Von Mensch und Hund

Von Rainer Beutel.

Wie das Miteinander von Mensch und Hund besser funktioniert, können Zwei- und Vierbeiner in einer Hundeschule lernen. Beispielsweise beim Hundesportverein Groß-Gerau (HSV), wo sich der Groß-Gerauer Thomas Goos engagiert. Rainer Beutel von der WIR-Redaktion hakt nach: Was bietet der Klub und wie funktioniert die Ausbildung?

Herr Goos, in der Kreisstadt sind laut Stadthaus rund 1500 Hunde gemeldet. Die hören wahrscheinlich nicht alle aufs Wort. Was kann eine Hundeschule bewirken?

Thomas Goos: In den Übungsstunden wird versucht, die Hundeführer einerseits auf die Situation vorzubereiten, dass ein nicht angeleinter Hund ungefragt zum eigenen Hund stürmt und man selbst in der Lage ist, die Situation gut einzuschätzen und gegebenenfalls den fremden Hund wegzuschicken. Andererseits werden die Hundeführer sensibilisiert, Rücksicht auf andere Mensch-Hund-Teams zu nehmen und den Gehorsam des eigenen Hundes besser einzuschätzen bzw. ihn gegebenenfalls nicht ohne Leine herumlaufen zu lassen.

Im HSV gibt es auch Hundesport. Was darf man sich darunter vorstellen?

Thomas Goos: Erst einmal ganz grundsätzlich eine Möglichkeit, den Hund artgerecht zu beschäftigen und auszubilden. Der Begriff „Hundesport“ vereint dabei ganz unterschiedliche Sparten: Turnierhundesport, Obedience, Gebrauchshundesport – mit seinen Bereichen Unterordnung, Schutzdienst und Fährtenarbeit- , Spürhundesport, Agility, Hoopers, Longieren und einige mehr. Jede Sparte kann dann noch einmal in ihre Spezialdisziplinen und verschiedenen Prüfungsstufen unterschieden werden. Die allen Sparten zugrundeliegende Voraussetzung ist die Begleithundeprüfung. 

Was wird denn da geprüft?

Thomas Goos: Sie besteht aus einer Sachkundeprüfung, Unterordnung auf dem Platz und einem Verkehrsteil. Mit dem Bestehen kann einem Mensch-Hund-Team bescheinigt werden, dass der vorgeführte Hund in einem sogenannten Grundgehorsam steht. Also dass er sich offen und freudig in der Arbeit mit seinem Menschen zeigt, frei von aggressiven Verhalten ist und sich gegenüber seiner Umwelt – Menschen, Hunde, Fahrräder und andere Verkehrsteilnehmer – als nicht problematisch zeigt. Diese Prüfung und das benötigte Training wird in jedem guten Hundesportverein angeboten. Auch unser Verein bietet diese Vorbereitung sowie die Möglichkeit einer Prüfung an. Alle oben erwähnten Sparten können dann als Vertiefung oder Spezialisierung im Bereich der hundesportlichen Ausbildung betrachtet werden. Für all diese Sportarten benötigt ein Hund den erwähnten Grundgehorsam, die gute Bindung zum Menschen sowie das positive Verhalten gegenüber seiner Umwelt. 

Was leistet ein Hundeverein noch?

Thomas Goos: Oftmals werden Hunde vorgestellt, die aufgrund mangelnder oder negativer Erfahrungen ein problematisches Verhalten zeigen. Auch solche Hunde finden bei uns einen Platz, sofern wir in der Lage sind, diese Probleme zu lösen. Dass wir sie nicht immer lösen können, liegt nicht an der Kompetenz der Übungsleiter, sondern vielmehr an der zeitlichen Kapazität, die ihnen zur Verfügung steht. Manche Mensch-Hund-Teams brauchen eine Eins-zu-Eins-Betreuung zu Hause und im Alltag, um tiefgreifende Problematiken in den Griff zu bekommen und dem Hund ein angenehmes Leben zu ermöglichen. Der Hundesport kann Hunden Erfolgserlebnisse verschaffen, das Selbstvertrauen stärken, dem Hund die Chance geben, das Lernen zu lernen, die Mensch-Hund-Beziehung nachhaltig stärken und den eigenen Hund besser kennen- und lesen zu lernen, was im Alltag nicht nur hilfreich, sondern notwendig ist.

Deutsche mögen Vereine, heißt es. Aber es geht offenkundig nicht um Vereinsmeierei, sondern um den Hund. Meinen Sie das in einem weiteren Sinn oder ist es einfach nur toll, mit Gleichgesinnten ein Hobby zu teilen?

