen Begriff Mobilitätskonzept, worum geht es?
Jörg Rüddenklau: Ja, also früher hießen solche Dinge Verkehrskonzepte. Das heißt es nicht mehr, weil Mobilität ja auf verschiedenen Ebenen stattfindet. Ich will mich jetzt einfach nur mal auf das Bewegen konzentrieren, was man ja unter Mobilität versteht. Das müssen wir einfach im Ganzen denken. Es gibt im Moment einen sehr großen Schwerpunkt, denn den größten Raum nimmt der Individualverkehr per Pkw ein, und das ist nicht mehr machbar, weil einfach an allen Stellen, selbst in den Stadtteilen, zu viele Autos da sind.
Es ist nicht mehr Ende beim öffentlichen Raum, und deswegen müssen wir da neu denken, und wir müssen den anderen Verkehrsteilnehmern mehr Möglichkeiten geben, dass man auch deren Interessen oder deren Bedürfnissen gerecht wird. Da ist zum einen der Fahrradverkehr, da sind die Fußgänger, aber wir haben auch Spezialverkehr, wie etwa die Menschen, die mit Rollern fahren. Die gibt es hier ganz viel, sogar in unterschiedlichen Altersklassen. Das bezieht sich nicht nur auf Schüler. Und dann haben wir natürlich Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Menschen mit Behinderungen, Eltern, die mit dem Kinderwagen unterwegs sind, wo es auch um Barrierefreiheit geht. Das muss natürlich im Ganzen gedacht und auch in Einklang gebracht werden. Und das ist es letztlich, was wir unter Mobilitätskonzept verstehen.
Roman Theuerjahr: Hier geht es um den Punkt der Mobilitätsteilhabe, und der ist natürlich gerade für die Gesellschaft ein ganz wichtiger. Wir schauen, dass wir alle Segmente der Gesellschaft abholen können. Besonders Frauen werden in unserer gegenwärtigen Situation merklich von der Mobilität ausgeschlossen. Diesen Teil von Mobilität dann auch mitzustärken ist ganz wesentlich.
Wir erinnern uns doch noch, dass vor 10, 15, vielleicht 20 Jahren Kinder noch draußen auf der Straße Fußball gespielt haben. Das hat funktioniert, weil Verkehr noch ganz anders funktioniert hat. Wir müssen den Kindern in ihrer Entwicklung die Möglichkeit geben, den freien öffentlichen Raum entsprechend auch in Besitz zu nehmen, womit wir der Gesellschaft für die Zukunft die Chance geben, dass unsere nächsten Generationen anders damit umgehen – ohne die Beschränkung auf den eigenen Garten, auf die Spielplätze.
Das heißt, den öffentlichen Raum auch öffentlich zu halten?
Jörg Rüddenklau: Genau, das Stichwort Aufenthaltsqualität ist da, glaube ich, ein ganz wesentliches. Und ergänzend will ich noch sagen, dass wir die Flächen natürlich auch neu denken müssen im Hinblick auf die Klimaveränderungen. Wir haben inzwischen Starkregenereignisse, bei denen das Wasser nicht über das Kanalnetz, egal wie das dimensioniert ist, abfließen kann, sondern das müssen wir vor Ort abführen, da, wo es niederschlägt. Wir haben das Thema Hitzeschutz, dem wir uns widmen müssen. Das muss alles beim öffentlichen Raum, dem Mobilitätsraum, mitgedacht werden.
Roman Theuerjahr: Das Gesamtpaket zeigt ja jetzt auch, welche Vorteile dieser Wandel mit sich bringt. Das Mobilitäts-Konzept für Groß-Gerau sollte nicht als Einschränkung begriffen werden, sondern hier gibt es Möglichkeiten für eine nachhaltige und gesellschaftsprosperierende zukünftige Wirkung. Die Nachteile des Verkehrs, die wir gegenwärtig noch mit einer Selbstverständlichkeit hinnehmen, etwa die Schadstoffbelastung und andere Einschränkungen, die wir haben, werden damit angegangen. Letztendlich generieren wir daraus eine Möglichkeit zur Verbesserung, um eine lebenswerte Stadt für die Zukunft zu schaffen. Das soll dieses Mobilitätskonzept als eigentlichen Kern mit sich bringen, dass Groß-Gerau lebenswert bleibt und für die Zukunft gestärkt wird. Anders kann man diese Aufgabe vermutlich auch nicht angehen, weil es ja gerade hier im Ortskern Verhältnisse gibt, die für die Zukunft in irgendeiner Form geändert werden sollten.
