Nauheimer Streichorchester

Von Rainer Beutel.

Es war einmal … Nein, es ist kein Märchen, wenn sich die Nachricht verbreitet, dass es in der Musikgemeinde Nauheim wieder ein Streichorchester geben soll. So wie anno dazumal, als sich etliche renommierte Musiker unter dem Dach des Musikvereins vereinten. Jetzt wagt das ehemalige Orchestermitglied Frauke Preisler (47) aus Königstädten einen Neuanfang, in dem sie bewährte und neue Kräfte als Dirigentin zusammenführen möchte. WIR-Redakteur Rainer Beutel hat sich von ihr die Pläne erläutern lassen.

Frau Preisler, in der Musikgemeinde soll es wieder ein Streichorchester geben. Und Sie werden es dirigieren. Wie groß ist die Vorfreude?

Frauke Preisler: Ich freue mich sehr, dass es endlich wieder los geht. Vor etwas mehr als 30 Jahren war ich in meiner ersten Probe des Streichorchesters des Nauheimer Musikvereins. Ich habe in dem Orchester dann über viele Jahre Geige, Bratsche und Kontrabass gespielt. Gelegentlich habe ich auch schon Proben leiten und dirigieren dürfen. Als es dann nicht mehr weiterging, war ich sehr traurig, da es kein Amateurorchester außerhalb eines schulischen Rahmens in der Nähe (Nauheim/Rüsselsheim) gibt. Ich fühle mich geehrt, dass der Neustart unter meiner musikalischen Leitung gewünscht wurde, und ich freue mich sehr auf diese Aufgabe.

Was macht Ihnen eigentlich mehr Freude: Musizieren oder ein Orchester leiten? Und warum ist das so?

Frauke Preisler: Das ist eine wirklich schwierige Frage. Die Musikschule Rüsselsheim hat immer dafür gesorgt, dass man als Instrumentalist schon sehr früh in einem Ensemble spielen kann. Ich glaube, seit fast 40 Jahren war ich immer Teil eines Orchesters. Zunächst mit der Geige, dann mit der Bratsche, später Kontrabass und seit meinem Studium immer wieder dirigierend. In jeder Position hat man seine Aufgaben und Verantwortungsbereiche, jeder einzelne ist wichtig. Aber zum Ziel kommt man nur gemeinsam. Ich glaube, mir macht das gemeinsame Musizieren am meisten Freude. Egal ob vor oder im Orchester.

Wann und wo haben Sie das Dirigieren gelernt und welche Orchester haben Sie bereits geführt?

Frauke Preisler: Offiziell habe ich das Dirigieren im Studium gelernt. Als Schulmusiker gehört das natürlich dazu. Ich habe aber schon vorher Kinderchöre geleitet und habe früh unter tollen Schulmusiker-Dirigenten wie Albrecht Schmidt oder Matthias Warzecha im Orchester spielen dürfen. Bei denen habe ich mir auch ein bisschen was abgeguckt. Im Studium merkte ich sehr schnell, dass Ensembleleitung „mein Ding“ ist. Ich leite die DSL-Strings, das Streichorchester der Dreieichschule Langen, das aus etwa 20 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen fünf bis 13 besteht, und das Projektorchester „Rockestra“, das sich im Rahmen der „Internationalen Musikcamps Oberwesel“ jeden Sommer trifft.

Haben Sie musikalische Vorbilder?

Frauke Preisler: Also, ich eifere niemandem nach. Aber, wenn ich gute Musikerinnen oder Musiker höre, versuche ich etwas mitzunehmen – ganz egal aus welchem Genre.

Welche Tendenzen gibt es in der Jugendmusikausbildung? Wollen die meisten Gitarre lernen, Schlagzeugerin oder Keyboarder werden oder können Sie in der Musikerziehung junge Menschen auch für Streich- und generell Orchesterinstrumente begeistern? Und wenn ja, wie gelingt das am ehesten?

Frauke Preisler: Na sicher kann man die Kids für Orchesterinstrumente begeistern. An vielen weiterführenden Schulen gibt es heute Bläser-/Streicher- oder Orchesterklassen. Das ist aus der Schulmusik gar nicht mehr wegzudenken. Einige Grundschulen bieten auch schon Streicherklassen an. Ich leite zum Beispiel neben Bläserklassen an meiner Stammschule, dem Dreieichgymnasium Langen, auch Streicherklassen an einer Grundschule in Langen. Dort haben wir in Jahrgangsstufe drei und vier immer 20 Kinder, die gemeinsam Streichinstrumente lernen. Ein tolles Projekt. Diese Musikklassen bieten einen günstigen Einstieg, und das Beste daran ist, dass die Kids von Anfang an gemeinsam Musik machen und nicht erst mal ein paar Jahre alleine üben müssen, bis sie mit anderen musizieren können. Wenn es dann einen guten Übergang in den Einzel- oder Kleingruppenunterricht an z.B. einer Musikschule gibt, die dann musikalisch wie auch pädagogisch kompetente Lehrer hat, bleiben die jungen Musiker auch dabei.

Wie wird das musikalische Repertoire aussehen, das Sie mit dem Streichorchester Nauheim einstudieren? Überwiegend klassisch oder auch modern, etwa mit populären Filmmelodien?

Frauke Preisler: Es wird eine bunte Mischung. Ich liebe Filmmusik, Pop/Rock ebenso wie klassische Musik. Das macht für mich keinen Unterschied. Es muss mich einfach „packen“. Wenn es dann noch technisch gut spielbar ist und es schöne Arrangements gibt, kann es auf den Notenpulten landen.

Helfen Sie bitte mal allen Laien: Was macht es mit einem jungen Menschen, wenn er nicht nur allein für sich probt, sondern in einem Orchesterverbund und dann auch noch vor Publikum auftreten wird?

Frauke Preisler: Es stärkt und schult einen Menschen auf viele Weise: Verantwortung, Disziplin, Selbstwertgefühl, Teamfähigkeit, Konzentration, Verbundenheit/Zugehörigkeit, Sicherheit, Vertrauen, Resilienz und Ästhetik sind nur einige Bereiche, die hier betroffen sind. Aber das Wichtigste: Es macht Spaß!

Zur Person: Frauke Preisler genoß schon 1981 musikalische Früherziehung, 1982 erster Geigenunterricht, weitere musikalische Ausbildung in vielen Bereichen, ab 1997 Lehramtsstudium Musik/Englisch an der Uni Mainz, 2001 Stipendium am musikpädagogischen Kodaly-Institut Kecskemet/Ungarn, 2002 erstes Staatsexamen und Beginn des Referendariats an der Prälat-Diehl-Schule Groß-Gerau, 2004 zweites Staatsexamen und Wechsel an die Dreieichschule Langen.

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