Thomas Goos: Vereinsmeierei ist hier echt nicht angesagt. Natürlich ist es wie in jedem Verein, dass alle Mitglieder zu Arbeitseinsätzen aufgefordert werden. Der Hundeplatz muss gepflegt sein. Im Vereinsheim gibt es auch immer wieder mal kleinere Reparaturen. Dann stellt der HSV seinen Platz und Vereinsheim mehrmals im Jahr für die Rassehundeausstellung zur Verfügung. Es ist klar, dass die Vereinsmitglieder dann ihre Aufgaben bekommen. Ja, in erster Linie ist es ein Hobby, das mit Gleichgesinnten geteilt wird. Wie in jedem Verein.

Wie darf man sich so ein Training vorstellen?

Thomas Goos: An festgelegten Tagen treffen sich die Hundeführer mit Ihren Hunden auf dem Platz. An Tagen, an denen beispielsweise Gruppentraining stattfindet, kann es wie folgt ablaufen: Wir machen zunächst leichte Spiel- und Lockerungsrunden. Jeder für sich. Dann werden die Gruppen nach Leistung und Hunden (wer passt zu welchem Hund) aufgeteilt. Der Platz ist groß genug, dass zwei Gruppen gleichzeitig trainieren. Die Trainer geben Ihre Anweisung und Aufgaben. Jeder Hund versucht nun, mit Konzentration und unter Ablenkung durch die anderen Hunde die Aufgaben umzusetzen. Tipps und Korrekturen kommen vom Trainer, der jeden Hund und Hundeführer beobachtet. Die Übungsstunden sind allerdings unterschiedlich aufgebaut, je nach Sparte und Trainingsziel. Gruppenstunden können zum einen das Ziel haben, Sozialverhalten der Hunde zu trainieren und Kompetenzen zu stärken. Andererseits kann es einen rein technischen Schwerpunkt verfolgen, bei dem Übungen zum Grundgehorsam vertieft werden. Beim Longieren arbeitet immer nur ein Hund am Kreis, wohingegen bei anderen Sparten alle Hunde auf dem Übungsplatz sind.

Werden die Hunde belohnt?

Thomas Goos: Ja. Was alle Übungsstunden gemeinsam haben: der Hund wird immer mittels positiver Verstärkung zum Ziel geführt; die Zeiten von massiven Druck sind glücklicherweise vorbei. Man möchte einen freudig arbeitenden Hund sehen, der Spaß hat aber auch Leistungsbereitschaft an den Tag legt – eine interessante Mischung, die nur durch einen gut führenden Menschen hervorgerufen werden kann. Somit werden im Training weniger die Hunde geschult, sondern vielmehr die Menschen. Hundesport meint nämlich auch, dass der Mensch bereit ist, zu lernen und sich auf die Bedürfnisse und Stärken seines eigenen Vierbeiners einzulassen und diese gezielt zu fördern. 

Was also ist das Ziel ? 

Thomas Goos: Dass jeder Hundehalter Vertrauen zu seinem Hund findet, im Alltag bei seinen Gassirunden mit seinem Hund klarkommt und ganz entspannt spazieren geht. Bei Hundebegegnungen ohne Stress an dem „Fremden“ vorbei gehen und die Zeichen seines Hundes verstehen. Nach wie vor steht immer der gemeinsame Spaß im Vordergrund. Durch die gemeinsame Hundeschule bzw. das Training gibt es eine ganze Menge Erfolgserlebnisse und die Sicherheit, dass der Hund „steuerbar“ ist. Vertrauen, Bindung zum Hund ist das Ziel. Die Begleithundeprüfung ist dann nur eine Frage von Training und Vorbereitung. Das Ziel ist es, Menschen und Hunde zueinander zu bringen. Gegenseitiges Verständnis sowie die Erweiterung des Fachwissen über unsere Vierbeiner ist eine Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Miteinander.

Schildern Sie doch bitte aus eigener Erfahrung den einen oder anderen Trick, wie einem Hund etwas beigebracht wird und wie sich das auswirkt.

Thomas Goos: Ich nehme mal das Beispiel Leinenführigkeit. Mein Hund Rocky hat es ganz einfach gelernt. Wir gehen gerade aus. Möchte Rocky nach rechts ziehen, führe ich Ihn nach links. Geht er zu weit nach vorne und zieht an der Leine, bleibe ich stehen und wir gehen ein Stück zurück. Das klappte sehr gut. Läuft Rocky dann neben mir, gibt es ein tolles Leckerli bzw. Käse oder Fleischwurst.

Thomas Goos
ist Mitglied des HSV und trainiert seit 2020 einen Australian Shepherd;
info-studiogoos@t-online.de

Der Hundesportverein Groß-Gerau bietet an fünf Tagen in der Woche mit sechs Trainern hundesportliche Übungsstunden an. Dazu gehören das Longieren, Obedience (eine harmonische, schnelle und exakte Ausführung von Übungen), Rallye-Obedience, Unterordnung im Bereich des Gebrauchshundesports, Gruppenarbeit in verschiedenen Schwierigkeitsstufen, Welpentraining sowie die Ausbildung für die Begleithundeprüfung. Der Bereich des Gerätesports, Agility bzw. Turnierhundesport, pausiert zurzeit. hundesport-gg.de

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