Jörg Rüddenklau: Richtig, hier im Ortskern ist die Fläche besonders gestresst. Aber man kann auch sagen: in den Ortsteilen generell, wenn es etwa um Parkmöglichkeiten in Wohngegenden geht, wo einfach nicht genügend Parkplätze zur Verfügung stehen, weder auf den Grundstücken noch im öffentlichen Raum. Daraus entstehen Situationen, die eigentlich nicht toleriert werden können.
Das ist überhaupt nicht gegen den Pkw gerichtet. Ich muss ganz klar sagen: Der Pkw hat seine Berechtigung. Man braucht Pkws in gewissen Situationen, aber es muss natürlich auch bei den Bürgerinnen und Bürgern ein bisschen ein Umdenken erfolgen, zum Beispiel, wie man anstatt mit dem Pkw im nahen Umfeld zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein kann und dadurch einen Beitrag leistet. Auch der Pkw hat nach wie vor seine Berechtigung, aber nicht in diesem Ausmaß und nicht mit diesem Alleinstellungsmerkmal, das er gegenwärtig hat.
Roman Theuerjahr: Das wichtige dabei ist ja, dass wir denjenigen, die heutzutage sehr stark auf den Pkw angewiesen sind – ob sie sich es leisten können oder nicht, das ist ja auch noch mal eine soziale Frage – Alternativen präsentieren, dass wir Alternativen aufzeigen und diese auch attraktiv machen, denn Alternativen werden durch die Bürger nur genutzt, wenn es einen Mehrwert für sie mit sich bringt. Das kennt man in Städten wie Kopenhagen oder Helsinki ja schon lange. Aber das wird nur funktionieren, wenn die Alternativen wirklich Alternativen sind, und die sollen natürlich letztendlich als Ergebnis aus diesem Konzept entstehen, so dass wir das dann umsetzen können.
Da Sie die Umsetzung schon ansprechen: Wie sieht der genaue Fahrplan aus, wann kann mit Ergebnissen gerechnet werden?
Roman Theuerjahr: Ein solcher SUMP, ein Sustainable Urban Mobility Plan [Red.: Nachhaltiges Mobilitätskonzept für den urbanen Raum] wird in vier große Phasen aufgeteilt. In der ersten wird ein Plan erstellt, und die verfügbaren Ressourcen werden intern und bei den zuständigen Büros eruiert. Es geht um die Fragen, wie man das generieren, wie man damit umgehen und wie man da eine Basis schaffen kann. Daran arbeiten wir derzeit. In der zweiten Phase generieren wir ein Leitbild und ein Leitziel, gemeinsam mit den Büros und den Bürgern und Bürgerinnen. Das ist uns besonders wichtig, denn alle vier Phasen sind durchwoben von Partizipationsarchitekturen. Das heißt, dass alle Bürger und Bürgerinnen, aber auch Vereinigungen, mit eingebunden werden, damit wir die Akzeptanz in der Bevölkerung so groß wie möglich gestalten, um dann im Anschluss die Umsetzung der Maßnahmen auch gewährleisten zu können. Die dritte Phase ist dann das Erstellen des nachhaltigen Urbanitätsplans selbst, nachdem Ziele und Leitplanken formuliert wurden. Da wird dann der konkrete Plan ausgearbeitet, um am Schluss in der vierten Phase zur Umsetzung der Maßnahmen zu kommen.
Die Evaluierung des Prozesses, also ein Monitoring, gehört natürlich auch dazu, denn so ein Konzept wird letztendlich kontinuierlich angepasst werden müssen, da keiner von uns in die Glaskugel schauen und sagen kann, wie es in fünf oder zehn Jahren genau aussieht. Deshalb muss immer die Möglichkeit bestehen, das Konzept an neue Bedingungen, die wir heute noch nicht absehen können, anzupassen. Aber ich höre schon raus, dass natürlich auch nach einem klaren zeitlichen Rahmen gefragt wird.
Ich weiß natürlich, dass sie noch keine Termine nennen können, wann was passiert, dafür ist der Prozess zu groß. Aber wie sieht der grobe Fahrplan aus?
Roman Theuerjahr: Das ist ein sehr, sehr großer Prozess, und wir stellen uns diesen komplexen, großen Prozessen hier im Stadthaus. Deswegen können wir sagen, ähnlich wie wir das auch schon bei der Bürgerinformationsveranstaltung zur Vorstellung des Projekts Mobilitätskonzept gemacht haben, dass wir einen groben Fahrplan für die nächsten zwei Jahre aufgelegt haben.
2025 gibt es Einzelmaßnahmen, die wir parallel als Reallabore laufen lassen, aus denen wir Informationen generieren, um diese dann in das Mobilitätskonzept einfließen zu lassen. Darüber hinaus werden wir 2025 für das Mobilitätskonzept nutzen, um ordentlich auszuschreiben und keinen Zeitdruck zu haben, die richtigen Büros und Partner an unsere Seite zu bekommen. Denn das ist das A und O, um ab dem 1.1.2026 direkt beauftragen zu können. Wir hoffen, dass das in zwölf Monaten machbar ist. Das sollte mit guter Vorbereitung funktionieren, so dass wir Ende 2026 ein Ergebnis haben.
Durch ein fertiges Konzept auf dem Papier?
Roman Theuerjahr: Ja! Doch das Konzept auf dem Papier ist dann zwar vielleicht das, was man greifen kann, aber der kontinuierliche Beteiligungsprozess, den wir schon 2025 starten werden, ist gleichwertig mit dem Papier, was am Schluss entsteht. Dass wir die Bürgerinnen und Bürger dafür sensibilisieren, dass sie an diesen Prozessen teilhaben, dass sie sich einbringen und gemeinsam mit uns diesen Prozess begleiten, denn nur gemeinsam werden wir die großen Aufgaben bewältigen. Die Bereitschaft der Bevölkerung, sich zu beteiligen in der breiten Masse, das sollte Ende 2026 ebenfalls ein Ergebnis sein, denn in der Umsetzung werden wir darauf aufbauen müssen.
Wie soll diese Bürgerbeteiligung konkret aussehen? Was haben sie geplant, wie die Menschen daran partizipieren können?
Jörg Rüddenklau: Wir haben uns ein neues Format überlegt. Es gibt ja aktuell eine Bürgerversammlung, die wird von der politischen Seite her organisiert, wobei es sich in der Regel um Frontalveranstaltungen handelt. Da wird etwas erzählt, dann können Fragen gestellt werden, und die werden schließlich beantwortet.
Wir wollen das Format etwas anders machen. Wir wollen Runde Tische, wo man gemeinsam an Ideen arbeitet und versucht, die Ideen, die die Bürgerinnen und Bürger mit einbringen, direkt in das Konzept mit einzubeziehen. Deswegen soll das über die gesamte Phase gehen. Darüber hinaus haben wir diese Reallabore, sprich Eingriffe in die aktuelle Situation, wo wir sehen, was passiert, wenn wir gewisse Eingriffe vornehmen, etwa durch Wegnahme von Parkraum und Hinzufügen von Gastroflächen, Sitzflächen und Fahrradständer.
Wir führen aber auch noch weitere vorbereitende Tätigkeiten durch. In diesem Jahr hat eine Umfrage durch die Uni Frankfurt stattgefunden zum Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger in Groß-Gerau, und wir machen auch Verkehrsmessungen, und die Ergebnisse dieser Erhebungen fließen dann mit in das Mobilitätskonzept ein. Wenn wir dieses Mobilitätskonzept im Jahr 2026 dann haben, ist es wichtig, dass wir auch die Bürgerbeteiligung gut hinbekommen haben, denn wir brauchen Akzeptanz. Haben wir die Akzeptanz nicht, wird es Proteste geben, vielleicht die Ankündigung von Gerichtsprozessen, und das sollte nicht passieren. Dieses Konzept ist wie ein Puzzle, und wenn man nicht alle Teile zusammen hat, wird es kein Konzept sein, sondern es wird wieder genau das dabei herauskommen, was wir aktuell haben, nämlich ein in sich nicht schlüssiges Ding und Stückwerk! Und das wollen wir ja gerade besser machen.
Aktuell erleben wir eine sehr brisante finanzielle Situation in den Kommunen, nicht nur in Groß-Gerau. Und wenn wir jetzt so viel Geld in solch ein Konzept investieren, dann muss auch etwas daraus werden, das Hand und Fuß hat. Das ist mein Anspruch.
Roman Theuerjahr: Das Wichtige in Sachen Bürgerbeteiligung ist noch, dass wir auch ganz spezifisch verschiedene Gruppen ansprechen werden, weil wir in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht haben, dass wir einige Teile der Bevölkerung nicht erreichen, wenn wir alle gleichermaßen ansprechen. Das sind besonders Kinder und Jugendliche, die selbstverständlich anders angesprochen werden müssen als etwa Senioren. Deshalb achten wir darauf, dass wir in unterschiedlichen Milieus sensibel versuchen, einen möglichst repräsentativen Teil der Groß-Gerauer Bürgerinnen und Bürger mit einzubinden. Sonst haben wir nur einen kleinen Ausschnitt derer, die sich so oder so beteiligen, und das ist nicht die Basis, auf der eine Gesellschaft aufbaut. Das soll mit der Beteiligung ermöglicht werden.
Jörg Rüddenklau: Das muss man ganz klar sagen: Wir investieren da sehr viel Energie und Ressourcen, um eben genau das in diesem neuen Format anzubieten, um in unserer Bevölkerung breite Akzeptanz zu schaffen für etwas, das dem Allgemeinwohl dient und nicht Einzelnen. Die Abwägung ist immer, dass wir es für die Menschen, die hier wohnen, insgesamt tun. Einzelinteressen können nicht berücksichtigt werden. Es sollte allen klar sein, dass es darum geht, dass man seine eigenen Interessen etwas zurücknimmt, damit die Allgemeinheit davon profitieren kann. Insofern ist dann jeder, weil er Bestandteil der Allgemeinheit ist, an anderer Stelle auch wieder Profiteur davon.
Wie muss man sich am Ende die Umsetzung eines solchen Mobilitätskonzepts vorstellen? Es wird wohl kaum überall gleichzeitig gebaut werden können.
Jörg Rüddenklau: Also es wird nicht so sein, dass 2026 ein Plan besteht, und Anfang 2027 rollen auf breiter Fläche Bagger an, sondern man wird zunächst einmal auch auf politischer Ebene abstimmen müssen, was gewünscht ist und was auch umgesetzt wird. Das ist Bestandteil des Konzeptes, dass die politische Akzeptanz da ist und dass auch die gewählten Vertreter der Bürgerinnen und Bürger sagen: Ja, so ist es, so wollen wir es! Erst dann können wir starten.
Dann müssen wir in kleinen Schritten beginnen, das umzusetzen, weil wir auch die finanziellen Ressourcen gar nicht haben, um anders vorzugehen. Wir wollen aber dennoch voranschreiten und nicht stillstehen – im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten. Und natürlich sollen so wenig wie möglich Situationen erzeugt werden, in denen Baumaßnahmen dafür sorgen, dass das ganze Stadtleben stillsteht. Die Eingriffe müssen so erfolgen, dass das gesellschaftliche Leben parallel dazu weitgehend normal stattfinden kann. Aber das ist sowieso limitiert durch die Finanzen, insofern denke ich, dass das alles in kleinen Schritten gemacht werden muss, und ich gehe auch nicht davon aus, dass wir ganz Groß-Gerau umbauen müssen. Es geht eher darum, Konzepte zu haben, die man sukzessive umsetzt, etwa beim Thema Barrierefreiheit. Wenn wir beispielsweise davon reden, dass Bordsteine abgesenkt werden, wird das ja nicht flächendeckend in der ganzen Stadt gleichzeitig geschehen, sondern das wird sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Man sagt, bis dahin wollen wir das gern fertiggestellt haben, und in diesem Zuge priorisieren. Ich denke, dass es so laufen wird.
In Zeiten klammer kommunaler Kassen ist auch die Frage nach der Finanzierung von entscheidender Bedeutung. Wie könnte die bei der Realisierung eines Mobilitätskonzepts für Groß-Gerau aussehen?
Jörg Rüddenklau: Ich hatte das Ganze ja schon mit einem Puzzle verglichen, und das ist hier wieder passend: Einzelne Puzzleteile ergeben ein Gesamtbild. Man kann durchaus auch kleine Dinge machen mit dem Ziel, dass irgendwann mal alles erreicht wird, was man gerne möchte. Wir sind ja immer gebunden an Haushalte. Das heißt, wir müssen Ende 2026 sagen, was wir 2027 machen wollen, und das wird im Haushalt verankert. Da werden sicherlich keine großen Umbauten dabei sein, sondern vielleicht nur andere Beschilderungen, Markierungen, eine geänderte Straßenführung. Das kann man relativ kostengünstig abbilden. Da geht es vor allem auch um die personellen Ressourcen.
Maßnahmen, die viel Geld kosten, können nur Zug um Zug gemacht werden, so wie eben das notwendige Geld auch verfügbar ist. Wichtig ist dabei außerdem, dass wir schauen, wo es denn unter Umständen die Möglichkeit gibt, Fördergelder auszuschöpfen. Wobei man natürlich sagen muss: Fördergelder bedeuten immer, dass der Fördergeldgeber einen Anteil trägt, und den anderen Anteil muss die Kommune tragen. Mir ist wichtig, dass wir nicht stillstehen, sondern dass wir trotzdem in die Zukunft sehen, denn es geht ja weiter, und irgendwann wird wieder Geld da sein, und dann kann es nicht sein, dass über die Zeit alles in sich zusammengefallen ist.
Darüber hinaus haben wir Fachkräftemangel. Das heißt, es geht nicht nur ums Geld, sondern es geht auch darum, dass die Leute, die das alles umsetzen müssen, hier im Stadthaus aktuell nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Das ist eine unschöne Situation, und wir versuchen, dafür Lösungen zu finden.
Roman Theuerjahr: Zu den Finanzen kann ich noch ergänzen: Wir haben gerade die Bundesförderung des nachhaltigen Mobilitätskonzepts beantragt, womit wir mit 65% gefördert würden.
Wie glauben Sie, die durchaus unterschiedlichen Vorstellungen zur Mobilität in einer Kleinstadt für Bürger, Wirtschaft und Pendler sowie Fußgänger, Radfahrer und den automobilen Individualverkehr in Einklang bringen zu können?
Jörg Rüddenklau: Dazu braucht es Mut und auch breite Unterstützung und eine einheitliche Meinungsfindung in der Verwaltung, aber auch in der Politik, der wir ja unsere Ideen vorstellen und die dann entscheidet. Nur, wenn wir auch diesen Mut haben und diesen Weg gehen, können wir das Gemeininteresse vor das Einzelinteresse stellen, und dafür werden wir kämpfen, dass das funktioniert.
Was haben Sie denn für ein für ein Gefühl nach den ersten Informationsveranstaltungen?
Jörg Rüddenklau: Natürlich gibt es Menschen, die tatsächlich den Eindruck haben, man wolle den PKW vertreiben. Das ist nicht das Ansinnen, aber der PKW dominiert gerade sehr und macht prozentual einen bedeutenden Anteil aus, und diesen Anteil kann er zukünftig nicht mehr für sich Anspruch nehmen. Das ist die einzige logische Schlussfolgerung, die daraus resultiert. Und die Leute, die sagen, sie möchten alles mit dem PKW erledigen und nicht bereit sind, über Alternativen nachzudenken, die können wir wahrscheinlich nicht überzeugen. Man hat aber auch sehr viele Stimmen gehört, die gesagt haben: Endlich denkt man mal vorausschauend und versucht, etwas auf die Beine zu stellen, von dem man vielleicht auch in einigen Jahren noch sagt, dass da ein Grundstein gelegt wurde, der noch immer gut funktioniert. Das geht weit über meine Amtszeit hinaus, und deswegen müssen wir unabhängig von meiner Position als Bürgermeister denken. Was ist für Groß-Gerau im Jahr 2030 wichtig, und was können wir heute dafür tun? Das fanden viele Menschen sehr gut.